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Osteuropa-Experte
"Das Regime Putin weiß, dass es seinen Zenit überschritten hat"

Die Führung in Russland habe die jungen, protestierenden Menschen zu einem gewissen Maß aufgegeben, sagte der Osteuropa-Experte Janis Kluge im Dlf. Darin zeige sich die Anerkennung der eigenen Schwäche dieses Regimes.

Janis Kluge im Gespräch mit Birgid Becker |
Proteste in Wladiwostok, Polizisten tragen einen Demonstranten weg
Erneut gab es Proteste mit Festnahmen in Sankt Petersburg und Wladiwostok (Archivbild) (picture alliance/dpa/TASS | Yuri Smityuk)
Russische Einsatzkräfte gingen an diesem Samstag erneut nach Protesten gegen die Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny mit Gewalt gegen regierungskritische Aktivisten vor. In Sankt Petersburg und Wladiwostok gab es Festnahmen und Hausdurchsuchungen. Wie stark werden die Proteste zur Belastung für Russlands Präsidenten Wladimir Putin? Der Osteuropa-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Janis Kluge ist der Meinung, dass das Bedrohungspotenzial für Putin in Deutschland überschätzt wird.

"Jeder einzelne hat viel zu verlieren"

Es gebe allerdings eine neue Zuspitzung, einen neuen Umgang des russischen Staates mit den Protesten, so Kluge im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. "Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der staatliche Repressionsapparat in Russland sehr sehr mächtig und gewieft ist." Die Proteste seien immer noch verhältnismäßig klein und solange eine kritische Menge nicht erreicht sei, habe jeder Einzelne noch viel zu verlieren, wenn er protestieren gehe, sagte Kluge. Der Osteuropa-Experte glaubt, dass der russische Staat wahrscheinlich in den nächsten Wochen erreichen werde, was er wolle und die Protestwelle beenden könne.
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Das Team um Kreml-Kritiker Nawalny habe inzwischen dazu aufgerufen, dass die Protestierenden sich zurückhalten. "Ich glaube, dass es durch eine breite Protestwelle, die in erfolgreichen Repressionen endet, zu einer breiten Enttäuschung kommt. Es gab so was auch früher schon mal in den letzten Jahren in Russland, dass wenn sich so ein Momentum in den Repressionen verliert, dass das sehr demoralisierend ist. Das wollte man vermeiden", so Kluge. Es seien auch noch viele Nawalny-Unterstützer in Haft, die Bewegung habe sich aufgerieben. Das sei der Hintergrund der Entscheidung, erstmal keine großen Proteste anzusetzen. Man werde es im Frühjahr wieder versuchen.

Schaden für die Legitimität des Regimes

Schon 2011 und 2012 habe es Protestwellen gegeben, die seien im Unterschied zu heute genehmigt gewesen, endeten allerdings auch in Gewalt. Die Situation heute sei aber anders. "Ich denke, dass das Regime Putin weiß, dass es seinen Zenit überschritten hat", sagte Kluge. "Spätestens seit dem Ende der Euphorie der Krim-Annexion wird es immer schwieriger, eine genuine Unterstützung in der Bevölkerung zu halten. Das hat viel mit der wirtschaftlichen Situation, der Korruption und mit der Rentenreform zu tun."
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Die Reaktion auf die derzeitigen Proteste sei ein Beleg dafür, dass das Regime wisse, dass sein Zenit überschritten sei. Das extrem harte Durchgreifen habe ein weiteres Mal der Legitimität des Regimes geschadet. "Man lässt zu, dass Bilder entstehen, die für viele sicher abschreckend sind." Das zeige, dass man zumindest diese junge Menschen, die zusammengeprügelt wurden, zu einem gewissen Maß aufgegeben habe. "Man rechnet nicht damit, dass man die, die Nawalny mit seinen Videos erreicht, dass man die nochmal zurück einbinden kann in einen gesellschaftlichen Konsens, der das Regime unterstützt." Darin zeigt sich für Kluge die Anerkennung der eigenen Schwäche des Putin-Regimes.