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OPEC
Experte erwartet weiter relativ niedrige Ölpreise

Die OPEC lässt ihr Förderziel trotz niedriger Ölpreise unverändert - Energieexperte Manuel Frondel vermutet darin einen Strategiewechsel. Vor allem Saudi-Arabien wolle die Preise niedrig halten, um Konkurrenten aus dem Markt zu drängen, sagte er im Deutschlandfunk.

Manuel Frondel im Gespräch mit Birgid Becker |
    Ölraffinerie im Irak
    Die OPEC will die Entwicklung des Ölmarktes beobachten - und lässt die Fördermenge erst einmal unverändert. (dpa/picture-alliance/Str)
    Birgid Becker: Die OPEC, die Organisation erdölexportierender Länder, kam am Nachmittag in Wien zu Beratungen zusammen: Ergebnis: Ihr bisheriges Förderziel von 30 Millionen Barrel am Tag wird sie nicht kürzen. Damit begrüße ich Manuel Frondel, den Energieexperten des RWI in Essen. Guten Tag.
    Manuel Frondel: Guten Tag!
    Becker: Die Fördermenge wird nicht gekürzt, entscheidet die OPEC, obwohl der Ölpreis noch während der Beratungen auf ein Vier-Jahres-Tief gefallen war, so als wollten die Märkte den Ölstaaten eine lange Nase zeigen. Deshalb: Hätte es nicht gute Gründe gegeben für einen Versuch, die Preise zumindest zu stabilisieren durch eine reduzierte Fördermenge?
    Frondel: Die OPEC hat ein generelles Problem mit der Kartelldisziplin bei fallenden Preisen. Wenn ohnehin die Einnahmen schwinden, weil die Preise fallen, dann tut es den einzelnen OPEC-Mitgliedern umso mehr weh, wenn sie auch noch die Produktionsmenge kürzen müssen. Dann schwinden die Einnahmen zumindest kurzfristig noch mehr. Anders ist es bei steigenden Preisen. Da war die Kartelldisziplin nie ein Problem. Insbesondere Saudi-Arabien hat sich in der Vergangenheit immer als sogenannter Swing Producer hervorgetan. Wenn die Preise zu sehr gestiegen sind, dann wurde noch mehr saudisches Öl auf den Markt geschmissen, um dann den Preis etwas zu dämpfen.
    "Preise niedrig halten und mehr Marktanteile gewinnen"
    Becker: Nun heißt es, man wolle abwarten, wie sich der Markt entwickelt. Das hat der OPEC-Generalsekretär erklärt. Was kann die OPEC denn so alles aushalten an Preisrutschen? Es hieß ja auch, dass die OPEC am Nachmittag bei ihren Beratungen tief gespalten sei.
    Frondel: Ja. Es gibt ganz große Unterschiede in den Ländern. Einige Länder wie Venezuela, die können Preisrutsche wirklich nicht so sehr gut aushalten. Saudi-Arabien hingegen hat neuerdings eine neue Strategie entwickelt. Sie wollen niedrige Preise halten. Sie haben im September sogar die Produktionsmengen ausgeweitet, um dadurch die Preise niedrig zu halten und mehr Marktanteile zu gewinnen. Ich glaube, statt kurzfristige Strategien verfolgen sie eher mittelfristige Strategien, Konkurrenten aus dem Markt zu halten. Ich denke da insbesondere an das Schieferöl in USA, das relativ teuer zu fördern ist, und durch günstige Preise, durch günstige Rohölpreise kann man verhindern, dass noch mehr Schieferöl in den USA gefördert wird, und man kann vielleicht sogar erreichen, dass das eine oder andere Projekt in den USA geschlossen wird.
    Becker: Kann es nicht dennoch sein, dass hinter dieser Langmut oder diesem Willen zum Abwarten auch schlichtweg Schwäche steht?
    Frondel: Nein. Ich denke wirklich, dass es eine bewusste Strategie insbesondere von Saudi-Arabien ist, um mehr Marktanteile zu gewinnen, und insofern ist es ein kompletter Strategiewechsel zur Vergangenheit.
    "In nächster Zeit relativ niedrige Ölpreise"
    Becker: Wie lange können sich denn Verbraucher noch freuen über fallende Benzin- oder Heizölpreise?
    Frondel: Wenn ich das prognostizieren könnte, dann wäre ich schon ein reicher Mann. Insofern möchte ich keine Prognose abgeben. Mein Gefühl sagt mir nur, dass diese Strategie, wie sie jetzt Saudi-Arabien fährt, erst mal noch beibehalten wird, um zu prüfen, ob sie erfolgreich ist. Insofern würde ich denken, dass wir schon noch in nächster Zeit relativ niedrige Ölpreise sehen könnten und damit auch relativ niedrige Benzin- und Heizölpreise.
    Becker: Und dass die Saudis einen derart langen Atem haben, das können Sie sich schon vorstellen?
    Frondel: Ja. Im Gegensatz zu vielen anderen OPEC-Staaten haben die Saudis auch den einen oder anderen Euro aus den Öleinnahmen zurückgelegt und sie können ein Staatsdefizit durchaus aus diesen Rücklagen über mehrere Jahre bestreiten.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.