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Pandemie-Bekämpfung
Der nächste Ausbruch kommt bestimmt

Durch die Ebola-Epidemie starben in Westafrika zwischen 2014 und 2016 mehr als 11.000 Menschen. Für viele war das ein Weckruf: Denn der Ausbruch hätte früher eingedämmt werden können, wenn Behörden schneller reagiert hätten. Das World Health Summit beschäftigte sich nun mit einer besseren Pandemie-Prävention.

Von Volkart Wildermuth |
    Vier Kinder im Schulkindalter laufen vor einer knallroten Mauer mit der weißen Aufschrift "Ebola".
    Kinder unter fünf Jahren und ihre Mütter gehören oft zu den ersten Betroffenen von Viruserkrankungen. Aus diesem Grund sind frühe Diagnosen wichtig (DOMINIQUE FAGET / AFP)
    Ebola, eine Krankheit, die in Zentralafrika immer wieder Menschen tötet, aber sich nie weitere ausbreitete, wird plötzlich in Westafrika zum Flächenbrand. Vor Ort wurde Ebola zu spät erkannt, von den Regierungen zu spät eingestanden, die Weltgesundheitsorganisation hat zu spät reagiert.
    Am Ende konnte Ebola gerade noch einmal so eingedämmt werden. Für viele Forscher, Ärzte, Politiker war Ebola ein Weckruf. So wurde zum Beispiel die Koalition für Innovationen für die Vorbereitung auf Pandemien gegründet. (Englisch: Coalition for Epidemic Preparedness Innovations, kurz CEPI)
    So schnell ist eine Organisation noch nie gegründet worden, sagt Dr. Trevor Mundel von der Bill & Melinda Gates Stiftung für globale Gesundheit. CEPI soll neue Wege zur schnelleren Produktion neuer Impfstoffe eröffnen und arbeitet derzeit an mehreren konkreten Impfstoffen zum Beispiel gegen das Lassa Fieber oder das MERS Virus.
    Ausbrüche früher entdecken
    Ein großer Fortschritt, aber nur in einem Teil des Puzzles. Christina Zarowsky, Professorin für öffentliche Gesundheitsförderung in Montreal und Kapstadt, glaubt, dass eine Verschiebung der Perspektive notwendig ist:
    "Die Bekämpfung von Ebola nahm Fahrt auf, als sich England und die USA bedroht fühlten. Wir müssen uns alle als Bürger der Erde verstehen. Nur so können wir Pandemien vernünftig bekämpfen."
    Das bedeute, dass deutsche Gesundheitspolitiker darüber nachdenken müssen, ob sie nicht in afrikanische Kliniken investieren sollten. Der Virologe Prof. Christan Drosten von der Berliner Charité möchte beginnende Ausbrüche viel früher entdecken. Oft entdecken Gemeindepfleger oder Ärztinnen in Afrika, Asien oder Lateinamerika ungewöhnliche Häufungen von Symptomen, aber es fehlen ihnen die Möglichkeit, diese genauer zu untersuchen.
    "Was wir also brauchen ist im Prinzip eine Hinterlegung dieser medizinischen Aufmerksamkeit, die tatsächlich da ist, mit Möglichkeiten wirkliche Daten zu generieren. Also die gesamte klinische Medizin, die Labor Medizin und die Möglichkeiten, frühe Krankheitsausbrüche wirklich nachzuweisen."
    Kinder unter fünf und ihre Mütter oft als erstes betroffen
    Es fehlt an Ausbildung und auch an den passenden diagnostischen Tests. Aber auch an der Bereitschaft, die mühsam gewonnen Daten schnell auszutauschen. Diese Offenheit war entscheidend bei der Bekämpfung des SARS Virus, ist aber ansonsten leider keine Selbstverständlichkeit.
    "Das verzögert aber das Vorwärtskommen, Schritt für Schritt, im Rahmen einer Epidemie, wenn man eben solche Daten zunächst einmal zurückhält damit man sie später auswerten kann."

    Solange ein Ausbruch noch klein ist, lässt er sich eindämmen. Wenn erst einmal eine ganze Region betroffen ist, ist es fast zu spät. Deshalb fördert auch die Bill und Melinda Gates Stiftung das Diagnose Netzwerk Champs.
    "Das konzentriert sich auf Kinder unter fünf und ihren Mütter und soll auch Pandemien erkennen. Diese Bevölkerungsgruppen gehören zu den ersten, die dabei erkranken."
    "Das geht nicht ohne die Pharmaindustrie"
    So kann ein neuer Erreger schneller entdeckt werden. Der erste Schritt ist dann eine schnelle Eindämmung. Aber Viren und Bakterien verschwinden nur selten, es braucht meist langfristige Strategien, die alle Aspekte der Gesundheit mit einbeziehen, betont auch Christina Zarowsky.
    "Entscheidend ist eine langfristige Finanzierung, das geht nicht ohne die Pharmaindustrie. Die entwickelt neue Geschäftsmodelle, über die zum Beispiel Malaria-Medikamente zu einem niedrigen Preis verkauft werden."
    Harald Nusser, Leiter Novarits Social Business: "Wichtig ist aus meiner Erfahrung, dass die Glaubwürdigkeit, wenn es um ein Geschäftsmodell in den Entwicklungsländern geht, viel größer ist, weil dann nicht das Risiko besteht, dass man nach drei Jahren sich wieder zurückzieht."
    Trotzt Epidemien: Bluthochdruck noch immer am tödlichsten
    Nachhaltigkeit ist wichtig und auch ein breiter Blick auf die Gesundheit, nicht nur auf Erreger, sondern zum Beispiel auf den Bluthochdruck.
    "Momentan sterben mehr Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern an Bluthochdruck, als an allen übertragbaren Krankheiten zusammen."
    Das darf man nicht vergessen, auch wenn die Schlagzeilen von Ebola, Zika und gerade aktuell in Madagaskar der Lungenpest dominiert werden.