Die Frauen in schwarzen Abbayas, die Männer in langem, weißem Gewand: Omans junge Generation hat sich in Schale geworfen. Im Konferenzzentrum am Rande von Maskat präsentieren Studenten und Schüler aus allen Teilen des Landes ihre Geschäftsideen. Aya und ihre Freundin kommen aus einem Dorf im Landesinneren, etwa zwei Autostunden von der Hauptstadt entfernt:
"Wir haben ein Gewächshaus entwickelt, das man mit dem Handy steuern kann. Es ist nicht ganz fertig, wir arbeiten noch daran. Aber es gibt zum Beispiel Sensoren, die die Temperatur überprüfen."
Viele junge Omaner, wenig Arbeitsplätze
Wenn alles gelingt, könnte die Idee Wirklichkeit werden – und aus dem Projekt eine privat geführte Firma. Neue Arbeitsplätze kann das Land gut gebrauchen, denn die Zahl der jungen Omaner, die einen Job suchen, steigt ständig. Das beobachtet auch Haji Al Balushi. Er leitet heute das National College of Automotive Technology, kann sich aber noch gut an die Zeit erinnern, als er sich um seine erste Stelle bewarb. Das war zu Beginn der Achtziger Jahre:
"Als ich mit der Ausbildung fertig war, haben mir die zehn besten Arbeitgeber in Oman eine Stelle angeboten. Die zehn besten! [...] Ich hatte die Qual der Wahl. Heute ist das Verhältnis völlig anders. Es gibt eine Stelle, und 1000 Bewerber wetteifern um den Job."
Der sinkende Ölpreis belastet die Staatskasse
Unter der Herrschaft von Sultan Qaboos ist die Bevölkerung in Oman stark gewachsen. Viele Omaner, die im Ausland gelebt hatten, kehrten nach seiner Machtübernahme in ihre Heimat zurück. Anfangs war der Bedarf an Arbeitskräften groß, doch die meisten Stellen wurden schnell besetzt. Um möglichst viele Menschen mit Arbeit zu versorgen, wurde die öffentliche Verwaltung Jahrzehnte lang immer weiter ausgebaut – mit Hilfe der Einnahmen aus der Erdölförderung. Spätestens seit dem Verfall des Ölpreises geht diese Rechnung aber nicht mehr auf: In den vergangenen Jahren ist das Loch im Staatshaushalt immer größer geworden. Haji Al Balushi geht deshalb davon aus, dass Qaboos‘ Nachfolger, Sultan Haitham, den Staatsapparat genau unter die Lupe nehmen wird:
"Diese neue Ära wird eine ganze Reihe Veränderungen bringen, vor allem auf Regierungsebene. Wir haben viele Ministerien, und ihre Aufgaben überschneiden sich zum Teil. Sultan Haitham wird die Arbeit der Ministerien untersuchen und prüfen, ob sie ihre Ziele erreicht haben. Und dann wird man einige Ministerien zusammenlegen, und manche werden ganz abgeschafft, weil sie nicht notwendig sind."
Haji Al Balushi rechnet damit, dass der neue Sultan auch den Bereich Bildung und Ausbildung nachbessert. Trotz hoher Arbeitslosigkeit vor allem unter Jugendlichen werden viele Stellen im Sultanat nicht mit Omanern besetzt, sondern mit Arbeitern aus dem Ausland:
"In den arabischen Ländern wollen die meisten Eltern für ihre Kinder einen Uni-Abschluss. Aber der Markt sagt: Die werden gar nicht gebraucht. Wir brauchen Leute mit handwerklichen Fähigkeiten. Manche Eltern verbieten ihrem Kind aber, als Kellnerin oder als Koch in einem Hotel zu arbeiten. Oder als Klempner oder Monteur. Sie sehen ihre Kinder lieber im Militär oder in der Verwaltung. Ich glaube, das ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die Regierung, um das Bildungssystem zu reformieren und den jungen Leuten klar zu machen: Hier gibt es gute Jobchancen."
Auf dem kleinen Souk von Mattrah preisen Händler ihre Waren an: Weihrauch aus dem Süden des Landes, traditionelle Tücher aus Salalah, Schmuck aus Ostafrika. Das Angebot richtet sich vor allem an Besucher aus dem Ausland:
"Ich wollte eigentlich gar nichts kaufen, aber jetzt habe ich für ungefähr 300 Euro eingekauft: Omanische Gewänder, also Dischdascha und Keffieh, für meine Neffen. Und ich habe Weihrauch gekauft, denn dafür ist Oman berühmt."
Sagt Aziz aus Saudi-Arabien. Ein paar Schritte weiter lässt sich Mokhtar aus dem Iran ein paar Andenken zeigen:
"Oman tut sehr gut, weil es hier so entspannt ist. Die Leute sind total freundlich, gerade auch zu uns Persern, und jeder Omaner hilft dir. Wenn du Hilfe brauchst, helfen sie dir."
Oman ist die Schweiz am Golf
Oman gehört zu den wenigen Ländern im Nahen Osten, in denen Menschen aus Saudi-Arabien und Iran nebeneinander einkaufen gehen oder im Restaurant sitzen können. Aus dem Streit der beiden Regionalmächte um die Vorherrschaft am Golf hat sich Sultan Qaboos konsequent herausgehalten. Er bewahrte sein Land Jahrzehnte lang vor militärischen Konflikten und machte sich einen Namen als Vermittler. Eine außenpolitische Errungenschaft, die sich auch innenpolitisch bezahlt machte: Das Jahrzehnte lang abgeschottete Sultanat öffnete er in alle Richtungen – auch mit Blick auf die Bildung der eigenen Bevölkerung. So konnte sich das Land rasant entwickeln.
Viele junge Omaner wollen ihr Land weiter voranbringen – im Sinne des verstorbenen Sultan Qaboos. Deshalb geht sein Tod auch den Schülern und Studenten nahe – wie der 21-jährigen Sundus:
"Es ist wirklich schlimm, wir sind alle so traurig – mir kommen schon wieder die Tränen. Er war ein Vater für uns alle. Er hat uns geführt und das Land aufgebaut. Und Sultan Haitham? Er war immer in seiner Nähe. Wir werden uns an das halten, was Sultan Qaboos uns beigebracht hat, und wir werden das Land weiter aufbauen. Wir müssen der nachfolgenden Generation das weitergeben, was er uns gegeben hat."