Rainer Berthold Schossig: In Bremen und Paris wird und wurde er mit Erfolg ausgestellt, aber in seiner norwegischen Heimat hat man irgendwie Vorbehalte. In Oslo soll nun eben doch kein neues Museum für den großen Maler Edvard Munch gebaut werden. Erst vor drei Jahren war entschieden worden, einen Neubau am Oslo-Fjord zu errichten, nahe der hypermodernen Oper. Jetzt hat der Stadtrat alle Neubaupläne wieder gestrichen. Es heißt, man brauche jetzt neue Gutachten, bevor man wieder entscheiden könne. – Frage an Bertold Forssman, Skandinavienexperte: Das 1963 erbaute Osloer Edvard Munch Museum, das galt ja seit Langem schon als ungeeignet. Vor sieben Jahren wurden dort mehrere Hauptwerke Munchs gewaltsam geraubt, darunter die "Madonna" und "Der Schrei". War dies vielleicht auch Anlass für die etwas übereilten Neubaupläne?
Berthold Forssman: Auf jeden Fall! Und ein weiterer Grund ist, dass der damalige Kulturminister sich durch große Prestigeprojekte hervortun wollte. Ich gebe auch das Stichwort der neuen Oper, die dort ganz in der Nähe ist, und auch das geplante neue Nationalmuseum.
Schossig: Das Munch-Museum sollte Teil eines ganz großen, großkotzigen Lambda-Projektes nahe der neuen Nationaloper – Sie haben es erwähnt – sein, auf dem offen gelassenen Hafengelände von einst. Da sollten unter anderem ja auch eine Stadtbücherei und weitere Kunstmuseen entstehen. Wie sollte das aussehen? Können Sie das noch mal skizzieren?
Forssman: Die Pläne des spanischen Architekten Herreros sehen vor, dass dort ein Hochhaus errichtet wird, das in den oberen Etagen einen Knick hat. Es ist insgesamt über 50 Meter hoch und steht dort eben unglücklicherweise an einer der sehr wichtigen Sichtachsen, die den Blick auf die gegenüberliegende Seite auf die alte Festung bilden, und deswegen ist das auch so umstritten gewesen, dieses Projekt.
Schossig: Ist das etwa dieser Teil der Küste, den man auf dem berühmten Bild "Der Schrei" sieht? Da ist allerdings alles noch unbebaut dort, da sieht man nur zwei kleine Schiffe wiegen. Und dorthin also, relativ weit vor der Altstadt, soll auch, so habe ich zumindest gehört, das charmante altmodische National Museum mitten aus der Altstadt dort hinkatapultiert werden. Das kann ja kein wirklicher Vorteil für so ein Haus und eigentlich auch nicht fürs Munch Museum sein?
Forssman: Das National Museum soll auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände entstehen, und eben das wird auch so ein Projekt der Superlative. Es ist die Frage, wollen wir dort wirklich ein solches großes bombastisches Kulturviertel, oder wird damit letztlich den Werken nicht auch ein Bärendienst erwiesen.
Schossig: Dieses Lambda-Projekt – Sie haben es etwas geschildert -, hyper-modern, aber eiskalt, konnte man sich damit eigentlich in der Stadt auch unter der, ich sage mal, Kulturbevölkerung überhaupt identifizieren?
Forssman: Generell ist die Kulturbevölkerung auf jeden Fall dafür, dass es ein neues Museum gibt – schon allein deswegen, weil der jetzige Museumsbau eine Zumutung ist und auch nicht die gesamte Sammlung von Munch umfasst. Dafür ist dort einfach gar kein Platz. Deswegen ist also die Zustimmung generell zu einem Neubau sehr groß. Umstritten waren aber eben genau diese Details, zum Beispiel dieser Ausblick.
Schossig: Wie lange wird es denn dauern jetzt, bis dieses Gutachten, von dem die Rede ist, über alternative Bauprojekte zum bisherigen Standort, der in Oslo-Tøyen liegt, überhaupt vorliegen?
