Seine Karriere als Dirigent begann mit Assistenzen bei Daniel Barenboim, an der Berliner Staatsoper und an der Mailänder Scala. Derzeit ist Omer Meir Wellber Erster Gastdirigent der Semperoper Dresden und Chefdirigent des BBC Philharmonic Orchestra - und nicht nur das: Inzwischen schreibt Wellber auch Romane. "Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner" ist sein erstes Werk. Es geht um die Zerrissenheit von Menschen zwischen der verlorenen Heimat und dem neuen Israel, das für viele Emigranten dann doch nicht zur wirklichen Heimat wurde. Wellber hat die Geschichte von Chaim Birkner aufgeschrieben - mit 108 Jahren der älteste Mann Israels und ein notorischer Lügner. 1944 kam er nach Israel und lügt sich seitdem durchs Leben. Seine Hauptfigur spiegele auch eine Zeitreise wider, erklärt Wellber: "Er ist heute und morgen und gestern und vielleicht auch niemals." Durch das Schreiben habe er auch viel über sich selbst gelernt, sagt der Dirigent. "Ich denke, dass heute die dritte, vierte Generation nach dem Krieg, dass unsere Identität sehr flüssig ist. Der Einfluss des Krieges ist sehr stark, aber ganz anders als man denkt." Sein Charakter Chaim habe jedoch trotz aller Erlebnisse den Humor nicht verloren. "Man lacht auch sehr viel – das war auch für mich sehr wichtig. Chaim nimmt alles relativ leicht." Humor sei eine wichtige Komponente.
Den Dialog suchen
Wellber sprach im Musikjournal auch über sein Leben als israelisch-jüdischer Musiker in Dresden, wo Rechtspopulisten besonders lautstark auftreten. "Es ist natürlich nicht so einfach, wir müssen jeden Montag diesen problematischen Moment leben. Wir hören natürlich auch in der Oper sehr laut, was auf der Straße passiert." Trotzdem verbinde er mit Dresden auch sehr viel Positives, sagte er. Wichtig sei auch, immer den Dialog zu suchen.
Omer Meir Wellber: Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner, Berlin Verlag, 208 Seiten, 22 Euro