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Open Access
Professoren klagen gegen kostenfreie Artikel-Zweitnutzung

Uni-Professoren müssen laut Hochschulsatzung ihre Aufsätze nach einem Jahr als Zweitverwertung auf dem frei zugänglichen Hochschulserver einstellen. 17 Professoren der Uni Konstanz fühlen sich dadurch in ihrer Wissenschaftsfreiheit beschnitten – und haben Klage gegen die Open Access-Regelung erhoben.

Von Thomas Wagner |
    Ein E-Book-Reader liegt auf einem aufgeschlagenen Buch
    "Wenn ein Aufsatz veröffentlicht wird in einer Publikation oder in einer Zeitschrift, besteht nach geltendem Recht die Möglichkeit, nach einem Jahr diesen Artikel auf den Publikationsserver zu packen", so die Direktorin der Konstanzer Uni-Bibliothek. (picture alliance / dpa / Thomas Eisenhuth)
    "Wir, also die Kollegen, die sich beteiligt haben, sind nicht grundsätzlich gegen Open Access."
    Stellt Christoph Schönberger, Professor für öffentliches Recht an der Universität Konstanz, klar. Trotzdem hat er gemeinsam mit 16 weiteren Professorenkollegen Klage erhoben gegen die aktuelle "Open Access"-Regelung seiner Uni:
    "Wir entscheiden ja bis jetzt selbst, in welchen Publikationsformaten, in welchen Zeitschriften, wir unsere Ergebnisse publizieren. Und nach unserer Meinung gehört es zu unserer Wissenschaftsfreiheit, dass auch selbst entscheiden zu können."
    Selbst entscheiden über die Veröffentlichung der eigenen Forschungsergebnisse – das sei aber in Zukunft nicht mehr möglich, so die klagenden Professoren. Ihr Stein des Anstoßes: Die "Satzung zur Ausübung des wissenschaftlichen Zweitveröffentlichungsrechtes" der Uni Konstanz.
    "Es ist so, wenn ein Aufsatz veröffentlicht wird in einer Publikation oder in einer Zeitschrift, und nur darüber reden wir, besteht nach geltendem Recht die Möglichkeit, nach einem Jahr diesen Artikel auf den Publikationsserver der Universität zu packen, so dass er dann weltweit frei zugänglich ist."
    Erläutert Petra Hätscher, Direktorin der Konstanzer Uni-Bibliothek, die neue Konstanzer Open-Access-Regelung. Will heißen: Wissenschaftler der Uni, die Aufsätze in Fachzeitschriften publizieren, müssen diese nach einem Jahr als Zweitverwertung dem öffentlichen Uniserver zur Verfügung stellen. Professor Christoph Schönberger sieht darin einen klaren Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Wissenschaft und Lehre:
    "In dem Augenblick, in dem wir gezwungen werden, die Ergebnisse in irgendeiner Form auf einem Server bereit zu legen, geben wir diese Hoheit über diese Forschungsergebnisse, über die Art, wie wir sie präsentieren wollen, auf. Das möchten wir nicht."
    Klage richtet sich auch gegen württembergisches Landeshochschulgesetz
    Mit einer Normenkontrollklage wollen die 17 Professoren nicht nur die neue Open-Access-Regelung der Konstanzer Uni zu Fall bringen, sondern das baden-württembergische Landeshochschulgesetz gleich noch mit dazu. Das nämlich bildet die Grundlage für die Open-Access-Satzung der Universität, erläutert Uni-Rektor Professor Ulrich Rüdiger:
    "Die Landesregierung sagt also im Landeshochschulgesetz: Überwiegend öffentlich finanzierte Forschung soll am Ende der Öffentlichkeit auch zugänglich sein. Und dagegen ist zunächst nichts zu sagen."
    Die Wissenschaftsfreiheit sieht Uni-Rektor Ulrich Rüdiger dadurch nicht eingeschränkt.
    "Das stellen wir nicht infrage, wenn man die Satzung genau liest. Also wenn einer sagt: Nein, ich publiziere das nicht. Das ist ein Wissen, dass ich nur für mich generiert habe, und ich werde darüber nur mündlich berichten, dann gibt es auch nichts für uns, was wir dann im Nachgang der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen müssen. Also die Freiheit - Was mache ich mit meiner Forschung? Was mache ich mit meinem Wissen? - ist nach wie vor gegeben."
    Das sehen die 17 Professoren, die die Normenkontroll-Klage gegen die Konstanzer Open-Access-Regelung angestrengt haben, allerdings ganz anders. Hinzu kommt: Für das Ansehen eines Wissenschaftlers sei es von existenzieller Bedeutung, alleine darüber entscheiden zu dürfen, wo seine Aufsätze veröffentlicht werden. Professor Christoph Schönberger:
    "Es ist für unsere Reputation bedeutsam, in welcher Zeitschrift wir publizieren. Wir sind darauf angewiesen, dass es diese qualifizierten Fachverlage gibt. Und der Fachverlag ist natürlich in großen Schwierigkeiten, für jedes Forschungsvorhaben hinzunehmen, dass es nach einer gewissen Zeit von der Universität frei veröffentlicht wird."
    Länge des Verfahrens völlig offen
    Viele Interessenten an einem Artikel könnten einfach abwarten, bis der Text auf dem öffentlichen Server der Uni einsehbar ist – und auf den Kauf der zum Teil sehr teuren Fachmagazine verzichten. Die wiederum könnten, so die Befürchtung, von vornherein auf die Publikation von Beiträgen verzichten, wenn feststeht, dass die Texte nach einem Jahr öffentlich zugänglich sind, so die Befürchtung.
    Wer hat nun Recht – das Land Baden-Württemberg im Gleichklang mit der Uni Konstanz und der weitreichenden neuen Open-Access-Regelung? Oder die klagenden Professoren, die die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr sehen? Klärung sollen nun die Gerichte bringen. Wie lange das Verfahren dauert wird, ist völlig offen. Dass die Frage gerichtlich geklärt wird, hält aber auch Uni-Rektor Professor Ulrich Rüdiger für wichtig:
    "Ich begrüße das, weil ich der Meinung bin, dass das eine grundsätzliche Fragestellung ist, die es zu klären gilt auf allerhöchster Ebene. Auf Bundesgesetz-Ebene sollte das geklärt werden, weil es von übergeordneter Bedeutung ist, wie wir mit öffentlichen Mitteln generiertem Wissen umgehen."