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Onlinehandel contra Ladengeschäfte
Der Kampf um Kunden und Pakete

Der Online-Handel rechnet im diesjährigen Weihnachtsgeschäft wieder mit einem satten Plus – zehn Prozent mehr Umsatz als im vergangenen Jahr werden erwartet. Der stationäre Handel rechnet nur mit bis zu zwei Prozent Umsatzplus. Für manche stationären Geschäfte bringt der Versandhandel aber auch Vorteile.

Von Vivien Leue | 10.12.2018
    Menschenmenge in einer Kölner Fußgängerzone
    In großen Städten sind die Fußgängerzonen oft noch gut besucht, in kleinen und mittelgroßen Städten dagegen haben es Ladenbesitzer immer schwerer (imago stock&people)
    Corinne Wemmer und Claudia Rockel haben jetzt zur Weihnachtszeit gut zu tun. Ihre kleine, liebevoll gestaltete Buch- und Design-Boutique "Tagediebe" in der Kölner Südstadt ist quasi prädestiniert für den Geschenke-Einkauf. "Wir haben Papeterie, Deko und Bücher natürlich, Spiele … bei uns werden sehr viele Geschenke gekauft." Corinne Wemmer weiß, dass sie mit ihrem Laden gegen eine große Konkurrenz antritt, und die lauert nicht um die Ecke, sondern im Netz. Der Online-Handel wächst seit Jahren kontinuierlich. Bisher aber läuft das Geschäft der beiden Kölnerinnen trotzdem gut.
    "Geschenke kauft man ja doch oft auch sehr kurzfristig. Morgen ist der Geburtstag, oh Gott, ich brauch' noch ein Geschenk. Das ist dann doch zu knapp mit dem Online-Einkauf. Aber ich weiß schon von Kunden, bei Büchern, es ist doch schnell passiert, dass man zuhause, Amazon, zack, zack, zack, eintippt und schon ist es da."
    Zustellung zum Kunden oft schwierig
    Allerdings kommt das Paket häufig zu Zeiten, in denen niemand zuhause ist – und so fragt immer wieder ein Paketbote deshalb auch in Wemmers Geschenke-Boutique, ob sie die Sendung annehmen kann.
    "Die tun uns auch immer leid, und eine Zeit lang haben wir Pakete auch immer angenommen noch für Nachbarn. Aber dann ändert sich nichts. Man unterstützt das System damit und es ändert sich nichts."
    Findet sich niemand, der eine Sendung annimmt, landet sie häufig zum Abholen in den Filialen der Paket-Dienstleister, die mittlerweile immer öfter von privaten Unternehmern geführt werden, Unternehmern wie dem Ehepaar Pellegrino aus Düsseldorf.
    Manche Läden sind heute Paket-Annahmestellen
    "Wir sind ein Post-Partner-Unternehmen, haben Schreibwaren mit im Sortiment, aber das Hauptgeschäft ist eigentlich seit Jahren: Post."
    Marie-Christin Pellegrino hat von dem wachsenden Online-Handel und dem damit immer stärker steigenden Paketaufkommen in den vergangenen Jahren profitiert. Jeden Tag stapeln sich in den Regalen hinter und neben ihrem Verkaufstresen unzählige Pakete.
    "Es sind bestimmt 300 bis 400 am Tag, die alleine zurückkommen von den Zustellern und die Annahme ist auch nochmal ungefähr das – also, was die Kunden bringen."
    Jetzt zu Weihnachten verdoppeln sich diese Zahlen sogar.
    "Ja, Weihnachten ist Ausnahmezustand (lacht)."
    Paketzusteller stehen unter Druck
    Ausnahmezustand herrscht natürlich auch bei den Paketdienstleistern wie DHL, Hermes oder DPD...
    "Wir haben grundsätzlich ein Wachstum im Paketmarkt und die Weihnachtszeit ist natürlich die Spitzenzeit, die macht so 20 Prozent des Gesamtjahres aus", sagt der Geschäftsführer des Verbands Paket- und Express-Logistik, Marten Bosselmann. Dieser Paket-Boom ist einerseits gut für’s Geschäft, aber er erhöht auch den Druck.
    "Das Nadelöhr für die Paketdienstleister ist die Innenstadt. Sie sehen unsere Fahrzeuge täglich und negativ formuliert ist es so, dass unsere Fahrzeuge in der zweiten Reihe zu sehen sind. Ich kann ihnen versichern, dass wir das nicht wollen, dass auch unsere Zusteller das nicht wollen."
    Konkurrenz im Handel hält an
    Denn neben dem Verkehrsärger, den das verursacht, verlangsamt die ständige Parkplatzsuche auch den Auslieferprozess. Wenn dann die Empfänger nicht zuhause sind und die Adressen später vielleicht noch einmal angefahren werden, macht das alles noch komplizierter.
    Die Unternehmen versuchen mit unterschiedlichen Konzepten, dem entgegen zu wirken. Es gibt die Wunschtag-Zustellung, Packstationen und die Auslieferung an einen Nachbarn – oder eben ein benachbartes Geschäft.
    Die Kölner Geschenke-Boutique "Tagediebe" gehört nicht mehr dazu. Die Inhaberinnen haben entschieden, keine Pakete mehr anzunehmen. "Es ist ja absurd, dass wir, die wir unter dem Onlinehandel leiden, dass wir dann die Pakete annehmen für die Leute und somit den Onlinehandel unterstützen. Das geht nicht."