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Orakeln im Gen-Labor

Die Fachwelt hat damit gerechnet, jetzt ist es offiziell: Die US-amerikanische Firma Celera Genomics hat die Buchstabenfolge im menschlichen Erbgut komplett gelesen. Die Bedeutung kennen wir damit noch lange nicht, doch auch die wird man noch entschlüsseln. Für über 500 der rund 4000 genetisch bedingten Krankheiten sind heute bereits einzelne Gene bekannt. Für fast alle dieser Krankheiten gilt allerdings: Test ja - Heilung nein. Wer nicht beraten wird, hat oft völlig falsche Vorstellungen von dem, was ein Gen-Test leisten kann. Wie lebt es sich etwa mit dem Wissen, in rund 20 Jahren mit 60 prozentiger Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken? So eine Information ist schwer zu verarbeiten. Da kann nur eine qualifizierte Beratung helfen. Doch die ist in Deutschland - anders als in vielen anderen Ländern - nicht zwingend vorgeschrieben. Kein Gesetz regelt hierzulande den Umgang mit genetischer Diagnostik. Die Folge: immer mehr kommerzielle Firmen bieten Gentests ohne Beratung an. Auch die Frage des Datenschutzes ist nicht geklärt. Bei Abschluß einer Kranken- oder Lebensversicherung müssen die Ergebnisse vorliegender Gentests angegeben werden. In England fordern die Versicherer ihre Kunden sogar auf, einen Gentest zu machen. Werden die deutschen Versicherer diese Praxis übernehmen?

Kristin Raabe |