Forssman: Man hat sich vorgenommen, dass man jetzt erst mal ein Jahr darüber berät. Das ist ja auch schon mal Zeit. Und letztendlich verstärkt auch das wiederum den Unmut, denn eigentlich hätte der Entwurf Lambda ja 2014 fertig sein sollen. Das bedeutet also, dass Oslo auf gar keinen Fall in der näheren Zukunft eine Lösung bekommt.
Schossig: Munch hatte ja in seinem Nachlass, in seinem testamentarisch verfügten Nachlass, einen Großteil seiner Werke der Stadt Oslo vermacht, aber eben unter der Bedingung, dass man ein Museum dafür bauen solle. Die Stadt ist also nach wie vor in der Pflicht. Wie wird das diskutiert?
Forssman: Eben, indem man nach einer neuen Lösung sucht – entweder der Neubau in der Nähe des bisherigen Museums, oder eben diesen Umzug. Also man sieht schon, dass es eine Lösung geben muss, aber die Durchführung ist umstritten.
Schossig: Ist es ein muss, oder ist es ein möchte gern? Ist ein wirkliches Wollen da? Wie ist die Stimmung? Als ich im Sommer dort in Oslo war, hatte ich den Eindruck, dass Edvard Munch noch immer ein ungeliebtes Kind seiner Geburtsstadt ist.
Forssman: Es ist sicherlich so, dass der Durchschnittsnorweger oder der Durchschnittsbewohner von Oslo schon stolz auf den Maler ist, und ich denke auch nicht, dass das konkret mit der Person oder mit dem Werk von Munch zu tun hat. Aber dieses ganze Projekt war von Anfang an einfach auch durch politische Bedingungen diktiert, und ich denke, da ist Munch ganz einfach irgendwo unter die Räder gekommen.
Schossig: Unter das große Geld auch.
Forssman: Das ist eine spannende Sache, weil Oslo ja wirklich unglaubliche Geldsummen dafür ausgibt. Aber wenn wir jetzt gerade erleben, was das für ein Chaos ist, dann merken wir: Mit Geld alleine ist es eben auch nicht getan. Wo es an einem vernünftigen Konzept fehlt, kann Geld das auch nicht ausgleichen.
Schossig: Berthold Forssman über die zunächst beerdigten Neubaupläne für ein Munch Museum in Oslo.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Berthold Forssman: Auf jeden Fall! Und ein weiterer Grund ist, dass der damalige Kulturminister sich durch große Prestigeprojekte hervortun wollte. Ich gebe auch das Stichwort der neuen Oper, die dort ganz in der Nähe ist, und auch das geplante neue Nationalmuseum.
Schossig: Das Munch-Museum sollte Teil eines ganz großen, großkotzigen Lambda-Projektes nahe der neuen Nationaloper – Sie haben es erwähnt – sein, auf dem offen gelassenen Hafengelände von einst. Da sollten unter anderem ja auch eine Stadtbücherei und weitere Kunstmuseen entstehen. Wie sollte das aussehen? Können Sie das noch mal skizzieren?
Forssman: Die Pläne des spanischen Architekten Herreros sehen vor, dass dort ein Hochhaus errichtet wird, das in den oberen Etagen einen Knick hat. Es ist insgesamt über 50 Meter hoch und steht dort eben unglücklicherweise an einer der sehr wichtigen Sichtachsen, die den Blick auf die gegenüberliegende Seite auf die alte Festung bilden, und deswegen ist das auch so umstritten gewesen, dieses Projekt.
