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Organspende-Neuregelung
Mit dem Personalausweis zum Organspender

Alle Bürger sollten bei der Beantragung oder Verlängerung ihres Personalausweises gefragt werden, ob sie Organspender werden wollen - so ein Vorschlag der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock. Ihre Idee richtet sich bewusst gegen die Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Jens Spahn.

Von Panajotis Gavrilis |
    Ein Portemonnaie mit verschiedenen Personaldokumenten, darunter ein Organspendeausweis
    Baerbocks Vorschlag stößt vielerorts auf Zustimmung - andere empfinden die Widerspruchslösung als unbürokratischer (picture alliance/ Imagebroker)
    Der Vorschlag der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock stößt partei- und fraktionsübergreifend auf Zustimmung.
    Der Vorschlag sieht vor, dass alle Menschen bei der Beantragung oder Verlängerung ihres Personalausweises gefragt werden, ob sie im Falle ihres Todes, ihre Organe spenden wollen:
    "Die Idee, das bei der Beantragung des Personalausweises zu machen, ist die, dass alle Menschen in unserem Land, wenn sie 18 werden oder auch schon wenn sie 16 sind, den Personalausweis beantragen. Damit erfasst man alle Menschen. Und es würde dann separat Informationen geben, dass man, wenn man den Personalausweis wieder abholt, gefragt wird, ob man Organspender sein möchte", so die Grünen-Politikerin Annalena Baerbock gegenüber dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio.
    "Ja", "Nein" oder "Noch unsicher"
    Die Entscheidung: "Ja", "Nein" oder "Noch unsicher" soll dabei verbindlich in einem zentralen Register gespeichert werden.
    "Wichtig ist, dass man die Möglichkeit hat, zu sagen, man möchte Organspender sein, man möchte es nicht sein. Aber es auch eine Möglichkeit gibt, zu sagen: Ich muss mir das noch weiter überlegen. Sodass dann es dann eine Freiwilligkeit gibt. Aber eben eine viel verbindlichere, weil man aktiv von staatlicher Seite gefragt wird: Möchtest du spenden? Und dann auch das sofort vor Ort machen kann ohne dann einen Organspende-Ausweis in Papierform immer auch mit sich herumzutragen."
    Baerbocks Eckpunktepapier, über das Zeitung "Die Welt" und die "Deutsche Presseagentur" zuerst berichtet hatten, richtet sich bewusst gegen die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn.
    Dieser schlägt eine Widerspruchslösung vor. Das heißt: Jeder ist automatisch Spender, es sei denn man sagt ausdrücklich Nein.
    "Es wäre eine Pflicht, sich Gedanken zu machen. Und ich finde, angesichts der vielen vielen Tausend Wartenden, kann man auch eine solche Pflicht in einer freien Gesellschaft zumuten."
    Widerspruchslösung unbürokratischer?
    Unterstützung bekommt Jens Spahn vom SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Dem Deutschlandfunk sagte Lauterbach: Der Vorschlag von Annalena Baerbock sei zwar nicht ganz falsch, er selbst hält die Widerspruchs-Variante aber nach wie vor für die bessere Lösung.
    "Ich glaube eine Widerspruchslösung ist das einfachste. Dann kann man zu jedem Zeitpunkt widersprechen. Das heißt, selbst wenn man am Anfang widersprochen hat, kann man das dann wieder zurücknehmen. Man muss nicht die Dokumente ändern. Das halte ich für unbürokratischer. Baerbocks Vorschlag geht in die richtige Richtung, aber aus meiner nicht weit genug. Jeder sollte Spender sein, es sei denn, er widerspricht."
    Der Bedarf an Organen ist bundesweit hoch: Auf ein Spenderorgan warten und hoffen etwa 10.000 Menschen. Im vergangenen Jahr gab es mit fast 800 Organspenden einen neuen Tiefststand.
    Der Vorschlag der Grünen-Politikerin Baerbock findet unter anderem bei der Parteivorsitzenden der Linken, Katja Kipping, Anklang, bei Abgeordneten der Union und beim FDP-Politiker Stephan Thomae.
    Sich beim Personalausweis-Beantragen verbindlich festlegen zu müssen, ob man Organspender sein will oder nicht, sei zumutbar.
    "Menschenwürde endet nicht mit dem Tod"
    Und im Gegensatz zur Widerspruchslösung sachgerechter, so Thomae gegenüber unserem Hauptstadtstudio:
    "Zum einen haben wir bei uns den Grundsatz der körperlichen Integrität und der Selbstbestimmung. Und diese Selbstbestimmung, die aus der Menschenwürde ausgeht, endet nicht einfach mit dem Tod. Deswegen erscheint mir der Gedanke einer Widerspruchslösung, dass jemand durch einen aktiven Widerspruch dafür sorgen muss, dass sein Leichnam nach seinem Tod nicht sozusagen zum Allgemeingut wird, nicht sachgerecht zu sein."
    Die FDP will für die sogenannte verpflichtende Entscheidungslösung fraktionsübergreifend Mehrheiten finden.
    Dabei kann sie wohl auch auf SPD-Politiker setzen, die im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen Lauterbach, nicht auf die Widerspruchslösung setzen.
    Das sei ihr gutes Recht, so Lauterbach. Man habe noch Überzeugungsarbeit zu leisten, fügte er hinzu und warnte zugleich vor einem "faulen Kompromiss".
    Anfang des Jahres will Gesundheitsminister Spahn einen ersten Gesetzentwurf vorlegen. Im Frühjahr könnten dann die ersten Lesungen im Bundestag folgen.
    Bei einer Abstimmung soll es aber keinen Fraktionszwang geben – das Thema Organspende sei eine Gewissensentscheidung.