Neuer Zoff bei Opel ist programmiert – einmal mehr hängt der Haussegen offenbar schief. Die Betriebsleitung habe gegenüber den Arbeitnehmervertretern die Unwahrheit gesagt, als man zu Verhandlungen über die Eckpunkte des Sanierungsplans im Mai zusammen saß, ärgert sich der Opel-Betriebsrat. In der Tat klang die Zukunft für die Entwickler bei Opel in Rüsselsheim als gesichert, als Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Schäfer-Klug vor wenigen Wochen vor die Presse trat. Gefragt nach der Entwicklungsabteilung in Rüsselsheim erklärte er nach der gerade frisch erzielten Vereinbarung:
"Es stehen Themen drin wie eine Motorentwicklung, wir haben bestimmte Kompetenzfelder, Teile der Elektromobilität, autonomes Fahren, Brennstoffzelle. Wir haben jetzt nicht eine abschließende Investitions- und Projektliste vereinbart, sondern wir haben gesagt, also: wenn der Abbau erfolgt ist, dann ist der Deckel drauf beim Personalabbau und die restliche Belegschaft bekommt einen Kündigungsschutz. Sprich: Da wird dann auch in den nächsten Monaten und Jahren der Arbeitgeber genau sagen müssen, mit welchen Projekten er das Entwicklungszentrum zusätzlich auslasten will. Das ist für uns ein recht komfortabler Ansatz."
Opelhülle mit Peugeot-Technik
Oder auch nicht, wie sich nun zeigt. Denn sollten Teile der Entwicklungsabteilung wirklich an Zulieferfirmen verkauft werden, stehen diese Mitarbeiter zum einen in Zukunft dann nicht mehr unter der gerade getroffenen Vereinbarung. Zum anderen dürften dann Autos von Opel mehr zu einer Hülle mutieren, unter deren Motorhauben dann vor allem Technologie aus dem Mutterhaus Peugeot-PSA steckt.
"Das sieht wirklich so aus, als wenn Peugeot weitestgehend die Kompetenzen, was Entwicklung betrifft, zu sich zieht; dass man da Opel doch kleiner hält, als das in der Vergangenheit der Fall war. Das rechnet sich wahrscheinlich nicht, das Entwicklungszentrum ist nicht voll ausgelastet, davon gehe ich mal aus, sodass man jetzt andere Wege sucht. Das zeigt ziemlich klar, dass Peugeot doch viele Aufgaben zentralisieren will."
Sagt Auto-Experte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Opel bestätigte die Berichte zumindest indirekt. Ein Sprecher sagte, dass das Sanierungsprogramm von Opel neben internen organisatorischen Maßnahmen auch strategische Partnerschaften umfassen könne – also Kooperationen mit anderen, externen Unternehmen.
Ausverkauf der Forschungsabteilung oder strategische Partnerschaft?
Opel-Chef Michael Lohscheller hat sich mittlerweile auch in einer Stellungnahme zu den aktuellen Berichten und den Vorwürfen der Mitarbeitervertretung geäußert. Das Engineering ist und bleibe Kern von Opel, schreibt Lohscheller. Allerdings lässt der Opel-Chef auch wissen, dass strategische Partnerschaften für die Entwicklungsabteilung in Rüsselsheim geprüft würden. Das sei im Übrigen auch mit den Arbeitnehmervertretern so besprochen worden, kontert er die Sichtweise des Betriebsrates. Wie auch immer – jedenfalls könnte die Vorgehensweise der neuen Opel-Führung einer gewissen Methode folgen.
"Ich bin auch für so viel Offenheit und Ehrlichkeit wie möglich. Aber es ist auch klar, dass bei der Stärke der IG Metall ein Unternehmen wie Opel, dass man da von vornherein weiß, dass die Front sehr schnell verhärtet und dass man taktisch vorgeht und vermutlich nicht alles gleich auf den Tisch gelegt hat."
Das würde auf eine Strategie der Salami-Taktik hindeuten. Allerdings kann das auch nach hinten losgehen. Eine lange Zitterpartie und eine Kluft zwischen Arbeitnehmern und Betriebsführung wird jedenfalls nicht dabei helfen, Opel wieder auf Spur zu bringen.