Der Garten des 28. Mai im Zentrum der mosambikanischen Hauptstadt Maputo. Ein paar Bäume machen den kleinen Park zu einer grünen Insel im grauen Meer der Häuserblocks drum herum. Auf den Hauptstraßen nebenan drängelt der Berufsverkehr.
Wie jeden Morgen hissen José und seine Freunde eine frisch gewaschene, schwarz-rot-goldene Flagge mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Eine DDR-Flagge.
Wie jeden Morgen hissen José und seine Freunde eine frisch gewaschene, schwarz-rot-goldene Flagge mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Eine DDR-Flagge.
"Es ist Deutschland in Mosambik. In der Hauptstadt Maputa. Es ist das German Hauptquartier. Das ist Treffpunkt. Das ist unsere Identität."
Täglich treffen sich hier die Madgermanes – die portugiesische Verballhornung von "Made in Germany". Ein Dutzend mosambikanischer Männer, die eines gemeinsam haben: Sie haben lange in der DDR gelebt.
"Wir sind Kumpel. Wir sitzen hier und quatschen: 'Wie war das in Chemnitz, wie war das in Magdeburg?'"
Know-how für den Wiederaufbau
Ende der 70er-Jahre brauchte Mosambik nach dem Unabhängigkeitskrieg dringend Know-how und gut ausgebildete Fachkräfte für den Wiederaufbau. Also hat das Land knapp 20.000 junge Männer zum arbeiten und studieren in die DDR geschickt. Ein Deal zwischen zwei sozialistischen Bruderstaaten. Gelebte Völkerfreundschaft, wie das DDR-Fernsehen damals gepriesen hat.
José und seine Freunde waren Anfang 20, als sie auf Ausbildungsmission in die DDR gegangen sind. Sie träumten von einem besseren Leben – und hatten das dort auch. Sie haben als Glaser, Optiker, Gleisbauarbeiter gearbeitet. In Textilfabriken und Bergwerken.
Aus unterentwickelten Dörfern in der mosambikanischen Provinz kamen sie in die Glitzerwelt von Chemnitz, Gera, Magdeburg und Pirna. Sie verdienten gutes Geld, gingen in Diskotheken und Freibäder, hatten Autos. Bei den deutschen Frauen waren die Mosambikaner beliebt, einige haben geheiratet und Kinder bekommen. Kurzum: José und seine Freunde hatten jede Menge Spaß im Wunderland DDR.
"Alles war wunderbar. Jedes Wochenende haben wir Party gemacht. Beim Fußball. Wir haben gesoffen. Viel Spaß. Es war gut."
"Alles war wunderbar. Jedes Wochenende haben wir Party gemacht. Beim Fußball. Wir haben gesoffen. Viel Spaß. Es war gut."
Aber nach der Wende war es vorbei mit dem Glitzerleben. Anders als die türkischen und italienischen Gastarbeiter in West-Deutschland, durften die Mosambikaner im Osten nicht bleiben. Sie mussten ihre neue Heimat, ihre Arbeit, ihre Freunde verlassen.
In einem Township am Rande von Maputo sitzt Enriques auf einem Plastikstuhl und blättert durch ein vergilbtes Album. Ein paar Schwarz-Weiß-Fotos, ein paar alte DDR-Dokumente – viel mehr ist ihm nicht geblieben von seiner Zeit im gelobten Land. Außer einem Sohn, den er aber ewig nicht mehr gesehen hat.
"Ich habe Sehnsucht nach meiner Familie. Mein Sohn! Ich habe ihn das letzte Mal gesehen als er sieben Jahre war. Das war vor 25 Jahren."
Vergessene Elite
Als die Madgermanes vor 25 Jahren zurückgekehrt sind, haben sie sich als Elite des neuen Mosambik gefühlt. Gut ausgebildet, verhältnismäßig reich. Als diejenigen, die das Land nach vorne bringen würden. Aber das Land scheint sie vergessen zu haben, meint Enriques.
"Seit ich hier angekommen bin, war ich nie glücklich. Ich wollte ein gutes Leben haben mit Autos und Wohnung. Aber das gibt es nicht."
Stattdessen: Gelegenheitsjobs, Armut, keine Perspektive. Und dann ist da noch das viele Geld, das der Staat den Madgermanes schuldet: In der DDR wurden etwa 60 Prozent des Lohns der mosambikanischen Arbeiter einbehalten und direkt an Mosambik geschickt. Das Land hat damit seine Schulden bei der DDR bezahlt. Für Maschinen, Lastwagen und Fabriken. Nach ihrer Rückkehr – so das Versprechen damals - sollten die Männer ihr Geld bekommen. Sie warten heute noch darauf.
Stattdessen: Gelegenheitsjobs, Armut, keine Perspektive. Und dann ist da noch das viele Geld, das der Staat den Madgermanes schuldet: In der DDR wurden etwa 60 Prozent des Lohns der mosambikanischen Arbeiter einbehalten und direkt an Mosambik geschickt. Das Land hat damit seine Schulden bei der DDR bezahlt. Für Maschinen, Lastwagen und Fabriken. Nach ihrer Rückkehr – so das Versprechen damals - sollten die Männer ihr Geld bekommen. Sie warten heute noch darauf.
"Wir wollen, was uns gehört. Wir haben gearbeitet, Geld verdient und nach Mosambik überwiesen. Bislang haben wir nichts zurückbekommen. Aber wir warten hier, bis wir irgendwann das Geld zurückbekommen."
Im Madgermanes-Hauptquartier, dem kleinen Park im Zentrum Maputos holen die Männer die schwarz-rot-goldene Flagge mit Hammer und Zirkel ein. Morgen werden sich die DDR-Veteranen wieder hier treffen. Für ihr Geld protestieren. Und sich nach ein paar Flaschen Laurentina-Bier selig an die gute alte Zeit in der DDR erinnern – dem Land ihrer Träume.
"Für mich war Deutschland das Beste."