Eines von vielen Hochhäusern im Großraum von Tel Aviv. Eine stylishe Dachterasse im 18. Stock. Miri Beilin posiert vor einer Gruppe von Reportern. Auf den ersten Blick könnte sie die Darstellerin einer Hochglanzserie aus New York sein. Sie trägt ein elegantes Kleid mit Blumenmuster, viel Schmuck - und sehr dicken Lippenstift. Aber dann fällt auf, dass das Kleid Arme und Beine fast vollständig bedeckt. Auf dem Kopf trägt Miri Beilin eine sehr lange Perücke.
Sie sagt: "Wir befinden uns in Bnei Brak. Es ist die Stadt mit dem größten Anteil von ultra-orthodoxen Juden in ganz Eretz Israel", sagt Miri Beilin, die in den USA geboren wurde und später auswanderte. "In diesem Viertel unserer Stadt ist ein Geschäftszentrum entstanden. Das ist in unserer Welt etwas Neues. Dass wir nicht mehr nur zu Hause oder auf der Straße arbeiten, sondern in modernen Hochhäusern."
In Bnei Brak leben fast ausschließlich ultra-orthodoxe Juden, die Haredim. Eine Welt, die sich nach wie vor von der säkularen Welt in weiten Teilen abschottet. Auch Miri Beilin ist eine ultra-orthodoxe Jüdin. Doch in dem Hochhaus hat die Dozentin für Modedesign mit ihren Kolleginnen eine kleine Revolution angestoßen. In den Seminaren der Designschule sollen ultra-orthodoxe Frauen Mode entwerfen, die zwar züchtig ist. Aber trotzdem modern.
"Nirgendwo steht geschrieben, dass eine Frau nicht schön sein darf"
"Es gibt sehr genaue Regeln. Da geht es um die Länge der Röcke und die Länge der Ärmel. Die Kleidung darf nicht zu eng sitzen. Aber offene Schuhe sind okay. Nirgendwo in der Thora steht geschrieben, dass eine Frau nicht schön sein darf. Aber wir müssen eben wissen, für wen wir die Kleidung anziehen."
Miri Beilin sagt, dass sie sich für sich selbst schön anziehe. Und für ihren Mann. Auf keinen Fall will sie mit ihrem züchtigen aber extravaganten Outfit jedoch die Blicke anderer Männer auf sich ziehen.
Die Rabbi Akiva-Straße in Bnei Brak. Das Zentrum einer Stadt, in der schon der Blick zwischen einem Mann und einer Frau verpönt ist. Manche der Frauen in Bnei Brak tragen Perücken, andere Kopftücher. Viele laufen in eher tristen, weit geschnittenen Röcken und Blusen herum. Aber nicht alle. Eine Frau trägt eine enge Bluse im Leopardenlook. Eine pinke Handtasche. Hochhackige Schuhe und dünne hautfarbene Strumpfhosen. Vor ein paar Jahren war das noch undenkbar. Die israelische Soziologin Sima Zalcberg hat das Thema erforscht. Die Moderevolution bei den ultra-orthodoxen Frauen war überfällig, sagt sie:
"Die ultra-orthodoxe Gesellschaft öffnet sich immer mehr der Mehrheitsgesellschaft. Die Haredim sind nun besser integriert. Sie gehen auf die Universität, sie nutzen häufiger das Internet und sehen dort, was in der Welt geschieht. Mittlerweile arbeiten ultra-orthodoxe Juden auch in der Welt da draußen. Und das alles hat einen Einfluss auf die Mode, auf das Make-Up und die Farben."
Im Seminarraum im modernen Hochhaus in Bnei Brak bilden Miri Beilin und ihre Kolleginnen eine neue Generation von Modedesignerinnen aus. Alles Frauen. Alle ultra-orthodox. Man ist unter sich. Und das findet Miri Beilin gut so. An der Wand hängen Fotos von den Ehefrauen der britischen Prinzen. Auch deren Outfits sind sehr zugeknöpft. Die Herzoginnen Kate und Meghan leben im Vergleich zu den Haredim von Bnei Brak in einer völlig anderen Welt. Und doch sind für große Vorbilder für die ultra-orthodoxen Modefrauen. Denn die Royals seien stylisch aber dennoch züchtig.