"Wir sind nicht involviert in die Politik. Es ist nicht unsere Aufgabe, diese zu gestalten", sagte Gian Franco Kasper. Das IOC-Ehrenmitglied blickte auf die Sommerspiele in Peking 2008 zurück und sagte: "Die Spiele damals haben viel geöffnet in China. Es hat einen gewissen Wandel gegeben. Das wir nicht alles erreichen können, versteht sich aber auch von selbst."
"Ist China eine Diktatur? Das sei dahingestellt"
Dass ab 2024 keine Spiele mehr in Länder vergeben werden sollen, die Menschenrechte verletzen oder sich nicht gegen Korruption einsetzen, sieht der Schweizer Sportfunktionär skeptisch. "Zu hundert Prozent wird das kaum möglich sein, das IOC hat keine Kontrollmöglichkeiten."
Wenn es keine Korruption geben dürfe, "bleiben nicht mehr viele Länder auf dieser Welt vorhanden". Als Beispiele fielen ihm dann nur noch Vatikanstadt und Liechtenstein ein.
Die Ausrichtung sei in autoritären Staaten einfacher. "Wenn wir eine Diktatur haben, ist die Sache viel leichter", sagte Kasper. Der Wintersport gehe aber bislang ohnehin kaum in solche Staaten, mit Blick auf die Winterspiele 2022 in Peking sagte er: "Man kann diskutieren: Ist China eine Diktatur oder nicht? Das bleibe dahingestellt", sagte er.
Russland nicht kollektiv bestrafen
Auf die Forderung der WADA-Prüfkommission, Russland von allen sportlichen Großveranstaltungen für vier Jahre auszuschließen, reagierte Kasper zurückhaltend. "Schuldige müssen mit aller Härte bestraft werden, da stehen wir voll und ganz dahinter", sagte er. "Ein russischer Athlet sollte nicht per Sippenhaft ausgeschlossen werden, nur weil er einen russischen Pass hat."
Unschuldige Sportlerinnen und Sportler dürften nicht bestraft werden, was er auch vor den Winterspielen 2018 sagte. Viel mehr wundere er sich, warum die Forderungen nicht für die Fußball-EM gelten sollten.