Der Rathausplatz der ehemaligen Krönungsstadt der ungarischen Könige, Székesfehérvár, ist bis auf den letzten Platz gefüllt mit Anhängern Viktor Orbáns – Nationalflaggen in allen Größen sowie Plakate der Regierungspartei Fidesz werden in die Höhe gereckt. Sehr viele ältere Menschen sind in dem Fahnenmeer auszumachen. Zu Beginn der letzten Wahlkampf-Kundgebung des Ministerpräsidenten stimmen nahezu alle in die Nationalhymne ein:
Der Bewahrer der Nation
Mit Bedacht hat Viktor Orbán die 60 Kilometer südwestlich von Budapest gelegene Großstadt zum symbolträchtigen Abschluss seiner Wiederwahl-Kampagne ausgesucht: Székesfehérvár wurde vor über 1000 Jahren Hauptstadt Ungarns, Ungarns erster König, Stephan I., machte sie zu seinem Herrschersitz, über 500 Jahren wurden anschließend hier die Könige Ungarns gekrönt. In diese Tradition stellt sich Orbán, als Bewahrer der Nation, als Garanten der Heimat.
Vielen der älteren Fidesz-Anhänger ist die Geschichte dieser Stadt sehr bewusst, als unter dem Jubel der Tausenden auf dem Rathaus-Platz der Ministerpräsident die rot-weiß-grün geschmückte Bühne betritt.
Audios zum Thema:
Immer nur Orban? - Junge Wähler vor der Wahl in Ungarn
Dauerpremier Viktor Orban? - Ein Porträt
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Orbán setzte auf Polarisierung und Angriff
Lange Wahlkampf-Wochen liegen hinter dem 54-Jährigen, der wie kein zweiter Politiker seit der Wende, Ende der 80er-Jahre, die innenpolitische Bühne des Landes prägt. Was anfangs wie ein scheinbar müheloser Durchmarsch zur dritten Amtszeit in Folge für ihn ausgesehen hatte, änderte sich Ende Februar: eine Wahlniederlage seiner Fidesz-Partei bei einer Bürgermeister-Nachwahl. Die Opposition - Linke, Grüne, Liberale und die rechtsradikale Jobbik-Partei – hatte sich geschlossen hinter einen unabhängigen Kandidaten gestellt – und damit gewonnen. Hektik brach daraufhin in der Fidesz-Zentrale aus, noch stärker als ohnehin schon setzte Orbán auf Polarisierung und Angriff. Auch hier zum Abschluss seines Wahlkampfs hallen seine Attacken auf die Oppositionsparteien über den Rathausplatz:
"28 Jahren nach der Wende, sieht es so aus, dass sie uns unser Land wegnehmen möchten. Sie möchten oppositionelle Parteien an die Macht schicken, die fremde Interessen bedienen. Sie möchten oppositionellen Politikern, die Söldner der Fremden sind, die Macht geben, um den Zaun abzureißen und von Brüssel die Flüchtlingsquoten anzunehmen. So werden sie Ungarn in ein Einwanderungsland umformen und werden sie das tun, aus finanziellen Interessen und Machtinteressen der Auftraggeber."
"Soros-Söldner" - Feindbilder-Pflege vor den Wahlen
Die Beifall klatschende Anhängerschaft weiß, was er meint – und es ist auch auf unzähligen Fidesz-Plakaten im ganzen Land zu sehen: Ein diabolisch lächelnder George Soros, umgeben von den führenden Oppositionspolitikern des Landes. Der Ministerpräsident bringt seinen Lieblingsfeind, den ungarisch stämmigen US-Milliardär Soros, und seine innenpolitischen Kontrahenten in einen Sinnzusammenhang: Das seien alles "Soros-Söldner", wie Orbán formuliert.
Die Umfragen prognostizieren dem Ministerpräsidenten einen ungefährdeten Platz 1, vermutlich die absolute Mehrheit. Seinen Anhängern reicht das nicht – sie wollen, wie vor vier Jahren – eine Zwei-Drittel-Mehrheit für Viktor Orbán sehen:
"Ohne eine Zwei-Drittel-Mehrheit wird es sehr schlimm in Europa."
"Wir rechnen mit einer Vier-Fünftel-Mehrheit! Nicht mit einer Zwei-Drittel. Mindestens eine Vier-Fünftel."