Seit dem 18. März 2024 gibt es auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein neues Organspende-Register.
Bürger können dort angeben, ob sie Organe spenden möchten – ganz ähnlich wie bei einem Organspendeausweis. Durch das Online-Register soll es aber einfacher werden, potenzielle Spender zu identifizieren. Vor allem aber entlastet es Angehörige im Ernstfall von einer schweren Entscheidung.
Warum wird ein Organspende-Register eingeführt?
Rund 8.500 Menschen stehen (Stand: Januar 2024) in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Laut der Stiftung Organtransplantation hat es 2023 aber lediglich 950 postmortale Spenden gegeben. Damit sei die Zahl im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht gestiegen und befinde sich nun etwa auf dem Niveau von 2018.
Dass es in Deutschland viel zu wenige Spenderorgane gibt, liegt unter anderem daran, dass potenzielle Spender oder deren Angehörige einer Organentnahme ausdrücklich zustimmen müssen. Viele andere europäische Länder wie zum Beispiel Kroatien, Spanien oder Schweden haben eine Widerspruchslösung eingeführt, bei der jeder automatisch als Organspender gilt, sofern er nicht ausdrücklich widersprochen hat. Diese Regelung hat in einigen Ländern zu einer Verdoppelung oder sogar Verdreifachung der verfügbaren Spenderorgane geführt.
In Deutschland scheiterte der Vorschlag zur Einführung solch einer Widerspruchslösung im Januar 2020. Die Abgeordneten des Bundestages einigten sich stattdessen auf den Gesetzentwurf „zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft in der Organspende“, den eine Gruppe von Abgeordneten um Annalena Baerbock (Grüne) und Katja Kipping (Linke) eingebracht hatte. Ursprünglich für 2022 geplant, wird das dabei beschlossene Register nun mit einer Verzögerung von zwei Jahren eingeführt.
Es gilt die „erweiterte Zustimmungslösung“
Auch mit dem Online-Register gilt bei Organspenden in Deutschland weiter die „erweiterte Zustimmungslösung“. Dabei können einer Person nach dem Hirntod nur dann Organe entnommen werden, wenn der Betroffene zu Lebzeiten der Spende zugestimmt hat oder wenn es ein enger Angehöriger oder Bevollmächtigter akzeptiert.
Welche Vorteile hat ein Organspende-Register?
Befürworter sehen im Organspende-Register einen ersten Schritt, um die Bereitschaft zur Organspende zu dokumentieren und schnell und einfach abzurufen. Das zentrale Register für Organspende-Erklärungen soll allen Beteiligten mehr Rechtssicherheit bieten und den Kliniken helfen, schneller zu handeln. Im Gegensatz zum Organspendeausweis, der beispielsweise verloren gehen oder nicht auffindbar sein kann, ist das Organspende-Register zu jeder Zeit verfügbar.
Wie funktioniert das Organspende-Register?
Zunächst können sich nur Personen mit einem Personalausweis mit eID-Funktion – einem elektronischen Identitätsnachweis – registrieren. Bürger, die einen Pass oder Personalausweis beantragen oder verlängern, erhalten Informationsmaterial und können sich entweder direkt im Amt oder von zu Hause aus in das neue Online-Register eintragen. Die Anmeldung ist freiwillig, kostenfrei und jederzeit revidierbar.
In Zukunft soll die Registrierung auch über die GesundheitsID möglich sein, die digitale Identität im Gesundheitswesen, die die Krankenkassen seit Beginn dieses Jahres den Versicherten anbieten müssen. Ab Juli 2024 wird es für Krankenhäuser möglich sein, auf das Register zuzugreifen. Außerdem ist geplant, dass Hausärzte alle zwei Jahre ihre Patienten über die Organspende informieren und dass das Thema in den Erste-Hilfe-Kursen im Vorfeld der Führerscheinprüfung behandelt wird.
Welche Herausforderungen bei der Organspende bleiben bestehen?
Ein Online-Register löst nicht das Problem, dass potenzielle Spender in den Kliniken möglicherweise gar nicht erkannt und getestet werden, entweder aufgrund fehlender Möglichkeiten oder durch mangelnde Kapazitäten in den Krankenhäusern. „Nur, weil nun etwas in ein Register eingetragen werden kann, erklären sich nicht automatisch mehr Menschen zur Organspende bereit“, betont der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Thomas Schmitz-Rixen. Er fordert eine verstärkte gesellschaftliche Aufklärung.
Für die Registrierung über das Smartphone braucht man eine AusweisApp, wenn man den PC nutzt, muss man die App auch auf diesem installieren und beide Geräte miteinander koppeln. Insgesamt sind acht bis neun Schritte nötig. „Es muss darum gehen, dass man möglichst einfach, möglichst niedrigschwellig diese Entscheidung dokumentieren kann“, sagt Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher von CDU und CSU. „Und da hege ich schon die Befürchtung, dass wenn’s wieder zu kompliziert ist, dass viele es einfach lassen.“
Wer kann welche Organe spenden?
Für eine Organ- und Gewebespende gibt es keine festgelegte Altersgrenze. Ob gespendete Organe und Gewebe für eine Transplantation geeignet sind, wird im Fall einer tatsächlichen Spende medizinisch geprüft. Der Organentnahme kann mit Vollendung des 16. Lebensjahres zugestimmt werden, ein Widerspruch ist bereits mit dem abgeschlossenen 14. Lebensjahr möglich. Die Organentnahme ist ausgeschlossen, wenn der Spender an Krebs erkrankt ist oder HIV-positiv getestet wurde.
Folgende Organe können gespendet werden: Herz, Lunge, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Darm.
Außerdem ist eine Spende der folgenden Gewebearten möglich: Horn- und Lederhaut der Augen, Herzklappen, Haut, Blutgefäße, Knochen-, Knorpel- und Weichteilgewebe sowie Gewebe aus der Bauchspeicheldrüse oder Leber.
Spende erst nach Feststellung des „Hirntods“ möglich
Ein Organ kommt für eine Spende infrage, wenn beim möglichen Spender der Zustand des „Hirntods“ eingetreten ist, also das Großhirn, das Kleinhirn und der Hirnstamm ihre Funktion eingestellt haben. Die Herz- und Kreislauffunktion können durch medikamentöse Behandlung und Beatmung aufrechterhalten werden.
Zwei unabhängige Ärzte müssen den vollständigen und irreversiblen Ausfall des gesamten Gehirns gemäß den Richtlinien der Bundesärztekammer feststellen, erst dann ist eine Organspende erlaubt.
Spenden von lebenden Personen in Deutschland sind auch möglich, sie unterliegen jedoch strengen Regeln, da für den Spender Risiken bestehen können. Die Person muss volljährig und einwilligungsfähig sein und über die Risiken aufgeklärt werden. Voraussetzung ist zudem eine positive ärztliche Beurteilung über die Geeignetheit als Spender. Falls ein Organ eines Verstorbenen verfügbar ist, muss dieses bevorzugt verwendet werden.
Clara Hoheisel