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Die Ehrenhalle im Haus der Kunst gleicht jetzt einer Lagerhalle, einem Fotostudio, einem Designatelier und hat einen gewissen Werkstattcharakter bekommen. Konstantin Grcic selber hat die Ausstellung über sich entworfen, was zunächst etwas befremdet. Denn fehlt da nicht die kritische Distanz? Besteht nicht die Gefahr der Selbstbeweihräucherung?

Von Walter Kittel |
    Es wirkt eigenartig unprätentiös, was sich der Münchner Designer hat einfallen lassen. Konstantin Grcic, so viel sei vorausgeschickt, ist seit einigen Jahren eng mit dem Haus der Kunst verbunden. Er ist hier kein Fremder mehr, sondern den Besuchern, auch wenn sie darauf bislang vielleicht nicht geachtet haben, längst schon bekannt. Nicht nur die im Eingangsbereich des Hauses stehende Sitzgruppe stammt von dem jungen Designer. Auch die Caféteria ist von ihm ausgestattet worden. Zeitweise war dieser "goldene Bar" genannte Raum von einem Ensemble ineinander verschachtelter Biergartentische verstellt. Kreisrund und so, dass, wer die Mitte des Raumes betreten wollte, über eine Brücke gehen musste. Ist das ein Witz? Dachten sich manche. Konstantin Grcic ist keiner, der sich um jeden Preis praktischen Erwägungen oder einem breiten Publikumsgeschmack anpassen will. Manchmal ist er schwierig. Manchmal blockiert er und baut bewusst Widerstände auf, obgleich man einem Designer doch zutraut, stets glatte und einfache Wege zu finden. In der jetzt von ihm entworfenen Ausstellung fällt auf, dass er das Zeug zu etwas ganz Großem hat, nämlich zunächst einmal Distanz zu wahren, kühl zu bleiben und den Dialog zu wagen. Das Licht kommt aus vierzig Studioscheinwerfern. Es kommt aus verschiedenen Richtungen und man ist als Besucher etwas irritiert und geblendet. In weißen Eisenregalen werden erste Objekte sichtbar. Rote Abfalleimer aus Plastik, bunte Schüsseln, Stuhlgerippe, auf kleinen Podesten daneben stehen Möbel: ein schiefes Holzregal neben einem meisterhaft schlicht durchkomponierten Tisch. Die bewusst herbeigeführte Asymmetrie trifft auf den Klassiker aus Eichenholz. Fast schon komisch, fast schon genial.

    Konstantin Grcic versteht es, bleibende Eindrücke herbeizuinszenieren. Wo das einzelne Objekt verloren und vielleicht auch schnell vergessen im Raum unterginge, macht das Ensemble, der Bezug der Gegenstände aufeinander Sinn, hellt und klärt auf. Dass Design heute vor allem auch eine Frage der Inszenierung ist, hat Konstantin Grcic begriffen. Denn im Grunde ist es, materiell gesehen, nicht viel Wert, was in dieser Ausstellung zu sehen ist. 50 Euro für eine Lampe mit kegelförmigem Plastikschirm und einem Bügel zum Aufhängen am Ende. Auch die Eierbecher, Tassen und Gläser sind wohl erschwinglich. Manches wirkt zudem bekannt und abgegriffen. Und wer möchte sich schon ernsthaft in die kleinen Designraffinessen von Küchenmaschinen vertiefen? Wer es im Kaufhaus nicht tut, der wird es wohl auch hier, im Haus der Kunst, nicht tun. Interessanter ist da der Vergleich zwischen den verschiedenen Entwurfsstadien über den Prototyp zum fertigen Produkt. Es entstehen zunächst fragile Objekte aus Pappe oder in Zeichnungen wird die Vibration von Ideen spürbar. "Manchmal", sagte Konstantin Grcic, leistet es sich die Industrie heute, auch das "nicht Perfekte" gelten zu lassen im Endprodukt. Manchmal bleiben noch Spuren der Handwerkskunst sichtbar.

    Denn was nicht selten so banal erscheint, weil fast alles durchdesigned ist im Alltag, vom Türgriff bis zur Klobürste, hat häufig eine interessante Vorgeschichte. Sie zeigt etwa, dass Designer wie Grcic sich auch deshalb bewusst nicht als Künstler verstehen, weil ihre Arbeit ständig Kompromisse fordert. Und man glaubt das Kompromisshafte zu sehen und finden in manchen Objekten von Grcic. Prototypen oder Einzelstücke wirken deshalb durchweg interessanter als die Massenware. Für ein Ensemble aus Kupfermöbeln etwa, dessen Oberfläche sich beim Gebrauch, schon nach jeder Berührung, mit der Zeit vielleicht auch unschön verändern wird, finden sich wohl nicht viele Käufer. Aber ins Haus der Kunst passen solche Waren. Nicht nur weil hier Grcic durch individuell gefertigte Installationen und Objekte gewissermaßen schon längst zum Innenarchitekt gekürt wurde. Auch weil sich hier das Publikum Artikel, die sonst in Geschäften zu finden sind, wohl kaum mit Begeisterung ansehen würde. Wer einen Eindruck bekommen will, wie Grcic mit einfachsten Mitteln arbeitet, sollte auch in die "goldene Bar" gehen, wo der Designer seine 50 Euro teuren Lampen zu einem beeindruckenden Kronleuchter zusammengesteckt hat.