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Online-Serie
Zwei Polizisten und ein Deich

Es braucht nicht viel für einen Kultfaktor. Manchmal braucht es nur zwei etwas dämliche - aber nicht unsympathische - Polizisten, einen Deich und ein Dorf an der Unterelbe. "Deichbullen" heißt die Internet-Videoserie, die in einem eigenen Kanal läuft. Zwei Folgen, jede Woche. Und begeisterte Dorfbewohner, die auch noch hilfsbereit sind.

Von Rainer Link |
    Ein Schaf schaut über den Deich bei Büsum im Juni 2015
    "Deichbullen" ist eine trashige Online-Serie mit zwei etwas dämlichen Polizisten. Und einem Deich. (picture-alliance / dpa / Axel Heimken)
    "Schleswig Holstein – Perle der Natur. Kollmar. Funkelndes Kleinod an der Elbe. Paradies für Mensch und Tier. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Bis zu dem Tag, an dem zwei Hamburger Polizisten über den Deich kamen."
    Kollmar , Dorf hinterm Deich – das sind 1.600 Eingeborene; aus polizeilicher Sicht 1.600 Tatverdächtige. Aber die Menschen hier hinterm Deich können auch zugewandt und hilfsbereit sein, sagt Deichbullen Produzent und Regisseur Michael Soeth:
    "Am ersten Tag kam so ein Bauer bei uns längs. Wir hatten gerade das Equipment ausgepackt und wir standen da so vor dem Drehort. Und der grüßte so: Moin. Und wir so zurück gegrüßt: Moin. Halbe Stunde später war gefühlt das ganze Dorf vor dem Drehort. Und waren am grüßen und Hallo und können wir nicht helfen. Ham wir auch noch nicht so erlebt."
    Die Hilfsbereitschaft ging so weit, dass der Kirchen- und der Shantychor einige bunte musische Girlanden um die Deichbullen – Geschichte flochten.
    "Wir lieben die Nordsee ..."
    Zum Serien- Personal: Zwei abgewrackte Hamburger Polizisten von trauriger Gestalt schleppen sich mit ihren Rollkoffern den Deich empor. Man hat sie in das Provinznest an der Unterelbe strafversetzt. Dafür werden sie sich rächen.
    "Wir werden das Grundgesetz durchsetzen – hier in Kollmar. Wir schaffen das."
    "Kante": "Alter Schwede, wie bist Du drauf?"
    "Stilles Wasser" und "Laberkopf"
    Polizist Nummer 1, Paulsen sein Film-Name, leicht depressiv und von degoutantem Sozialverhalten wird von Reverend Christian Dabeler verkörpert.
    "Paulsen ist ein eher stilles Wasser, so´n Bürohengst mit psychopathischen Zügen. Kleptomane und ohne jegliche Empathie für seine Mitmenschen ... aber natürlich mit einem sehr, sehr guten Kern."
    Polizist Nummer 2, karikiert von René Chambalu, dösbaddelig und von desaströsem Aussehen, hört im Film auf den Namen Kiez-Kante.
    "Kante ist ein verdrogter Loser ... unglaublicher Laberkopf , wahnsinniges Sendungsbewusstsein. Aber natürlich mit einem sehr, sehr guten Kern."
    Leichen pflastern die Kollmarer Dorfstraße nicht. Stattdessen kümmern sich die Kriminalisten um ein Pferd, das im Galopp auf dem Gehweg geritten wurde – klare Ordnungswidrigkeit. Sie werden konfrontiert mit einer lebendigen Pinocchio-Figur, die einfach nur höchst verdächtig aussieht. Und sie werden erschreckt durch eine schweigende Frau, die vor der Wache steht und vieldeutige Handbewegungen macht - aber sonst nichts, was eine Festnahme rechtfertigen könnte.
    "Mir ging es hauptsächlich darum, dass man die Charaktere erst mal greifen kann, (dass man das Umfeld, in dem die beiden sich bewegen, begreifen kann,) dass der Zuschauer ein bisschen warm wird mit der ganzen Geschichte. Und es entwickelt sich so langsam ... Wir geben uns die Zeit, die Story sich entwickeln zu lassen. Und nicht gleich 5 Tote und Explosionen und überschlagende Autos und alle ermorden sich gegenseitig. Sondern es beginnt ganz ruhig und eine bisschen mystisch."
    Wie viel Trash ist erträglich?
    Die Deichbullen Geschichten gibt es ausschließlich im Netz. Unter „www.Deichbullen.com" kommen Wochenende für Wochenende zwei neue Folgen heraus. Jeweils mit nur 5 Minuten Länge. Das ganze ist ein cineastisches Experiment unter der Fragestellung: Wie viel Trash und wie viele Dialoge auf der nach oben Boshaftigkeits-Skala sind dem deutschen Serien-Publikum zuzumuten? Zugemutet wird auch dem Auge des Zuschauers einiges. Da kriechen die in in rot-grün-weiß längsseits gestreifte Pyjamas gewandeten Kriminalisten zur Nachtstunde unter gelb, blau, weiß längsseits gestreifte Bettdecken. Ein Spiel mit schrillen Kontrastsuperlativen wie man es sonst nur aus dem filmischen Frühwerk von Rosa von Praunheim kennt.
    Ob am Ende die Deichbullen Episoden auch zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen, steht noch in den Sternen. Die Gagen sind flach, die Kredite hoch und noch hat kein Hauptsponsor an die Tür der Produktionsfirma geklopft. Und ohne die geht's ja im Internet auf Dauer nicht.
    "Wir versuchen´s zu finanzieren über Logo Einblendungen am Anfang und am Ende, im etwas kleineren Stil zu sagen, wir trinken halt euer Bier und wir rauchen eure Zigaretten, wenn ihr uns dafür Geld gebt."
    Und deshalb rauchen die kuriosen Kriminalisten wie die Weltmeister. Für wen sind die Deichbullen – Folgen nicht geeignet? Zum Beispiel für Lungenfachärzte oder echte Polizeivollzugskräfte...
    "Es gibt natürlich auch Leute, die gucken sich Marie Furtwängler als Ermittlerin an, ja hm, und die allgemeine Brigitte Leserin ist auch nicht so unser Zielpublikum."
    Deichbullen hat jedenfalls das Zeug zu einem norddeutschen Kultstreifen. Alles eine Frage der Zeit. Darauf einen freundlichen Schusswechsel.