In den ersten Monaten der Pandemie wurden Inzidenzen noch diskutiert wie Fußballergebnisse: Kaum ein Gespräch über Corona kam aus ohne den Hinweis auf die aktuellen Zahlen. Bundesländer wurden verglichen und Schwellenwerte ersehnt, die neue, alte Freiheiten versprachen.
Interesse an Corona-Nachrichten ist geschwunden
Das hat sich längst verändert. Schon im Juni 2020 zeigte eine Erhebung der Konrad-Adenauer-Stiftung, dass ein Viertel der Befragten nicht mehr täglich Corona-Nachrichten verfolgte. Als die Pandemie ausbrach, hatten sich noch 97 Prozent der Befragten täglich informiert.
Im November 2020 diagnostizierte eine Studie der Universität Wien eine "Pandemie-Ermüdung". Ein halbes Jahr nach Beginn der Krise sei das Interesse an der Entwicklung der Fallzahlen zurückgegangen. Manche Befragte berichteten gar von einer zunehmenden Abneigung gegen Nachrichten, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.
Permanente Unsicherheit
Die Kakophonie der Berichterstattung versetze das Hirn in einen permanenten Zustand der Unsicherheit, sagte Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie, im Dlf. Die Folge sei Überforderung: "Wir wissen nicht mehr so richtig, wo oben und unten ist, und müssen irgendwie unseren Weg finden."
Sie empfiehlt, zu überlegen, wann und wie man sich über Corona-Themen informieren wolle. Sinnvoll sei es, dafür feste Zeiten festzulegen und den medialen Informationsstrom zu gewissen Zeiten auch zu beenden. Aus vielen Einzelinformationen, die wir täglich aus der Berichtererstattung über negative Einzelereignisse bekämen, würden wir uns ein Weltbild zusammenbauen, das oft negativer als die Realität sei.
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Wichtig sei auch, wie genau die Berichte zu Covid-19 ausgerichtet sind. Urner wirbt für den konstruktiven Journalismus, den zum Beispiel das von ihr mitgegründete Online-Magazin "Perspective Daily" betreibt. Dabei geht es laut Urner bei allen Themen um die Kernfrage: Wie kann es weitergehen? Das versetze das Hirn in einen anderen Modus, sodass wir neugieriger, kreativer und mutiger seien. Das befähige dazu, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen, so Urner.
Möglicherweise hängt die Unlust, Pandemie-Nachrichten zu lesen, auch mit der Art der Berichterstattung zusammen. Eine aktuelle Studie von Forschern aus Mainz und München zeigt, dass große Nachrichtenmedien besonders viel über die Maßnahmen berichteten, die Bürgerinnen und Bürger selbst ergreifen sollten.
Das habe den Eindruck vermittelt, sie seien für die Pandemiebekämpfung selbst verantwortlich, kritisieren die Forscher. Staatliche Maßnahmen, wie etwa Investitionen in Schutzmaßnahmen, hätten nur eine untergeordnete Rolle gespielt.