Christoph Schmitz: Seit über drei Jahrzehnten ist man an der Universität Marburg dem literarischen Jung-Genie, dem Revolutionär und Wissenschaftler Georg Büchner in besonderem Maße auf der Spur, und zwar mit der Forschungsstelle Georg Büchner unter der Leitung von Professor Burghard Dedner. Der hier kultivierte Sachverstand und die sprühende Neugier rund um Leben und Werk Büchners zeigte sich im letzten Jahr bei der großen Landesausstellung zu Büchners 200. Geburtstag unter dem Titel "Georg Büchner – Revolutionär mit Feder und Skalpell." Seit dem Jahr 2000 erschienen zudem nach und nach die Bände der Historisch-kritischen Gesamtausgabe. Mit dem 18. Band konnte sie im vergangenen Jahr abgeschlossen werden. Nun ist auch die Digitalisierung dieser Bände geplant. Ein weiteres digitales Produkt der Forschungsstelle wurde vor einer guten halben Stunde freigeschaltet, das Büchner-Portal. Über buechnerportal.de kommt man hinein und findet was? – Das habe ich den Leiter der Forschungsstelle gefragt, Professor Burghard Dedner.
Burghard Dedner: Man findet zunächst einmal ein vielfältiges Angebot. Je nachdem, welchen Pfad man dann einschlagen will, kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nehmen wir an, Sie fangen an mit dem Pfad "Zeittafel" und Sie interessieren sich dafür, was Büchner im März 1834 getan hat. Dann kommen Sie zu den einzelnen Daten, über die wir etwas wissen, und den Informationen, die wir darüber haben, und vor allen Dingen dann auch zu den Dokumenten, die uns diese Informationen geben.
Sie interessieren sich für Büchners Liebe zu Wilhelmine Jaeglé, dann finden Sie ein Bild von Wilhelmine Jaeglé und Sie werden hingeleitet, wenn Sie das wollen, zu den Briefen, die Büchner zu dieser Zeit geschrieben hat.
Oder Sie interessieren sich für den politischen Büchner, dann kommen Sie zum "Hessischen Landboten", den Sie lesen können, wenn Sie wollen, oder zu einer Einleitung zum "Hessischen Landboten", oder Sie kommen zu verschiedenen Dokumenten, die uns über Büchner und den "Hessischen Landboten" informieren, oder auch zu einzelnen Kapiteln zu Büchners politischer Entwicklung und zur Entwicklung der politischen Geheimgesellschaften in den 1830er-Jahren.
Oder Sie interessieren sich für den politischen Büchner, dann kommen Sie zum "Hessischen Landboten", den Sie lesen können, wenn Sie wollen, oder zu einer Einleitung zum "Hessischen Landboten", oder Sie kommen zu verschiedenen Dokumenten, die uns über Büchner und den "Hessischen Landboten" informieren, oder auch zu einzelnen Kapiteln zu Büchners politischer Entwicklung und zur Entwicklung der politischen Geheimgesellschaften in den 1830er-Jahren.
Schmitz: Es gibt also drei Großkapitel?
Dedner: Ja.
Schmitz: Die "Zeittafel", "Werke" und das dritte "Aufsätze und Dokumente".
Dedner: "Aufsätze und Dokumente", ja genau.
Schmitz: Die "Zeittafel" haben Sie gerade etwas beschrieben: Wichtige Lebensstationen Büchners, die man anklicken kann, Chronologien sieht man, abgebildete Dokumente, Schriften und viele Links zur Vertiefung. Wen haben Sie eigentlich als Nutzer für dieses Büchner-Portal im Blick?
Für alle, die sich für Büchner interessieren
Dedner: Ja wir denken an Schüler, an Studenten, an Lehrer und an Professoren wahrscheinlich auch, und dann schließlich an alle, die sich für Büchner interessieren. Wir haben das bereits ausprobiert mit einer Gruppe von Studenten in Gießen, die gerade ein Seminar machen, Historiker, die sich sehr positiv geäußert haben, oder wir haben eine enthusiastische Antwort von einer Mitarbeiterin im Hessischen Rundfunk bekommen, die geschrieben hat, so etwas hätte Sie sich vor zwei Jahren gewünscht und im letzten Jahr auch noch, als das Büchner-Jahr im Kommen war. Man hat dort die sofortigen Informationen, die man braucht. Man kann vertiefend lesen und gleichzeitig die Imagination, die Vorstellungskraft erweitern von dem, was man wissen will. Man kommt unter Umständen auf Antworten zu Fragen, die man noch gar nicht gestellt hat.
Schmitz: Unter dem Kapitel "Werke" kann man die Texte von Büchner komplett abrufen. Entsprechen diese Texte Ihrer historisch-kritischen Gesamtausgabe?
Handschriften und Bühnenfassung des "Woyzeck"
Dedner: Ja, sie entsprechen genau der historisch-kritischen Gesamtausgabe. Das heißt, dort werden sie komplizierter in verschiedenen Formen dargeboten. Hier haben wir jetzt dann den einfachen Text genommen, aber zum Beispiel bei "Woyzeck" können Sie auch bei uns entweder die Handschriften zu "Woyzeck" lesen, oder Sie nehmen die Lese- und Bühnenfassung, um einen Einblick etwa in den Gesamtablauf des Dramas zu bekommen. Das ist Ihnen überlassen, welche Stufe Sie wählen wollen.
Schmitz: Zum Kapitel "Aufsätze und Dokumente" im Detail: Was gibt es dort zu finden?
Dedner: Es gibt zunächst einmal biografische Abrisse. Nehmen wir an, Sie interessieren sich für Büchner den Studenten und den Naturwissenschaftler und Philosophen, dann bekommen Sie eine Reihe von Aufsätzen, Kurzaufsätzen zu Büchner: Studium in Gießen, in Straßburg, zur Abfassung seiner Dissertation und so weiter.
Oder Sie interessieren sich für den Politiker Büchner, dann bekommen Sie zum Beispiel kleine Aufsätze zu den Geheimgesellschaften in Frankreich, in Deutschland, zum Frankfurter Wachensturm, zu den politischen Ereignissen der Zeit.
Oder Sie interessieren sich für den Dichter Büchner, dann finden Sie etwas über Büchner und Goethe zum Beispiel, Büchner und Shakespeare, Büchner und die Kampagne gegen das junge Deutschland. Das ist dann jedes Mal wiederum mit den einzelnen Dokumenten verknüpft, die wir haben. Nehmen wir an, Sie wollen etwas wissen zu Büchner und Goethe, dann würden Sie Goethes Äußerungen über "Lenz" finden, die Büchner etwas mit beeinflusst haben bei seiner eigenen Darstellung des "Lenz". Es ist ein Spiel hin und her zwischen verschiedenen Informationsformen, Dokumenten, Aufsätzen von uns, Bildern und so weiter hin auch dann zu den Texten selbst.
Schmitz: ..., sagt Burghard Dedner, Leiter der Forschungsstelle Georg Büchner an der Universität Marburg, über Buechnerportal.de.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.