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Organspende
Wie tot ist ein Hirntoter?

Mehrere Skandale haben die Organspende-Diskussion zuletzt wieder aufflammen lassen, auch die damit verbundene Frage: Wann ist ein Mensch hirntot? Denn in Deutschland dürfen nur einem Toten Organe entnommen werden. Ist das Hirntodkonzept noch haltbar?

Von Thomas Liesen |
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    Nur wenige Menschen wollen einen Organspende- Ausweis. (Julian Stratenschulte/dpa)
    Der Hirntod ist weit weg von jenem Zustand, den Pathologen als Tod definieren. Totenflecken, Leichenstarre oder bereits einsetzende Fäulnis – das sind sichere Todeszeichen. Und sie müssen zwingend vorhanden sein, bevor irgendwo in Deutschland ein Totenschein ausgestellt werden darf. Doch ein solcher Toter liefert keine brauchbaren Organe. Auf Intensivstationen darf daher auch ein anderer Tod erklärt werden: der Hirntod. Ein rein neurologischer Tod. Er ist viel näher am Leben. Und viele Kritiker meinen: zu nah.
    "Auf dem Organspendeausweis steht ja drauf: Ich bin einverstanden, nach meinem Tode Organe zu spenden, und das ist ja ganz klar eine einlullende Formulierung, wir wissen genau, dass sich Menschen, wenn sie hören "nach meinem Tode", sich jedenfalls etwas ganz anderes vorstellen, als das, was bei einem Hirntoten gegeben ist."
    Letzte, maschinenähnliche Äußerungen einer Leiche
    Prof. Jürgen in der Schmitten, Allgemeinmediziner von der Uni Düsseldorf. Ein Hirntoter hat ein selbstständig schlagendes Herz, er reguliert seine Körpertemperatur, schwitzt, scheidet aus. Für Befürworter des Hirntodkonzepts sind das aber keine Lebenszeichen, sondern letzte, maschinenähnliche Äußerungen einer Leiche. Der Patient ist tot, weil sein Gehirn tot ist. Und damit fehle ihm jegliches Bewusstsein und mithin alles, was einen Menschen im Wesentlichen ausmacht. Kritiker überzeugt das nicht:
    "Weil ja auch andere Menschen ein andauernd nicht vorhandenes Bewusstsein haben, wie zum Beispiel die Patienten im sogenannten Wachkoma, die haben auch keine Bewusstheit auf dieser Großhirnebene und die müsste man dann ja auch für tot erklären."
    Dr. Tanja Krones Medizinethikerin von der ETH Zürich. Jürgen in der Schmitten plädiert dafür, die Dinge beim Namen zu nennen:
    "Die Organentnahme führt den Tod herbei, davon bin ich überzeugt, und wir müssen uns dann überlegen, ob wir das ethisch und rechtlich auf sichere Füße stellen können oder nicht."