Bei der Fraktionssitzung der EVP gestern waren Viktor Orban und ein möglicher Ausschluss der Fidesz-Partei kein Thema. Man vertagte die politisch hochbrisante Frage auf nächste Woche, wenn sich die Abgeordneten in Straßburg sehen. Denn der Fraktionsvorsitzende war gar nicht da: Manfred Weber, Spitzenkandidat für die Europawahlen, sprach gestern beim politischen Aschermittwoch in Passau.
"Es ist die Antwort, die seit Jahren, seit Jahrzehnten Franz Josef Strauß in die Bücher unserer Partei geschrieben hat: Bayern meine Heimat, Deutschland mein Vaterland und Europa meine Zukunft. Und ich lasse mir von keinem Populisten, von keinem Nationalisten einreden, dass das ein Widerspruch ist."
Zu Orban direkt äußerte sich Weber nicht, nur am Rande der Veranstaltung. Und tags zuvor schon hatte er in einem Zeitungsinterview dem ungarischen Regierungschef eine Frist gesetzt und Forderungen aufgestellt. Orban müsse sich für seine gegen die EU-Kommission gerichtete Kampagne entschuldigen und diese sofort einstellen. Man denke gar nicht daran, verlautete es bald aus Ungarn:
"Wir hören uns die Meinung von Manfred Weber an", gab der ungarische Regierungssprecher gestern per Twitter zu Protokoll. Die Migration zu stoppen, sei aber wichtiger als die Parteidisziplin.
Ausschluss der Fisdesz-Partei wird immer wahrscheinlicher
Nach einer Kehrtwende sieht es dort also - trotz gewachsenem Gegendruck - nicht aus. In der EVP ist dagegen inzwischen das nötige Quorum erreicht, also eine ausreichende Anzahl von Mitgliedsparteien und Staaten, um einen Ausschluss der Fidesz-Partei zu beantragen.
"Ich finde nämlich, dass die Konservativen in Ungarn die christdemokratischen Werte in keinerlei Weise vertreten. Es gibt zwischen Herrn Orban und mir überhaupt keine Schnittmengen. Warum soll er in einer Partei bleibe, in der ich auch bin, wenn es keine Gemeinsamkeiten gibt."
So formulierte es Kommissionspräsident Juncker kürzlich, der selbst aus Luxemburg stammt und ebenfalls der Europäischen Volkspartei angehört.
Am 20. März steht das Thema auf der Tagesordnung, wenn die politische Versammlung der EVP zusammenkommt, gewissermaßen das Präsidium der Parteienfamilie. Fest steht, dass dann über einen möglichen Ausschluss der Fidesz-Partei gesprochen wird - das genaue Prozedere steht jedoch noch nicht fest.
Alle Optionen liegen auf dem Tisch, sagt Fraktionschef Weber. Beobachter gehen davon aus, dass jedenfalls mehr passieren wird, als die Frage einfach nur zu vertagen. Kommt die Fidesz-Partei bestimmten Bedingungen in der Zukunft nicht nach, dürfte ein Ausschluss - wie es jetzt aussieht - unabwendbar sein.