Das Erstaunen war groß, als die Oscar-Academy im Januar die Liste ihrer Nominierten präsentierte - und unter 20 nominierten Schauspielerinnen und Schauspielern niemand mit nicht-weißer Hautfarbe war. Zufall? Das zweite Jahr in Folge? Auf Twitter machte prompt der Hashtag #OscarsSoWhite die Runde. Denn es hätte durchaus oscarwürdige Leistungen von Schwarzen oder Latinos gegeben in diesem Jahr: Will Smith in "Erschütternde Wahrheit”, Michael B. Jordan in "Creed”, natürlich die Hauptdarsteller von "Straight Outta Compton” - und Idris Elba, der in "Beasts of no nation” den Anführer einer Gruppe Kindersoldaten spielt.
Steven Spielberg zeigt sich überrascht
Es ist kein geringerer als Steven Spielberg, der da sagt, er sei überrascht gewesen, dass Idris Elba nicht nominiert wurde. Spielberg ist selbst Mitglied der Academy, die im Grunde eine Art Berufsverband der Filmschaffenden ist, von Regisseuren über Kameraleuten bis zu Schauspielern.
Das Problem: Weil die Mitgliedschaft auf Lebenszeit gilt, überaltert die Academy langsam und spiegelt mit der Dominanz weißer, älterer Männer bei weiten nicht die aktuelle, multiethnische amerikanische Gesellschaft. Zum Beispiel leben in den USA mehr Latinos und Hispanics, als ganz Spanien Einwohner hat.
Die Academy sei sicher Teil des Problems, aber im Grunde bilde sie nur eine weiße Filmindustrie ab, sagt der schwarze Branchenkenner und ehemalige Studiomanager Franklin Leonard.
Viele wollen das ändern, auch die Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs, die selbst schwarz ist. Die Leitung der Academy hat beschlossen, bis 2020 den Anteil der Minderheiten unter ihren Mitgliedern zu verdoppeln.
Gute Rollen für schwarze Schauspieler sind selten
Davon werden aber die guten Rollen für schwarze Schauspieler nicht unbedingt mehr, sagt Hakeem Kae-Kazim. Er ist in Nigeria geboren, in England aufgewachsen, wurde an der Royal Shakespeare Company ausgebildet und hat in Filmen wie "Hotel Ruanda” und "Fluch der Karibik” mitgespielt.
Er werde als Schauspieler immer mal wieder in eine Schublade gesteckt und müsse dann oft den afrikanischen Diktator spielen, erklärt Kae-Kazim. Wenn er dagegen ein Drehbuch lese, in dem die Hauptfigur ein Vater von drei Kindern ist, der durch eine Lebenskrise geht, dann sei diese Figur fast nie schwarz, obwohl sie es natürlich sein könnte. Und folglich werde er auch nicht zum Casting eingeladen.
Viele Schwarze in Hollywood berichten von dieser Art unterschwelligem Rassismus. Das Ungleichgewicht lässt sich auch belegen: Die University of Southern California hat gerade hunderte von Film- und Fernsehproduktionen analysiert: In einem Fünftel tauchte nicht ein schwarzer Charakter auf. Und fast 90 Prozent wurden von weißen Regisseuren inszeniert. Franklin Leonard glaubt trotzdem, dass Hollywood sich ändern kann:
"Ich glaube, Hollywoods größte Hoffnung auf mehr ethnische Vielfalt entsteht, wenn die Leute erkennen, dass damit eine Menge Geld verdient werden kann: Dass der neue Star-Wars-Film ein Kassenknaller ist - mit dem schwarzen John Boyega und dem Latino Jason Isaacs. Auch die "Fast and Furious"-Filme oder "Straight Outta Compton" betonen die ethnische Vielfalt - und haben damit unglaublich viel Geld eingespielt.”