Beim Ziel, wo es eben geht Kontakte zu reduzieren, nimmt die Politik die Wirtschaft stärker ins Visier. Den Ton hatte - bereits gestern - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller gesetzt:
"Es geht nicht, dass wir immer stärker im privaten Bereich einschränken, immer stärker bei Älteren und Familien, aber die Unternehmen weiter so tun als hätten wir kein Problem."
Schärfere Vorgaben für Unternehmen?
Mehr Homeoffice lautet deshalb eine Forderung, die Anwesenheitskultur am Arbeitsplatz passe nicht in die aktuelle Zeit, so Achim Berg, Chef des Digitalverbandes Bitkom. Für die gesamte Dauer der Pandemie sei es zwingend, ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten, sofern es die berufliche Tätigkeit zulasse. Berg hat dabei vor allem den öffentlichen Dienst im Sinn, die Mehrzahl der fünf Millionen Beschäftigten könnte von zuhause aus arbeiten. Andere wie Berlins Bürgermeister Müller blicken eher auf die Unternehmen:
"Überall, wo nicht Dienstleistungen für Bürger direkt zu erbringen sind oder wo es um direkte Produktionsabläufe geht, muss es möglich sein, die Mitarbeiter in der Phase der Pandemiebekämpfung, in der wir sind, auch zuhause zu lassen."
Doch bislang beließ es die Bundesregierung beim Appell, mehr Homeoffice zu ermöglichen. Grüne, die Linke oder auch die frisch gewählte neue Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal fordern dagegen schärfere Vorgaben für Arbeitgeber. Damit aber ist nicht zu rechnen. Schon vor Wochen war Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit dem Vorstoß, einen Rechtsanspruch auf Homeoffice einzuführen, an der Union gescheitert. Aktuell arbeiten gut zehn Millionen Beschäftigte ausschließlich zuhause. Doch nun wächst noch ein ganz anderer Druck.
"Ich bin fest überzeugt wir müssen jetzt einfach einmal komplett eine Pause machen." Sagt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow am Morgen im MDR und fordert damit als erster einen kompletten Lockdown – auch für die bislang verschonten Unternehmen aus der Industrie. Es ist ein Kurswechsel. Bislang gehörte Ramelow zu denen, bei denen etwa Angela Merkel mit ihrer Forderung nach härteren Maßnahmen abgeprallt war. Jetzt sieht Ramelow das anders, auch in den Unternehmen:
"In der Produktion geht man sich aus dem Weg, und in der Pause ist man mit Kollegen, die man seit Jahren gut kennt und denkt ‚Na ja der hat nichts‘ und der ist so sorgsam wie ich sorgsam bin. Aber tatsächlich ist der Infektionsweg der im Privaten, da wo man am positivsten denkt, wo man denkt ‚Wir kennen uns doch alle‘".
Alarmierende Infektionszahlen
Ramelow blickt auf alarmierende Infektionszahlen und hat das Gefühl, Thüringen ist bald überall. "Am 4.Januar hatten ein Plus 330, am 5. Januar von 416, am 6. Januar von 1.173, dann 1.291 und heute 1.464 neue Fälle – das heißt wir werden die Reißleine ziehen müssen, wir werden den Lockdown noch verschärfen müssen."
Doch über einen verschärften Lockdown will die Bundesregierung nicht nachdenken – noch nicht. Erst mal müssten die Beschlüsse vom Dienstag umgesetzt werden, so Regierungssprecher Steffen Seibert:
"Künftige Diskussionen sind künftige Diskussionen." Erklärt Seibert kurz und bündig, das nächste Treffen dafür sei bekanntlich für den 25. Januar angesetzt. "Und da wird wie immer nichts auszuchließen sein – und der thüringische Ministerpräsident wird seine Beiträge machen."