Archiv

Outdoor-Produkte
Der Wanderer und sein ökologischer Fußabdruck

Aufblasbarer Fahnenmast für den Gipfel, faltbares Koch- und Trinkgeschirr: neben Spielereien gibt es Nützliches für Wanderer und Bergsteiger wie Schlafsäcke und Funktionsbekleidung. Sie sollen atmungsaktiv, reißfest, leicht sein, zum anderen auch Natur- und umweltverträglich - eine Herausforderung

Von Thomas Wagner |
    Wanderer steigt über einen Felsen auf Korsika
    Ab in die Berge. Aber geht´s auch ein bisschen ökologischer bei der Ausrüstung, fragen sich immer mehr Outdoor-Fans. (imago / Blickwinkel)
    "Das Basismaterial ist eine neue Flüssigkristall-Polymer-Technologie. Wir nennen das Liquid-Chrystal-Polymer. Und das Ergebnis ist ein Material, dass eine hohe Reißfestigkeit hat, das eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Abrieb hat und als Material sehr, sehr leicht ist. Der 35 Liter Rucksack wiegt 1170 Gramm."
    Der Öko-Schlafsack. Farbe: beige, durchwoben mit dunklen Schlieren. Markus Ernst vom baden-württembergischen Hersteller Vaude:
    "Wir verwenden nur recyceltes Material oder Naturmaterialien. Wir haben im Innenmaterial nur recyceltes Polyester. Das Außenmaterial ist recyceltes Polyamid, das alte Teppiche sind oder alte Bekleidung ist. Das wird großflächig und hinterher zu Granulat verarbeitet. Die Isolationsschicht... das ist sowas wie eine Kakaobohne, so ähnlich wie Baumwolle. Daraus haben wir die Isolationsmaterialien gefertigt."
    Mix aus nachwachsenden Rohstoffe und High-Tech
    Und damit gibt es beim Outdoor-Zubehör zwei - auf den ersten Blick - gegenläufige Trends. Zum einen der nach hoher Funktionalität wie Leichtigkeit, Stabilität und Reißfestigkeit. Auf der anderen der der nachhaltigen, umweltverträglichen Produktion.
    "Sie haben recht. Das polarisiert ein bisschen - auf der einen Seite nachwachsende Rohstoffe zu verwenden, auf der anderen Seite High-Tech."
    Gibt denn auch Bernd Kullmann zu. Er war bis vor kurzem Chef eines großen deutschen Outdoor-Herstellers, gilt nun, im Ruhestand, als fachkundiger Outdoor-Berater. Einen Gegensatz zwischen funktionalen Kunststoff-Produkten und solchen aus Öko-Materialien zu konstruieren, hält er allerdings nicht für sinnvoll. Denn:
    "Beide Linien braucht's. Denn wenn ich mich extrem positioniere, entweder bei der Besteigung eines 8000ers oder der Eiger Nordwand, brauche ich wirklich optimale Ausrüstung. Und die kann ich in der Qualität und in der Leistungsfähigkeit mit nachwachsenden Rohstoffen noch nicht herstellen."
    Kunden achten zunehmend auf umweltverträgliche Herstellung
    Doch nicht jeder, der seine Freizeit unter freiem Himmel verbringt, ist ein Extrem-Bergsteiger. Zwar freut sich auch der Wanderer über jedes Gramm, das ein Rucksack bei gleicher oder sogar höherer Stabilität weniger wiegt, was eigentlich für funktionale Kunststoff-Fasern spricht. Dennoch achten die Kunden zunehmend auf umweltverträgliche Herstellung. Bernd Kullmann, ehemaliger Outdoor-Manager:
    "Ich denke, dass die Konsumenten sensibler geworden sind. Dass das Thema Natur und Erhalt der Natur gerade durch die dauernden Meldungen über Plastik in den Meeren und Klimaerwärmung Wirkung gezeigt haben und viele Leute ein wenig mehr darauf achten, was sie kaufen und dabei Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen einsetzen."
    Oder eben aus Recycel-Materialien. Bernd Kullmann warnt in diesem Zusammenhang von einer generellen Kunststoff-Hysterie. Denn maßgeblich für den 'ökologischen Fußabdruck', also für die Umweltverträglichkeit, sei auch die Lebensdauer einer Jacke oder eines Rucksacks. Und die hat sich bei modernen Funktionsfasern auf Kunststoff-Basis enorm erhöht, betont auch Hans Oberhofer:
    "Der ökologische Fußabdruck heißt auch: Wie lange kann ich das Material verwenden? Wenn ich heute eine Jacke kaufe und habe sie über viele Jahre im Einsatz und sie ist reparierfähig, das heißt: sollte mal ein Defekt auftreten, kann ich sie reparieren und muss sie nicht entsorgen, ist das auch ein hoher Grad von Nachhaltigkeit."
    Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff
    Will heißen: Umweltbewusste Verbraucher, so die Fachleute, sollten ihre Entscheidung nicht nur nach den Ausgangsmaterialien eines Produktes fällen, sondern auch nach der Lebensdauer. Je höher die Lebensdauer, desto weniger wird der Abfall-Kreislauf belastet. Hinzu kommt, Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Immer mehr versuchen die Hersteller, für ihre Produkte nicht nur erdöl-basierte, sondern natürliche, pflanzlich basierte Kunststoffe zu verwenden. Was sich wie ein Gegensatz anhört, ist keiner, meint Markus Ernst:
    "Man kann Kunststoffe bio-basiert herstellen. Der Schlafsack hier... die Reißverschlüsse, die Schnallen, die da dran sind, wurden aus Rizinus-Öl gewonnen und nicht aus erdöl-basiertem Kunststoff. Und da kann man manchmal Performance-Vorteile haben: Also unsere Schnallen hier, die sind nicht mehr zerbrechlich. Die bieten eine größere Performance als die Materialien, die man herkömmlich kennt aus erdöl-basierten Kunststoffen."