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"Orbitum" an der TU München
Umdeutung des öffentlichen Raums

Im Rahmen der 150-Jahr-Feier der TU München zeigt der Lehrstuhl für Bildende Kunst Werke rund um das Stammgelände der Hochschule. Mit Skulpturen, Installationen oder Ausstellungen in parkenden Autos soll der Einfluss auf die Stadt spielerisch sichtbar gemacht werden.

Von Andi Hörmann |
    Blick auf die Technische Universität in München
    Blick auf die TU München (imago/Westend61)
    "Das ist die Silhouette eines Liliums, so eine Art futuristisches Flugtaxi. Wir bringen das den Menschen so näher, indem wir eine Sitzbank daraus machen."
    "Unsere Idee ist, die enge Beziehung zwischen Hochschulbildung, Forschung und unser Leben, in Form von Tischsets auszudrücken."
    "Wir haben Teleidoskope gemacht, also wie Kaleidoskope, nur dass man da nicht so kleine Steinchen sieht, die ein Muster ergeben, sondern dass sich ein Muster aus unserer Umgebung entwickelt - quasi wie ein Fernrohr, nur mit Spiegeln drin."
    Wo bleibt die Sinnlichkeit in der Digitalisierung?
    Nur drei der etwa drei Dutzend künstlerischen Arbeiten von Studierenden am Lehrstuhl für Bildende Kunst der Fakultät Architektur. Gut eine Woche lamg werden sie rund um das Stammgelände der TU München erfahrbar sein - zwischen Innenstadt und Schwabing. Ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum zum Anlass der 150-Jahr-Feier. Lehrstuhlinhaberin Tina Haase hat ihre Studenten zur Themenfindung mit anregenden Fragen losgeschickt:
    Tina Haase: "Wo bleibt die Sinnlichkeit in einer zunehmenden Digitalisierung, was passiert mit den Menschen? Schaut rum, wo geforscht wird, und nehmt euer eigenes Interesse mit. Welche Wahrheiten und Weisheiten werden da produziert? Und wo führt uns das in Zukunft eigentlich hin?"
    Studenten sinnieren über ihr Studium, die Theorie verlangt nach Praxis, die Forschungsplaneten und ihre Umlaufbahnen: "Orbitum" ist diese breit angelegte Kunstausstellung der TU München im Stadtraum betitelt.
    Nicht auf Anhieb greifbar
    In die Suchmaschine getippt - or-bi-tum - liefert der Rechner erst mal den Link zu einer gleichnamigen Suchmaschine mit Fokus auf Social Media:
    Tina Haase: "Ja, Dinge gibt`s: Mehrere Leute heißen Müller. Aber als Metapher ist es ja auch wieder gar nicht so verkehrt: Dass ja schließlich beides in Räumen stattfindet, die man nicht so richtig greifen kann."
    Auch die ausgestellten Arbeiten sind nicht gerade auf Anhieb greifbar. Kreisförmige Spielfeld-Linien wie beim Fußball für die Forschungsstandorte der TU München: Freising, Garching, Straubing, Weihenstephan und Singapur. Theresa Holl und Jonas Hamberger, im zweiten Master-Semester, haben mit Landschaftsarchitekten aus Freising das Projekt "Interrelations" umgesetzt: Kreise auf der Wiese der Alten Pinakothek symbolisieren die Entfernung der einzelnen Universitätsableger und durchbrechen die Grenzen des urbanen Raums.
    Wiesenkreise zur Standortbestimmung
    Jonas Hamberger: "Über die Farbe, über die Art der Kreisbahn, in welcher Richtung der Mittelpunkt liegt und wie stark die Krümmung ist, kann dann praktisch der Besucher spielerisch erfahren, wo diese Standorte liegen, in welchem Zusammenhang diese Standorte sind und welche Auswirkung die vielleicht für die TU München haben."
    Theresa Holl:
    "Wichtig war für uns, dass wir die Pinakotheken-Wiese so belassen, dass die auch betretbar ist."
    Jonas Hamberger: "sodass sie diesen Freizeit-Charakter, den sie für München im Zentrum hat, auch durch die Installation nicht verliert, sondern dass dadurch vielleicht noch ein Mehrwert generiert wird."
    Ein Hauch von Dilettantismus
    Das Plus der Abstraktion: Durch die künstlerische Arbeit erfährt der öffentliche Raum eine Aufwertung, ein Um-Definieren - oder einfach nur eine Anregung zur Reflexion.
    Tina Haase: "Wo kommen die Wünsche her? Wo kommen die Träume her? Früher waren die eher bei den Künstlern angesiedelt: Bei den Schriftstellern, bei den Musikern, bei den Bildenden Künstlern. Die haben eigentlich immer mit unseren Sehnsüchten, Emotionen, gearbeitet. Und ich glaube, dass kriegen wir gerade auch ein bisschen abgenommen."
    Bis zum 26. Juli lassen sich darauf vielleicht mit der Ausstellung "Orbitum" mögliche Antworten finden. Die Idee ist groß und ambitioniert, die Projekte verspielt, mit einem Hauch Dilettantismus. Aber gut, das ist studentische Kunst im wissenschaftlich kulturellen Kontext - voller Wünsche und Träume.