Am 15.10.2017 entscheiden nun die Tiroler in einer Volksbefragung über die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele in Innsbruck und Tirol 2016. Das Land Tirol, die Stadt Innsbruck und das Österreichische Olympische Komitee wollen dem IOC eine Schrumpfkur vorschlagen – weg von kostenfressenden Mega-Events wie in Sotschi 2014, zurück zu den olympischen Ursprüngen. Der Bevölkerung sichern sie Spiele mit Augenmaß zu – keine Stadion-Neubauten, kein Einsatz von Steuergeld, keine Preisexplosion.
Andrea Haselwanter-Schneider von der Tiroler Oppositionspartei Liste Fritz hält das für ein leeres Versprechen: "Genau das Märchen von den kleinen Spielen hat man schon in München, Garmisch, Graubünden und St. Moritz erzählt. Das ist insofern ein Märchen als es noch nie jemand durchgeführt hat. Tirol soll jetzt das Versuchskaninchen des IOC für diese kleinen feinen Spiele sein."
Unversöhnliche Positionen
Die Landesregierung und das ÖOC berufen sich auf ihre Machbarkeitsstudie: Das Konzept nutzt die neuen Vorgaben der Agenda 2020 des IOC und verteilt die Wettkämpfe nicht nur über das Bundesland Tirol, sondern bis nach Deutschland – die Eislaufwettbewerbe sollen im bayrischen Innzell stattfinden. Das Durchführungsbudet soll insgesamt relativ schmale 1,175 Milliarden Euro betragen. Zum Vergleich: Pyeongchang 2018 veranschlagt rund das Doppelte, dazu kommen etliche Milliarden für Neubauten. Die soll es in Innsbruck nicht geben. Die Olympia-Gegner beklagen allerdings, dass in der Kalkulation wichtige Kostenpunkte wie die Sicherheit heraus- und kleingerechnet würden. Die beiden Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber – eine gemeinsame Diskussion im ORF mündete in einen Tumult.
So emotional die Gegner und Befürworter debattieren, so wenig scheint Olympia ein Thema in der Bevölkerung. Für die Infoveranstaltungen bot das ÖOC Hochkaräter wie den Ski-Olympiasieger Benni Raich auf, die oft nur einer Handvoll Interessierter die Vorzüge von Olympia darlegten. Gebi Mair von den Tiroler Grünen hat sich aus der Auseinandersetzung weitgehend herausgehalten: Seine Partei koaliert zwar im Land mit der ÖVP, die klar für die Spiele eintritt, die Grünen haben sich aber für "konstruktive Skepsis" entschieden und keine Empfehlung abgegeben. Mair macht eine gewisse Gleichgültigkeit in der Stadt aus:
"Ich glaube es gibt keine Olympia-Stimmung, der Befürworter-Kampagne ist es nicht gelungen, Emotionen zu wecken, auf der anderen Seite: Es gibt einige sehr überzeugte und überzeugende Gegner, aber die breite Masse lässt die Kampagne kalt, sowohl dafür als dagegen."
Fragestellung manipulativ?
Eine Beobachtung, die auf den ersten Blick verwundert – schließlich lebt Innsbruck von seinem Image als Olympia-Stadt, die Spiele 1964 und 1976 machten Innsbruck und das Umland zum Wintersport-Mekka. Seitdem boomt der Tiroler Fremdenverkehr, jeder dritte Euro in Tirol wird im Tourismus verdient.
"Tirol ist ein erfolgreiches Tourismusland, und ich glaub das Gefühl ist da, dass Tirol nicht so ein Entwicklungsprojekt braucht, lassen sie uns das Saturiertheit nennen im Tourismus, Olympia ist nicht der Rettungsanker für Touristiker."
Für eine rege Beteiligung an der Volksbefragung ist gesorgt – die Abstimmung findet gleichzeitig mit den Parlamentswahlen in Österreich statt. Eine Umfrage einer Lokalzeitung von Anfang Oktober sieht das Ja-Lager vorn, 52 Prozent der Befragen sprachen sich für Olympia aus, 36 Prozent dagegen, 12 Prozent sind unentschlossen. Allerdings sieht es so aus, als wenn am Sonntag noch nicht das letzte Wort gesprochen wird. Die Olympia-Gegner wie Oppositionspolitikerin Andrea Haselwanter-Schneider halten die Frage auf dem Wahlzettel für rechtswidrig. Sie lautet: Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Spiele vorlegen?
"Wir haben die Fragestellung vom Verfassungsexperten Dr. Heinz Mayer beurteilen lassen und der kommt zum Schluss, dass die Frage eindeutig manipulativ und damit rechts- und verfassungswidrig ist."
Eine Bürgerinitiative hat die erforderlichen 200 Unterschriften für einen Gang vor das Verfassungsgericht bereits gesammelt. Selbst bei einem "Ja" am Sonntag ist es also noch ein langer Weg für die Bewerbung von Tirol und Innsbruck 2026.