Ralf Krauter: Im Koalitionsvertrag, den CDU/CSU und SPD gestern in Berlin präsentiert haben, spielt auch die Forschungspolitik ein wichtige Rolle. So ist da zum Beispiel nachzulesen, dass die Forschungsausgaben in Deutschland in den kommenden Jahren steigen sollen - und zwar von den heutigen rund 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf mindestens 3,5 Prozent bis 2025. Maßgeblich mitverhandelt am Koalitionsvertrag hat der CDU-Bundestagabgeordnete und Experte für Forschungspolitik Dr. Stefan Kaufmann. War die Erhöhung des Etats für Forschung und Innovation zwischen CDU/CSU und SPD unstrittig?
Stefan Kaufmann: Ja, das war unstrittig, erfreulicherweise. Wir hatten uns ja Mitte der letzten Legislatur auch darauf verständigt intern, dass wir die 3,5 Prozent des BIP anstreben für Forschung und Innovation, wohlwissend, dass das natürlich auch Geld kostet. Nicht nur für den Bund im Übrigen, sondern auch für die Unternehmen, die entsprechend auch ihre Etats dann erhöhen müssen - zwei Drittel der Forschungsmittel kommen ja immer noch aus der Privatwirtschaft.
Aber ich bin sehr glücklich, dass wir das auch so deutlich reingeschrieben haben. Und der Bund will jetzt hier zwei Milliarden Euro bis 2021 mehr investieren in die Forschung und Entwicklung. Im Übrigen haben wir es endlich auch geschafft, die steuerliche Forschungsförderung im Koalitionsvertrag zu verankern. Das ist auch ein großer Erfolg, auf den ich stolz bin.
"Innovationen fördern, wenn wir sozusagen ein Ziel vorgeben"
Krauter: Sie haben ja da maßgeblich mitverhandelt. Was sind denn, aus Ihrer Sicht, abseits der finanziellen Eckpunkte, die drei wichtigsten Wegmarken, die da eingerammt wurden in den Boden, speziell im Bereich Forschungspolitik?
Kaufmann: Also im Bereich der Forschung, dass wir den Pakt für Forschung und Innovation verstetigen, ab 2021 mit einem jährlichen Aufwuchs von drei Prozent, also was wir jetzt die letzten Jahre ja auch hatten auf Basis des Bund-Länder-Schüssels. Das war natürlich wichtig für die Forschungsorganisationen. Wir wollen die High-Tech-Strategie weiterentwickeln mit dem Schwerpunkt vor allem Digitalisierung und hier insbesondere Künstliche Intelligenz, mit dem Schwerpunkt Gesundheit, Klima und Energie, Mobilität, Sicherheit und auch soziale Innovation und Zukunft der Arbeit. Das würde ich so als die zentralen Themen nennen.
Wir wollen neue Förderinstrumente einführen. Das war in der Diskussion die letzten Jahre, dieses Thema Sprunginnovation: Also wie können wir sozusagen Innovationen fördern, die jetzt nicht aus dem Bestehenden heraus entwickelt werden? Sondern wenn wir sozusagen ein Ziel vorgeben, wie das die Amerikaner gemacht haben: Wir wollen in zehn Jahren zum Mond! Was ist da jetzt erforderlich? Eine mehr zielorientierte Förderung eben solcher Sprunginnovationen - das steht jetzt im Koalitionsvertrag drin. Was uns auch wichtig war, als Union vor allem, ist das Thema Transfer. Manchmal ist der Transfer von der Forschung in Produkte dann doch noch ein Problem. Das haben wir jedenfalls so ausgemacht, und deshalb steht an vielen Stellen jetzt auch im Koalitionsvertrag, dass wir mit unseren Instrumenten insbesondere das Thema Transfer auch in den Blick nehmen wollen.
"Differenzen gibt es immer über das Thema Exzellenz"
Krauter: Gab es denn Punkte, die wirklich strittig waren bei diesen Verhandlungen?
Kaufmann: Na ja, in Details. Wir haben natürlich ein bisschen unterschiedliche Themenschwerpunkte. Uns geht es schon stark um Digitalisierung, Mobilität, Klima. Die SPD hat so ein Thema wie jetzt Zukunft der Arbeit, das ihr sehr wichtig ist: Wie verändert sich die Arbeitswelt? Aber das kann man ja alles unter einen Hut bringen. Das steht jetzt eben auch beides im Koalitionsvertrag. So ein bisschen Differenzen gibt es immer über das Thema Exzellenz. Wir wollen natürlich eine ganz klar exzellenzausgerichtete Forschungsförderung. Mit dem Begriff Exzellenz tut sich die SPD aber hin und wieder noch schwer, obwohl Edelgard Buhlmahn ja damals die Exzellenzinitiative ins Leben gerufen hat. Also wie breit kann eine Spitze sein, das ist manchmal ein bisschen die Diskussion. Wir sagen natürlich, klar, wir müssen uns als Bund konzentrieren auf die Förderung von Spitzeneinrichtungen. Da hat die SPD sicherlich manchmal in Nuancen noch eine etwas andere Vorstellung. Aber da konnten wir uns auch entsprechend auf Formulierungen einigen. Es war überhaupt eine ganz kollegiale Atmosphäre bei uns in der Verhandlungsgruppe.
Bei Nutzung persönlicher Daten "etwas offensiver werden"
Krauter: Ich habe gelesen, die künftige Bundesregierung will eine Daten-Ethikkommission einsetzen. In welchen Bereichen soll die Handlungsempfehlungen erarbeiten? Da geht es ja wahrscheinlich um Big-Data-Analysen, die Privatsphäre des Einzelnen und all solche Dinge?
Kaufmann: Na ja, wir haben in Deutschland natürlich ein großes Problem, weil wir gehen anders mit großen Datenmengen um als jetzt andere Staaten in Asien, in den USA. Aus unserer Sicht ist es schon so, dass wir in den weltweiten Entwicklungen, die eben sehr oft mit der Nutzung von Daten zu tun haben, etwas offensiver werden müssen, etwas liberaler. Aber natürlich müssen wir auch schauen: Wo sind Grenzen bei der Nutzung dieser persönlichen Daten? Und das soll diese Kommission leisten. Schauen wir mal, was rauskommt.
"Ich freue mich, wenn Hermann Gröhe das macht"
Krauter: Nach allem, was man so liest, dürfte Hermann Gröhe wahrscheinlich der Nachfolger von Johanna Wanka werden. Schmerzt Sie das, denn auch Sie wurden ja von manchen als künftiger Minister für Forschung und Bildung gehandelt?
Kaufmann: Nun ja, es ehrt mich natürlich, dass ich da auch im Gespräch war. Aber es gibt ja auch Länderquoten, und Baden-Württemberg hat schon den Bundestagspräsidenten, man hat den Fraktionsvorsitzenden und es wird jetzt wahrscheinlich eine Baden-Württembergerin auch Ministerin werden. Von daher war das Tableau dafür sehr eng gewesen. Ich freue mich, wenn Hermann Gröhe das macht. Der ist langjährig erfahren in verschiedenen Ministerien und ich weiß, dass ihm die Themen auch wichtig sind. Er hat ja als Gesundheitsminister schon viel mit dem Thema Gesundheitsforschung zu tun gehabt. Also ich traue ihm das zu und freue mich auf die gute Zusammenarbeit.
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