Schossig: Ist das etwa dieser Teil der Küste, den man auf dem berühmten Bild "Der Schrei" sieht? Da ist allerdings alles noch unbebaut dort, da sieht man nur zwei kleine Schiffe wiegen. Und dorthin also, relativ weit vor der Altstadt, soll auch, so habe ich zumindest gehört, das charmante altmodische National Museum mitten aus der Altstadt dort hinkatapultiert werden. Das kann ja kein wirklicher Vorteil für so ein Haus und eigentlich auch nicht fürs Munch Museum sein?
Forssman: Das National Museum soll auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände entstehen, und eben das wird auch so ein Projekt der Superlative. Es ist die Frage, wollen wir dort wirklich ein solches großes bombastisches Kulturviertel, oder wird damit letztlich den Werken nicht auch ein Bärendienst erwiesen.
Schossig: Dieses Lambda-Projekt – Sie haben es etwas geschildert -, hyper-modern, aber eiskalt, konnte man sich damit eigentlich in der Stadt auch unter der, ich sage mal, Kulturbevölkerung überhaupt identifizieren?
Forssman: Generell ist die Kulturbevölkerung auf jeden Fall dafür, dass es ein neues Museum gibt – schon allein deswegen, weil der jetzige Museumsbau eine Zumutung ist und auch nicht die gesamte Sammlung von Munch umfasst. Dafür ist dort einfach gar kein Platz. Deswegen ist also die Zustimmung generell zu einem Neubau sehr groß. Umstritten waren aber eben genau diese Details, zum Beispiel dieser Ausblick.
Schossig: Wie lange wird es denn dauern jetzt, bis dieses Gutachten, von dem die Rede ist, über alternative Bauprojekte zum bisherigen Standort, der in Oslo-Tøyen liegt, überhaupt vorliegen?
Forssman: Man hat sich vorgenommen, dass man jetzt erst mal ein Jahr darüber berät. Das ist ja auch schon mal Zeit. Und letztendlich verstärkt auch das wiederum den Unmut, denn eigentlich hätte der Entwurf Lambda ja 2014 fertig sein sollen. Das bedeutet also, dass Oslo auf gar keinen Fall in der näheren Zukunft eine Lösung bekommt.
Schossig: Munch hatte ja in seinem Nachlass, in seinem testamentarisch verfügten Nachlass, einen Großteil seiner Werke der Stadt Oslo vermacht, aber eben unter der Bedingung, dass man ein Museum dafür bauen solle. Die Stadt ist also nach wie vor in der Pflicht. Wie wird das diskutiert?
Forssman: Eben, indem man nach einer neuen Lösung sucht – entweder der Neubau in der Nähe des bisherigen Museums, oder eben diesen Umzug. Also man sieht schon, dass es eine Lösung geben muss, aber die Durchführung ist umstritten.
Schossig: Ist es ein muss, oder ist es ein möchte gern? Ist ein wirkliches Wollen da? Wie ist die Stimmung? Als ich im Sommer dort in Oslo war, hatte ich den Eindruck, dass Edvard Munch noch immer ein ungeliebtes Kind seiner Geburtsstadt ist.
Forssman: Es ist sicherlich so, dass der Durchschnittsnorweger oder der Durchschnittsbewohner von Oslo schon stolz auf den Maler ist, und ich denke auch nicht, dass das konkret mit der Person oder mit dem Werk von Munch zu tun hat. Aber dieses ganze Projekt war von Anfang an einfach auch durch politische Bedingungen diktiert, und ich denke, da ist Munch ganz einfach irgendwo unter die Räder gekommen.
Schossig: Unter das große Geld auch.
Forssman: Das ist eine spannende Sache, weil Oslo ja wirklich unglaubliche Geldsummen dafür ausgibt. Aber wenn wir jetzt gerade erleben, was das für ein Chaos ist, dann merken wir: Mit Geld alleine ist es eben auch nicht getan. Wo es an einem vernünftigen Konzept fehlt, kann Geld das auch nicht ausgleichen.
Schossig: Berthold Forssman über die zunächst beerdigten Neubaupläne für ein Munch Museum in Oslo.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.