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Olympische Winterspiele 2022
China und Japan zwischen Kooperation und Konkurrenz

China und Japan sind ökonomisch eng verbunden, beide duellieren sich aber um Einfluss im Pazifik. Die Sommerspiele in Tokio und die Winterspiele in Peking sind für beide Länder daher auch ein Instrument der Außenpolitik. Und beide Länder sind dabei widerwillig auf die Hilfe des anderen angewiesen.

Von Felix Lill |
Im März vergangenen Jahres kam aus Peking ein großes Angebot. CGTN, der unter Kontrolle der kommunistischen Partei stehende Auslandssender Chinas, berichtete darüber so:
"Das Internationale Olympische Komitee hat verkündet, dass China angeboten hat, Impfstoffe für Athleten der diesjährigen Olympischen Spiele von Tokio bereitzustellen sowie für die Winterspiele von Peking im nächsten Jahr. IOC-Präsident Thomas Bach sagt, das Chinesische Olympische Komitee ist bereit, die zusätzlichen Dosen durch Zusammenarbeit mit internationalen Partnern bereitzustellen."

Keine Freude über chinesisches Impfangebot

Es kam zu einem kritischen Zeitpunkt; gut vier Monate vor dem geplanten Start der bereits um ein Jahr verschobenen Sommerspiele von Tokio. In Japan wuchs die Angst, dass Olympia zu einem Superspreadingevent werden könnte. Und im benachbarten China bot man flugs Hilfe an.

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Aber große Freude verursachte dies in Japan nicht. Die Regierung in Tokio wollte keinen Impfstoff verwenden, der nicht schon in den meisten Ländern sowie Japan zugelassen war. Auch bei weiteren Hilfsangeboten reagierte man eher schmallippig, erinnert sich Shin Kawashima, Professor an der Universität Tokio und Experte für Außenpolitik in Ostasien.
"Wegen der Olympischen Spiele mussten Japan und China eine freundschaftliche Beziehung betonen. Peking wollte mit den Tokioter Spielen zusammenarbeiten, auch weil die darauffolgenden Spiele in Peking stattfinden", so Kawashima.

Dadurch konnte auch Japan mit dieser Atmosphäre der Hilfsbereitschaft nicht brechen. Die beiden Länder hatten mehrere Gründe, sich um gute Beziehungen zu bemühen. Aber die Olympischen Spiele waren auf jeden Fall einer davon.

Kompliziertes Verhältnis erschwert Zusammenarbeit

China und Japan, die zweit- und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, sind ökonomisch eng verbandelt – ihr Verhältnis zueinander ist trotzdem schwierig. Kriegsverbrechen Japans gegenüber China im Zweiten Weltkrieg spielen eine Rolle. Außerdem haben die Länder Territorialkonflikte und sehen sich als Rivalen um Einfluss im pazifischen Raum.
Was sich auch im Sport bemerkbar macht: Die lauthals international kommunizierten Hilfsangebote aus China verstand man in Japan auch als Andeutung, Tokio könne der Lage allein nicht Herr werden.
Hinzu kommt der Gedanke der Soft Power: Je mehr Positives die Welt über eine Nation hört, desto beliebter und dadurch einflussreicher wird der Staat dahinter. So hat sich China, das international kaum Freunde hat, auch dringend Zuspruch aus Japan gewünscht für die nun anstehenden Winterspiele in Peking. "Die chinesische Perspektive will die Darstellung bekräftigen, dass Covid-19 eben nicht aus China stamme", sagt Kawashima.

Und indem China nun so offensichtlich freundschaftlich zu Japan gewesen ist, wurde es für die japanische Regierung schwieriger, offiziell etwas Gegenteiliges zu sagen. Auch zur ganzen Veranstaltung der Spiele von Peking kann sich Japan nicht so hart äußern wie jetzt die USA oder Großbritannien.

Japans Vorsicht im Streit um einen Boykott

Anfang Dezember verkündeten die USA, wegen diverser Menschenrechtsverletzungen durch die chinesische Regierung keine Staatsvertreter zu den Pekinger Spielen zu schicken. Sofort schlossen sich mehrere andere Industriestaaten an. Kurz vor Weihnachten beschloss auch Japan, dass keine hochrangigen Politiker nach Peking reisen; einen „diplomatischen Boykott“ wollte man das aber nicht nennen.
Auf die ersten Ankündigungen der USA hatte China zunächst widersprüchlich reagiert. Zhao Lijian, außenpolitischer Sprecher der chinesischen Regierung, sagte:

Die Athleten sollten es sein, die im Mittelpunkt stehen, und nicht Politiker, die von Boykott reden. Wer zum Boykott aufruft, tut dies für seine eigenen politischen Interessen und für Selbstdarstellung. In Wahrheit interessiert es niemanden, ob diese Leute nun kommen oder nicht. Und es hat überhaupt keine Auswirkungen auf die Fähigkeit von Peking, die Olympischen Spiele erfolgreich durchzuführen.

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Kooperation könnte während der Pandemie nützlich sein

Dass es den Offiziellen in Peking egal ist, ob ausländische Regierungsvertreter mit ihnen den Sport feiern, stimmt aber auch nicht. Wer einen „diplomatischen Boykott“ beschließt, werde die Konsequenzen spüren, hieß es.
Und Mitte Dezember sprach die Global Times, eine Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas, folgende Mahnung an Japan aus: "Japan sollte Zutrauen bewahren, nachdem China den Spielen von Tokio seine volle Unterstützung gewahrt hat und zudem 2022 das 50-jährige Jubiläum der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Japan markiert."
Kooperation bei der Durchführung Olympischer Spiele ergibt gerade in diesen Zeiten Sinn. Tokio könnte Erfahrungen mit Spielen in der Pandemie weitergeben. Das regelmäßige Testen, die Isolationsbestimmungen und die Regeln des Zusammenspiels zwischen Olympiaakkreditierten und der lokalen Bevölkerung.

Schweigen von den Organisationskomitees

Dabei müssen die Lehren dem Kontext angepasst werden: Japan ist eine liberale Demokratie und muss laut Verfassung Grundreche wahren; Chinas Ein-Parteien-System braucht auf so etwas weniger zu achten. Zudem sind heute deutlich mehr Menschen geimpft als noch im letzten Sommer. Und die Inzidenzen in China sind nach offiziellen Zahlen niedrig.
Der vorige und der nächste Olympiagastgeber hätten also viel miteinander zu besprechen. Aber tun sie das auch, jenseits medial ausgetragener Phrasen zu „Unterstützung“?
Shin Kawashima glaubt: "Wahrscheinlich nicht. Das sind Lippenbekenntnisse. Japan könnte einige Fragen des Managements erklären. Aber für China ist es die Chance zu zeigen, dass man es mit dem eigenen System besser kann."
Auf einen Fragenkatalog per Email, inwieweit der Austausch im Zuge der Olympiaorganisation gefruchtet hat, und wie sich auf dieser Basis die bilateralen Beziehungen entwickeln, haben sowohl das Tokioter Organisationskomitee vom letzten Sommer als auch jenes aus Peking für diesen Winter nicht geantwortet.