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Olympische Technik
Hobeln und pebbeln für gleitende Granitsteine

Sport. - Curling gehört zu den beschaulicheren Sportarten der Olympischen Winterspiele. Damit die 20 Kilo schweren Steine wie gewünscht über das Eis gleiten, muss dessen Oberfläche jedoch speziell präpariert werden.

Von Volker Mrasek |
    Das deutsche Curling Team bei ihrem Spiel gegen Norwegen.
    Fegen und Wischen gehört beim Curling zum Sport. (dpa/picture alliance/Christian Charisius)
    Klingt wie eine Dampflokomotive. Oder wie eine Scheuerbürste. Ist aber etwas, was jetzt bei den Winterspielen in Sotschi gebraucht wird.
    "Puuh!"
    Ein Eisbesen Das Gerät zählt zur Grundausstattung des Curlings, der wohl beschaulichsten Sportart bei Olympia. Ihre Vertreter lassen 20 Kilogramm schwere Granitsteine über das Eis gleiten. Die Besen schrubben dabei die Laufspur blank. Das Curling-Eis muss speziell präpariert werden. Eine Wissenschaft für sich ist das, beherrscht nur von wenigen, die sich "Eismeister" nennen dürfen. Joachim Fritz ist einer von ihnen ...
    "Beim Curling muss die Oberfläche absolut plan sein. Damit gewährleistet ist, daß der Stein einfach sauber läuft."
    Fritz beherrscht sein Metier so gut, daß auch er demnächst in Sotschi dabei ist. Bei den Paralympics im Anschluss an die jetzigen Spiele. Dort wird der Deutsche dann das Glatteis fürs Curling präparieren. Diesen Job erledigt der gelernte Bautechniker normalerweise in seinem Heimatverein in der Nähe von Baden-Baden. Der erste Arbeitsschritt. Fritz wirft den elektrischen Hobel an. Eine klobige Maschine mit Gummibereifung und einem scharfen Messer, fast so breit wie ein Eishockeytor. Damit schreitet Fritz minutenlang die Curling-Bahn auf und ab. Um die Eisfläche möglichst glatt zu hobeln.
    "Das Messer haben wir heruntergekühlt jetzt circa zehn Minuten. Wenn ich mit dem Metall, mit warmem Metall, aufs Eis komme, würde mir die Klinge direkt ins Eis reinschneiden."
    Arbeitsschritt Nummer zwei. Der Eismeister schnallt sich einen Wassertank auf den Rücken und greift zu einem langen Kupferrohr. Darauf steckt eine Art Brausekopf, mit Dutzenden, winzig kleinen Löchern. Auch damit zieht Fritz die über 40 Meter lange Bahn hinunter, rückwärts diesmal, und besprüht sie mit feinen Wassertropfen. Sie gefrieren, sobald sie das Eis berühren. Und werden zu Pebbeln.
    "Sie können sich das vorstellen wie einen kleinen Hügel. Der Pebbel ist notwendig, damit der Stein über das Eis gleitet. Wenn ich keinen Pebbel aufbringen würde, dann würde der Stein mehr oder weniger über die ganze Breite der Bahn curlen."
    Curlen heißt drehen. Die Spieler geben ihren Steinen einen gewissen Drall mit auf den Weg. Je größer die Eis-Oberfläche, über sie sie gleiten, desto stärker verdriften die Granitklötze. Deshalb die Pebbel! Die Noppen reduzieren die Kontakt- und Reibungsfläche. So daß die angeschnittenen Spielsteine nicht so stark ausbüchsen.
    "Die Oberfläche ist rau. Die Bahn muss aber trotzdem plan sein. Diese Prozedur, die werde ich circa vier-, fünfmal wiederholen. Immer wieder pebbeln, hobeln. Und dann einen immer feineren Pebbel verwenden, um auch die letzten Unebenheiten auszuarbeiten."
    Kurz vor dem Wettkampf wird dann auch noch geclippt. Ein letztes Mal huscht Joachim Fritz mit der Hobelmaschine übers Eis und kappt die Spitzen der Mikrometer kleinen Pebbel…
    "... damit man praktisch vom ersten Stein ab schon ganz normale Bedingungen hat. Wie wenn schon 'zig Steine drübergelaufen wären."
    Bei so viel Pistenpflege ist klar: Der Eismeister legt am Ende größere Wegstrecken zurück als Curlingspieler und Granitsteine