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Olympische Spiele in Tokio
Umstrittener Partnerschaftsdeal mit Energieversorger Tepco

Die Olympischen Spiele von Tokio haben kurz vor Beginn noch einen neuen Partner bekommen: Tepco ist ein Stromkonzern - und Betreiber des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima. Das Unternehmen steht deshalb in Japan in Verruf. Wie passen Tepco und Olympia zusammen?

Von Felix Lill |
Menschen protestieren im März 2021 vor dem TEPCO Headquarter in Tokio
Menschen protestieren im März 2021 vor dem TEPCO Headquarter in Tokio. Sie machen den Kernkraftbetreiber für die nukleare Katastrophe in Fukushima verantwortlich. (dpa/picture alliance/AP Photo/Hiro Komae)
Den Olympischen Spielen von Tokio mangelt es eigentlich nicht mehr an Sponsoren. Mehr als 60 japanische Unternehmen haben einen Vertrag mit dem Organisationskomitee unterschrieben, um mit dem Namen "Tokyo 2020" werben zu dürfen. Auf diese Weise haben die Veranstalter gut drei Milliarden US-Dollar eingenommen – mehr als jede andere Gastgeberstadt zuvor.
Am Montag, also nur eine gute Woche vor Beginn der Spiele, kam aber noch ein "Unterstützer" hinzu. "Tokyo denryoku" heißt er, kurz "Touden", im Ausland besser bekannt unter dem Kürzel "Tepco" Dass der Tokioter Stromkonzern und Kraftwerksbetreiber nun zu den Partnern der Spiele gehört, erklärten die Organisatoren in einer unspektakulär lautenden Email:
Liebe Mitglieder der Medien,
"Tokyo 2020" heißt heute die Tokyo Electric Power Company Holdings als offiziellen Mitwirkenden willkommen. Dieses Programm unterscheidet sich vom offiziellen "Tokyo 2020"-Sponsorenprogramm, da es nicht-gewinnorientierte Organisationen, die die Tokioter Spiele unterstützen, anerkennen soll.
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Havariertes Kernkraftwerk wurde von Tepco betrieben

Überraschend ist dies aus zwei Gründen. Erstens wird dieser neue Partner im Anhang der Email als "Japans größte Energieunternehmensgruppe" bezeichnet, mit gut 37.000 Mitarbeitern. Es handelt sich eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Nicht-gewinnorientiert ist Tepco also kaum.
Zweitens überrascht die Notiz zum neuen Olympiapartner, weil es sich eben um Tepco handelt. Es dürfte kein japanisches Unternehmen geben, das mehr in Verruf steht. Weltweit bekannt wurde der Konzern im Zuge der Atomkatastrophe in Fukushima vor zehn Jahren, durch die Zehntausende Menschen evakuiert werden mussten. Das havarierte Kernkraftwerk Fukushima Daiichi wurde von Tepco betrieben.
Zur Katastrophe kam es nicht zuletzt deshalb, weil das politisch gut vernetzte Tepco die Behörden gedrängt hatte, bei den Regulierungen nicht so streng zu sein. In der Katastrophe wurde kaum transparent kommuniziert, immer wieder verharmlost oder gar nichts gesagt.
Insofern passe das zu den Veranstaltern der Olympische Spiele, sagt bitter lachend Yasuo Goto, Ökonomieprofessor an der Universität Fukushima: "Die Regierung und die Organisatoren kommunizieren ihre Entscheidungen so gut wie gar nicht. Es wird keine Debatte geführt. Seit Shinzo Abe vor neun Jahren Premierminister wurde, hat es sich sehr deutlich zum Schlechten verändert. Seine Entscheidungen, trotz des Unglücks hier in Fukushima an der Atomkraft festzuhalten, hat er nie erklärt. Und seine Entscheidung, trotz der Pandemie an Olympia festzuhalten, auch nicht. Sein Nachfolger Yoshihide Suga, der vorher Abes Sekretär war, macht das genauso. Sie regieren, als gäbe es gar kein Volk, dem sie Rechenschaft schuldig sind."

Menschen hätten sich mehr Erklärungen gewünscht

So hätten sich gerade die Menschen in Fukushima mehr Erklärungen erhofft, sagt Goto. Schließlich werden die Olympischen Spiele auch die "Wiederaufbauspiele" genannt – in Bezug auf die vor zehn Jahren beschädigten Gebiete.
"Hier in Fukushima waren die Spiele nie wirklich beliebt. Man will echten Wiederaufbau, und dafür braucht man erstmal keinen Sport, sondern Bauprojekte. Als der ehemalige Premier Abe 2013 vor dem IOC sprach, um das Austragungsrecht zu für 2020 gewinnen, behauptete er, die Lage in Fukushima sei 'unter Kontrolle'. Hier sind aber immer noch Menschen evakuiert und Orte unbewohnbar. Hier in Fukushima überwiegt das Gefühl, dass man vergessen worden ist."
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Welche Rolle spielt Tepco bei den Spielen?

Der neue Partnerschaftsdeal mit Tepco könnten nun um Wiedergutmachung bemüht sein – oder aber wie Hohn gegenüber den Opfern der Katastrophe wirken. Auf die Frage, was genau Tepcos Rolle bei den Olympischen Spielen ist, und was überhaupt die Rolle des "Mitwirkenden" beinhaltet, antwortet das Organisationskomitee in einer Email:
Tepcos hauptsächlicher Beitrag ist, dass an Spielstätten und Pressezentren Personal anwesend ist, um für eine stabile Stromzufuhr zu sorgen und unmittelbar zu reagieren, falls es einen Notfall gibt.
Nach der Verschiebung der Olympischen Spiele nach 2021 haben wir mit dem IOC diskutiert, dass wir Tepco offiziell als Mitwirkenden anerkennen. Diesen Status hat es vorher noch nie gegeben.

Kaum Medienecho

Es ist also ein Programm, das kurz vor Olympiabeginn auf Tepco zugeschnitten worden ist – wobei die Organisatoren nicht klarstellen, dass Tepco die Arbeitskräfte und den Strom gratis bereitstellt. Auch unklar bleibt, ob sich Tepco im Sinne der "Wiederaufbauspiele" auf besondere Weise in Fukushima engagiert. Die Organisatoren wollen dazu nichts sagen, man möge bitte Tepco direkt kontaktieren. Der Konzern aber hat eine entsprechende Anfrage nicht beantwortet.
Was nicht daran liegen dürfte, dass seitdem so viele Medien nachfragen. In Japan wurde die plötzliche Anwesenheit von Tepco im Olympiakontext praktisch nicht diskutiert. Dabei kann der Konzern nun sein Logo im olympischen Licht strahlen lassen und damit womöglich seinen Wert steigern. Dies wiederum gefällt auch der Regierung, die nach der Katastrophe beim praktisch insolventen Tepco einsteigen musste. Ein Journalist eines großen japanischen Fernsehsenders, der anonym bleiben möchte, sagt dazu nur: "Dass Tepco jetzt zu den Sponsoren gehört, wusste ich gar nicht, deshalb kann ich dazu eigentlich nichts sagen. Wir haben darüber nicht berichtet."
Das wiederum verwundert eigentlich auch gar nicht. Die größten Medienhäuser gehören ebenfalls zu den Sponsoren der Spiele. Und die kritischen Themen, die in der Bevölkerung zu noch mehr Skepsis gegenüber diesen Spielen führen könnten, wurden über die letzten Jahre meistens nur sehr vorsichtig angefasst. So ist es offenbar auch im Fall von Tepco.