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Ost-Ukraine
Die Waffen ruhen

Nach monatelangen Kämpfen in der Ostukraine haben die ukrainische Führung und die prorussischen Separatisten erstmals gemeinsam eine Waffenruhe vereinbart. Beide Seiten bestätigten das Ende der Kämpfe seit dem Abend. Auch sollen Gefangene ausgetauscht werden.

    Die Konfliktparteien in der Ukraine haben sich bei Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk auf eine Feuerpause geeinigt.
    Die Verhandlungen fanden in Minsk statt. (AFP / VASILY MAXIMOV)
    Nach dem Treffen der Kontaktgruppe mit Vertretern der OSZE, der Ukraine, Russlands und der Rebellen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ordnete der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine Feuerpause für das Konfliktgebiet Donbass an. Die Waffenruhe begann am Freitag um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr MESZ). Neben der Waffenruhe wurde Unterhändlern zufolge auch ein Truppenabzug und der Austausch aller Gefangenen vereinbart. Geplant sind auch Hilfstransporte.
    Poroschenko lobte die jüngsten Vermittlungsbemühungen der EU und hob auch einen Appell von Kremlchef Wladimir Putin hervor, der die Separatisten zum Dialog mit der ukrainischen Regierung aufgefordert hatte. "Die ganze Welt strebt nach Frieden. Nach Frieden strebt die ganze Ukraine - einschließlich der Millionen Bewohner des Donbass", sagte Poroschenko. Die Ukraine hatte zuvor lange Zeit Verhandlungen mit den von Russland unterstützten Separatisten abgelehnt.
    EU weitet Sanktionen dennoch aus
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte eine Aussetzung der geplanten neuen Sanktionen gegen Russland in Aussicht, falls die Waffen wirklich schweigen und es zu einer deutlichen Entspannung der Lage kommen sollte. Die Europäische Union verständigte sich am Abend dann aber auf neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Nach Angaben von EU-Diplomaten wurde eine "grundsätzliche Einigung auf eine Ausdehnung der Sanktionen gegenüber Russland erzielt". Das Sanktionspaket solle am Montag "im schriftlichen Verfahren" offiziell beschlossen werden. Die verschärften Sanktionen sollen den Zugang Russlands zu europäischen Finanzmärkten betreffen.
    US-Präsident Barack Obama sieht die Chancen auf eine Waffenruhe in der Ukraine noch mit Skepsis und fordert, an der Sanktionspolitik gegen Russland vorerst festzuhalten. "Wir sind natürlich hoffnungsvoll, was das Abkommen für eine Waffenruhe angeht, aber aufgrund früherer Erfahrungen auch skeptisch", sagte Obama. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte in New York, notwendig sei nun eine glaubwürdige Überwachung des Abkommens. Er forderte die Konfliktparteien auf, weiter den Dialog zu suchen.
    Heftige Kämpfe in der Ostukraine
    Unmittelbar vor der Vereinbarung in Minsk wurde in der Ostukraine noch gekämpft. Unklar war die Lage vor allem in der 500.000-Einwohner-Stadt Mariupol. Interfax zitierte einen Angehörigen der Rebellen, wonach die ersten Einheiten bereits in die Hafenstadt vorgedrungen sind. Ein ukrainischer Militärsprecher erklärte dagegen, dass man die Separatisten zurückgedrängt habe. Die Hafenstadt am Asowschen Meer liegt strategisch wichtig auf etwa halbem Weg zwischen der russischen Grenze und der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Zudem ist sie bedeutend für den ukrainischen Stahlexport.
    Die Kämpfe zwischen den ukrainischen Regierungssoldaten und den prorussischen Separatisten hatten Mitte April begonnen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bislang fast 2.600 Menschen in dem Konflikt ums Leben kamen. Mindestens 340.000 Menschen sind geflüchtet. Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Rebellen mit Waffen und regulären Truppen zu unterstützen. Russland bestreitet das und stellt den Konflikt als innerukrainische Angelegenheit dar.
    (pg/ach)