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Olympische Spiele in Tokio
Belarussische Sprinterin sollte zur Abreise gezwungen werden

Eigentlich hätte Kristina Timanowskaja am Montag in Tokio über die 200 Meter sprinten sollen – stattdessen weiß sie nicht, ob sie sicher in ihr Heimatland Belarus zurückkehren kann. Denn nachdem sie belarussische Sportfunktionäre kritisiert hatte, sollte sie offenbar gewaltsam nach Hause gebracht werden.

Von Maximilian Rieger und Robert Kempe |
190809 Krystsina Tsimanouskaya of Belarus after competing in women s 200 meter during the European Athletics Team Championships on August 9, 2019 in Sandnes. Photo: Vegard Wivestad Grott / BILDBYRAN / kod VG / 170370 bbeng 2019 european athletics team championships first league 1st league etch lag-em friidrett friidrott athletics dam hviterussland *** 190809 Krystsina Tsimanouskaya of Belarus after competing in women s 200 meter during the European Athletics Team Championships on August 9, 2019 in Sandnes Photo Vegard Wivestad Grott BILDBYRAN kod VG 170370 bbeng 2019 european athletics team championships first league 1st league etch lag em friidrett friidrott athletics dam hviterussland, PUBLICATIONxNOTxINxDENxNORxSWExFINxAUT Copyright: VEGARDxWIVESTADxGRoTT BB190809BB458
Die belarussische Sprinterin Kristina Timanowskaja sollte wohl gegen ihren Willen von Tokio nach Belarus geflogen werden. (IMAGO / Bildbyran)
Am Freitag hatte Timanowskaja auf Instagram die Inkompetenz von belarussischen Sportfunktionären beklagt. Wegen ihnen seien einige Sprinterinnen nicht häufig genug auf Doping getestet worden und dürften deswegen nicht in Tokio starten.
Diese Kritik war offenbar der Grund dafür, warum belarussische Funktionäre sie am Sonntag zum Flughafen gebracht haben. Gegen den Willen der Sprinterin, die daraufhin zur Polizei geht und in einem Telegram-Video auf ihre Situation aufmerksam macht. "Ich bitte das IOC um Hilfe. Ich bin unter Druck gesetzt worden und sie versuchen mich gewaltsam, mich ohne meine Einwilligung aus dem Land zu bringen. Ich bitte das IOC darum, zu intervenieren."
Das Flugzeug, dass Timanowskaja nach Belarus bringen sollte, fliegt dann ohne sie. Das IOC teilt später auf Twitter mit, dass die Sprinterin erklärt habe, sie sei nun sicher. Laut der oppositionellen Belarussischen Sport-Solidaritäts-Stiftung steht Timanowskaja unter Polizeischutz. Die Sprinterin wolle jetzt um Asyl in Europa bitten. Tschechien hat bereits Hilfe angeboten.
Sie habe Angst, dass sie in Belarus ins Gefängnis gesteckt werde, sagte Timanowskaja dem Online-Medium Tribuna.

Sportlerinnen und Sportler im Gefängnis

Eine berechtigte Sorge, so Sportjournalist Robert Kempe, der seit Monaten zur Oppositionsbewegung im belarussischen Sport recherchiert. Mehr als 1500 Personen aus dem Sport haben zum Beispiel einen offenen Brief unterzeichnet, in dem Neuwahlen gefordert werden. "Viele Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Erklärung bekamen die Rache des Systems Lukaschenko zu spüren", erklärte Kempe im Dlf. Einigen wurde mit Kündigung gedroht, anderen mit Gefängnis.
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Andere Sportlerinnen und Sportler, die sich der Oppositionsbewegung angeschlossen haben, befinden sich bereits jetzt im Gefängnis. Und nach Timanowskajas Kritik hätten staatliche Medien gegen sie Stimmung gemacht, so Kempe.
Das Belarussische Olympische Komitee stellt die Ereignisse hingegen gänzlich anders da. Timanowskaja könne wegen ihres emotionalen und psychologischen Zustands nicht an den Wettbewerben teilnehmen. Dies hätte eine ärztliche Untersuchung ergeben. Eine Lüge, sagt Timanowskaja. Man habe ihr einfach gesagt, sie solle ihre Sachen packen und fliegen.