Alles, was man für das foldscope braucht, passt auf eine DIN A4-Seite. Die Umrisse der einzelnen Komponenten sind aufgedruckt. Wenn man sie ausschneidet, auf die richtige Weise faltet und dann ineinander schiebt, entsteht am Ende ein kleines Mikroskop. Das Konzept dafür stammt von Manu Prakash. Er hat das "foldscope" zusammen mit seiner Arbeitsgruppe an der Stanford-Universität entwickelt.
"Das Mikroskop entsteht durch Origami – die Kunst des Papierfaltens. Alle optischen Komponenten wie die Linse und auch elektrische Verbindungen, die Lichtquelle, Schalter und die Batterie sind flach auf das Papierblatt aufgedruckt. Wenn man es zusammenfaltet, entsteht ein funktionierendes Mikroskop."
Es sieht allerdings ganz anders aus als Lichtmikroskope, wie man sie aus dem Schulunterricht kennt. Es ist schmal und ganz flach. Um damit etwas untersuchen zu können, muss man es wie bei einem normalen Mikroskop auf einen Objektträger aus Glas legen. Dieser wird zwischen die Papierstreifen geschoben. Wenn man das Papiermikroskop dann ganz nah ans Auge hält, kann man einen Blick in den Mikrokosmos werfen.
"Man kann sich damit alle möglichen winzigen Objekte anschauen. Alles, was es auf der Welt gibt, hat auch eine mikroskopische Struktur."
Leider nicht ausdruckbar
Auf dem eigenen Tintenstrahldrucker zuhause kann man sich das foldscope übrigens leider nicht ausdrucken - das geschieht in industriellem Maßstab mit speziellen Maschinen. Statt eines ausgeklügelten Linsensystems hat das "foldscope" nur eine einzige, winzig kleine Linse. Darin ähnelt es einigen sehr frühen Mikroskopen, wie denen von Antoni van Leeuwenhoek. Der Niederländer entdeckte damit schon im 17. Jahrhundert winzige Einzeller im Wasser eines Teichs.
"Wir haben uns von seiner Arbeit inspirieren lassen. Wir haben zunächst berechnet, warum seine Instrumente überhaupt funktionierten. Das haben wir mit dem Wissen über moderne Optik kombiniert."
Die Papier-Mikroskope von Manu Prakash können natürlich nicht ganz das gleiche leisten wie teure, handelsübliche Geräte. Ein weiterer Nachteil: Bei normalen Lichtmikroskopen kann man die Objektive austauschen und so verschiedene Vergrößerungsstufen erreichen. Das geht beim "foldscope" nicht: Für jede Anwendung braucht man ein anderes Mikroskop. Die Forscher haben deshalb mehrere Varianten entwickelt: Mit unterschiedlichen Vergrößerungsstufen, und auch für unterschiedliche Arten der Mikroskopie. Aber das kann auch ein Vorteil sein – nämlich dann, wenn es um ganz spezielle Anwendungen geht, wie bei der Suche nach bestimmten Krankheitserregern. Im Fokus stehen im Moment Krankheiten wie Malaria, Bilharziose und die Schlafkrankheit. Sie werden nicht von Bakterien ausgelöst, sondern von winzigen Einzellern oder Würmern.
"Es gibt viele Krankheiten, die wir angehen wollen. Zum Beispiel die Bilharziose, das ist eine schreckliche Krankheit. Wir können schon jetzt die Eier der Parasiten in Urin-Proben nachweisen. Das geht überall auf der Welt, egal wie abgelegen die Region ist, und es kostet fast nichts."
Maximale Auflösung liegt bei unter einem Mikrometer
Dazu laufen gerade klinische Tests mit Ärzten in aller Welt. Dabei soll sich zeigen, wie gut sich die kleinen Mikroskope tatsächlich zur Krankheitsdiagnose eignen. Die maximale Auflösung liegt bei unter einem Mikrometer – für viele Einzeller reicht das. Sogar Bakterien kann man damit noch erkennen. Außerdem sollen noch in diesem Sommer 10.000 der Papiermikroskope verschickt werden. Interessierte Hobbyforscher konnten sich dafür auf einer Website anmelden. Sie alle sollen nach Möglichkeit kleine Experimente damit machen und ihre Beobachtungen im Internet für alle anderen Nutzer dokumentieren. Aber für die Zukunft schwebt Manu Prakash noch etwas anderes vor:
"Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jedes Kind ein Mikroskop in der Tasche mit sich herumträgt. Man sollte das 'foldscope' so betrachten wie einen Kugelschreiber. Den hat man auch ständig dabei, und er ist robust und billig. Das Ziel ist, dass die Menschen so auch mit wissenschaftlichen Geräten umgehen."
Robust scheint das Mikroskop aus Papier tatsächlich zu sein: In einem Internet-Video ist zu sehen, wie Manu Prakesh mit seinem Fuß darauf tritt – es funktioniert danach immer noch.