Gunnlaugsson ist der erste prominente Politiker, der wegen der "Panama Papers" zurückgetreten ist. Er hatte vor seinem Rücktritt noch versucht, sich mit Neuwahlen möglicherweise im Amt zu halten. Präsident Olafur Ragnar Grimsson wies seinen Antrag auf Auflösung des Parlaments ab mit der Begründung, er wolle zunächst mit dem Regierungspartner von Gunnlaugssons Fortschrittspartei sprechen, der Unabhängigkeitspartei.
Deren Chef Bjarni Benediktsson sagte isländischen Medien nach einem Treffen mit dem Präsidenten am Dienstagabend, er wolle an der Zusammenarbeit mit der Fortschrittspartei festhalten und die Situation mit dem neuen Regierungschef Johannsson diskutieren. Er habe keine Ambitionen, selbst Ministerpräsident zu werden. "Das hier wird heute nicht zu Ende sein", sagte Benediktsson. "Die nächsten Tage werden wir dazu nutzen, zu sehen, wie die Regierung sich verändern wird." Es könne weiter sein, dass vor dem regulären Termin 2017 neu gewählt werden müsse.
Die Opposition hatte am Montag im Parlament bereits einen Misstrauensantrag gegen den Regierungschef gestellt. Zudem hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Polizei sprach von der größten Demonstration in der Geschichte Islands. Auf der Insel leben 330.000 Menschen, etwa 12.000 nahmen an den Protesten teil.
Gunnlaugsson bricht Fernsehinterview ab
Die am Wochenende von einem internationalen Journalistenkonsortium veröffentlichten Daten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama belegen nach Angaben von Medien, dass Gunnlaugssons Frau eine Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln betrieb, die Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes hielt. Nach seiner Wahl ins Parlament 2009 verkaufte der Politiker seinen Anteil an der Briefkastenfirma an seine Frau - zum Preis von einem Dollar.
Diese Geschäfte legte er auch dann nicht offen, als er 2013 zum Regierungschef gewählt wurde. Ob Gunnlaugsson tatsächlich Steuern hinterzogen und gegen Gesetze verstoßen hat, ist noch unklar. Er beteuert, den isländischen Fiskus nicht hintergangen zu haben.
Den Eindruck, er habe etwas zu verbergen, hat Gunnlaugsson dennoch gefördert. Er brach kürzlich ein Fernsehinterview ab und verließ den Raum, als ein Fernsehjournalist ihn vor laufender Kamera auf Verbindungen zu ausländischen Briefkastenfirmen ansprach. Vorher fauchte er den Reporter an. Das war eine dumme Reaktion, gibt Gunnlaugsson hinterher zu.
Ermittlungen in Frankreich, Spanien, Niederlanden, Australien, Panama und Pakistan
Die "Panama Papers" mobilisierten die Steuerfahnder auch in anderen Ländern. Die französische Regierung will Panama wieder auf die Liste der Steueroasen zu setzen. Die Staatsanwaltschaft dort leitete Vorermittlungen wegen "Geldwäsche und Steuerbetrugs" durch Steuerpflichtige ein.
Auch die Justizbehörden in Spanien, den Niederlanden, Australien und in Panama beschäftigen sich mit den Vorgängen. Pakistans Premierminister Nawaz Sharif, der wegen Offshore-Geschäften seiner Familie in der Kritik steht, kündigte die Einrichtung einer Untersuchungskommission an.
US-Präsident Barack Obama forderte mehr internationale Kooperation bei der Bekämpfung der Steuerflucht. Es sei ein gewaltiges globales Problem. Reiche Bürger und Unternehmen nutzten Schlupflöcher, zu denen normale Steuerzahler keinen Zugang hätten. "Vieles davon ist legal. Und das ist das Problem."
Russland und China dementieren Verbindungen
In den "Panama Papers" tauchten auch die Namen von Vertrauten weiterer Spitzenpolitiker auf. Ein Kreml-Sprecher stellte erneut klar, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nichts mit Bankkonten in Steueroasen zu tun habe, die ein befreundeter Musiker dort halte. Die Dokumente über das Offshore-Vermögen des Cellisten Sergej Roldugin seien von einem internationalen Konsortium investigativer Journalisten "gewollt" dahingehend interpretiert worden, kritisierte er.
China wies Berichte über Verbindungen von Verwandten chinesischer Politiker, darunter auch Präsident Xi Jinping, zu den Briefkastenfirmen zurück. Derartige Artikel seien gegenstandslos, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Deswegen werde er sie auch nicht kommentieren. Die Staatsmedien berichteten nicht darüber.
Großbritanniens Premierminister David Cameron ließ über einen Sprecher mitteilen, dass es sich bei den Finanzgeschäften seiner Familie um eine private Angelegenheit handele. Britische Medien hatten unter Berufung auf die "Panama Papers" berichtet, der Investmentfonds von Camerons verstorbenem Vater habe dank einer komplizierten Konstruktion über Jahrzehnte die Zahlung von Steuern vermieden.
(hba/kis)