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Orientierung im Anerkennungsdschungel

Am 1. April tritt das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Kraft: Jetzt haben Migranten einen Anspruch, ihren Beruf von der zuständigen Behörde anerkennen oder ablehnen zu lassen. Ein heute vorgestelltes Internetportal soll bei dem Verfahren helfen.

Von Jürgen König |
    www.anerkennung-in-deutschland.de - unter dieser Internetadresse findet Hilfe, wer wissen will, wie der im Ausland erworbene Abschluss in Deutschland anerkannt werden kann. Die Benutzerführung ist übersichtlich, man klickt einen "Anerkennungs-Finder" an, wird gefragt, ob man seinen Abschluss in Deutschland anerkennen lassen will, um eine Schule zu besuchen, um zu studieren oder um in seinem Beruf zu arbeiten – und erhält dann für alle drei Wege ausführliche Hinweise, was zu tun, wer anzusprechen ist.

    Etwa 500 Berufe enthält die Datenbank im Moment, wer – zum Beispiel - einen ausländischen Abschluss als Bauzeichner anerkannt wissen möchte und als Wohnort Berlin eingibt, erfährt, dass die deutschen Industrie- und Handelskammern zuständig sind und eine zentrale Anlaufstelle für alle Bundesländer eingerichtet haben: in Nürnberg. Neben entsprechenden Telefonnummern und E-Mail-Adressen erfährt man auch, dass "Bauzeichner" ein in Deutschland nicht-reglementierter Beruf ist, der auch ohne staatliche Zulassung ausgeübt werden kann, dass folglich die Bescheinigung der Gleichwertigkeit des im Ausland erworbenen Abschlusses für die Berufsausübung keine zwingende Voraussetzung ist, dass allerdings eine solche "Gleichwertigkeitsfeststellung" die Qualifikation für einen Arbeitgeber transparenter mache und damit die Bewerbungschancen verbessere.

    Es folgen Informationen zu benötigten Unterlagen, zum Verlauf des Verfahrens, zu möglichen Ergebnissen, die Handwerksordnung findet sich, links zu weiteren Beratungsstellen. Das Ganze wird in auch in besonders leichtem Deutsch und in englischer Sprache geboten – ein sympathischer Auftritt, wer sich in Warschau oder Teheran oder Istanbul für Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland interessiert, wird sich angesprochen, vielleicht sogar: eingeladen fühlen.

    Von einem "Meilenstein" wurde bei der Vorstellung des Portals und der den gleichen Service bietenden Hotline gerne gesprochen. Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung:

    "Wir hatten einen Missstand in Deutschland, wir hatten eine nicht gleichförmige Gesetzeslage, wir hatten zum zweiten keine standardisierten Verfahren zur Anerkennung, all das wird jetzt durch das Gesetz aufgeräumt, zum einen zum Wohle der Anerkennungssuchenden, die einen Zugang zum Beschäftigungssystem bekommen, zu mehr Weiterbildung, zu Ausbildung bekommen, zum anderen für die Arbeitgeber, die einen höheren Output an Fachkräftepotentiale zur Verfügung haben, zum dritten: wir werden weniger Sozialtransfers bekommen, und zum vierten: ein ganz wichtiger Beitrag auch zur gesellschaftlichen Integration in Deutschland."

    Von einem "neuen Bewusstsein" von der "Gleichwertigkeit von Ausbildungen" sprach Bundesbildungsministerin Annette Schavan von der CDU. Bei den akademischen Berufen würden internationale Abkommen schon jetzt die Anerkennung von Abschlüssen erleichtern, auch der europäische Qualifikationsrahmen biete schon Orientierung für die Anerkennungsverfahren: diese würden jetzt schneller und einheitlicher ablaufen können, und:

    "Und das dritte wird sein, und das ist zugegebenermaßen in einem föderalen Land für den einen oder anderen überraschend zu sagen: auch wenn Ausbildungen verschieden angelegt sind, gibt es doch Kriterien, aus denen sich dann heraus ergibt: es ist zwar verschieden, aber gleichwertig, und deshalb wird es auch das Bewusstsein verändern dafür, dass ich nicht die exakt gleiche Situation in Studium und Ausbildung brauche, um etwas als gleichwertig anzuerkennen."

    Für einzelne Berufsfelder, etwa Lehrer, Fachärzte, Ingenieure: sind die Länder zuständig.
    Eine Arbeitsgemeinschaft aus verschiedenen Ministerkonferenzen hat bereits eine Musterregelung für die notwendigen Anerkennungsgesetze in den 16 Ländern vorbereitet, die Gesetzgebungsverfahren in den Landesparlamenten, so heißt es bei der federführenden Kultusministerkonferenz, könnten nun zügig eingeleitet und verabschiedet werden. Annette Schavan ist sich sicher, dass genau das auch geschehen wird.

    "Alle Länder werden mitziehen, die Erfahrung mit Ländern ist. sie sind mal schneller, mal langsamer, es gibt welche, die sind so weit, die haben alle Voraussetzungen geschaffen, es gibt welche, die sollten sich jetzt sputen und wissen, dass die Argumentation, warum es jetzt aber für sie noch schwierig ist in der Praxis nicht zieht, es gibt ein Mustergesetz der Länder, und deshalb mein Appell. Ein Land, das noch nicht so weit ist, sollte jetzt zur Kenntnis nehmen: am 1.April geht es los."