Die "Pandora Papers" decken heimliche Geschäfte von mehr als 330 Politikern und Amtsträgern auf der ganzen Welt mit Briefkastenfirmen auf (sogenannte Offshore-Geschäfte), darunter 35 ehemalige und amtierende Staats- und Regierungschefs wie zum Beispiel auch der ehemalige britische Premierminister Tony Blair oder Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis. In den Daten finden sich zudem mehr als 130 Milliardäre, aber auch Popstars oder Waffenhändler. Bereits 2016 gab es ähnliche Recherchen. Sie trugen den Namen "Panama Papers".
An den Recherchen zu den "Pandora Papers" waren zahlreiche internationale Medien beteiligt, etwa die Washington Post, der britische Guardian oder die BBC. In Deutschland recherchierten Reporterinnen und Reporter von NDR, WDR und SZ. Eine anonyme Quelle hat die Daten dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalistinnen und Journalisten (ICIJ) zugespielt, das die Recherchen koordinierte.
Auch wenn in den Pandora-Daten offenbar keine Namen aus Deutschland aufgetaucht sind, so sei das Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb vom Juni 2021 dennoch nur halbherzig verabschiedet worden,
kritisierte der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, im Dlf
. Denn auch in Deutschland gebe es Steueroasen. Manche Kommunen betrieben einen harten Gewerbesteuer-Wettbewerb. Eigenthaler nannte Zossen in Brandenburg und Monheim bei Düsseldorf. Auch "in der Nähe von Leipzig" gebe es eine betroffene Stadt. Dort bereichere man sich auf dem Rücken anderer, sagte Eigenthaler. "Und nichts anderes ist es auch in der internationalen Staatenwelt".
Gesetzliche Verbote
Eigenthaler forderte, dass Steueroasen international geächtet werden müssten. "Das darf nicht nur halbherzig mit irgendwelchen schwach ausgeprägten schwarzen Listen stattfinden, wie das die EU macht." In Deutschland müsse außerdem die Steuerprüfung besser werden. Eine Betriebsprüfung finde oft zu spät statt. Eigenthaler machte sich im Dlf auch für gesetzliche Verbote stark: "Dieser mörderische Steuerwettbewerb, das Anziehen von dubiosen Geld und das Aufrechterhalten von fiktiven Briefkastenunternehmen, das muss wirklich gesetzlich untersagt werden."
Pflicht zur Transparenz - und Ausnahmen
Auch Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit forderte im Dlf ein Verbot von Briefkastengesellschaften
. "Wir sollten ihnen zumindest verbieten, in Deutschland Geschäfte zu machen", sagte er. Im Steueroasen-Abwehrgesetz von diesem Jahr habe Deutschland bereits festgelegt, so Trautvetter, dass anonyme Briefkastengesellschaften, bei denen die wirtschaftlich Berechtigten nicht bekannt sind, keine Immobilie kaufen dürften. Es sei denn, sie registrierten den wirtschaftlich Berechtigten im deutschen Register. Damit ist die Anonymität aufgehoben und "quasi für illegal erklärt". Allerdings gebe es Ausnahmen von der Veröffentlichung von Namen, wenn legitime Gründe dafür bestünden, erklärte Trautvetter. "Zum Beispiel weil Kinder beteiligt sind, deren Persönlichkeitsrechte gefährdet werden. Oder wenn eine tatsächliche Gefährdung nachgewiesen werden kann." In solchen Fällen könne nach wie vor von der Transparenzpflicht abgewichen werden.
Steuergewerkschafter Thomas Eigenthaler verwies im Dlf darauf, dass man in deutschen Steuerbehörden zu wenig Zeit habe, um etwa dubiosen Firmenkonstrukten erschöpfend nachzugehen. Zudem gebe es zu wenig Personal. In deutschen Finanzämtern fehlten alleine 6.000 Leute, sagte Eigenthaler. Die Stellen seien vorhanden, man könne sie aber nicht besetzen. "Und wir könnten gut und gern noch mehr Personal gebrauchen."
Thomas Eigenthaler sagte, dass die dem Bundesfinanzministerium unterstellte Financial Intelligence Unit (FIU) schon bei ihrer Neugründung vor 20 Jahren mit Verdachtsmeldungen überschwemmt worden sei. Nicht nur Finanzämter, "sondern auch Juweliere, Banken, Immobilienfirmen" gäben solche Verdachtsanzeigen ab. "Immer dann, wenn im großen Stil mit Bargeld operiert wird." Doch auch in diesen Fällen habe es nicht genügend Personal gegeben, "um die Dinge zügig abzuarbeiten". Daher rührten auch die aktuellen Vorwürfe gegen die FIU. Deren strafrechtliche Relevanz kommentierte Eigenthaler nicht.
Christoph Trautvetter vom vom Netzwerk Steuergerechtigkeit erklärte, dass "der Geheimdienst Briefkastengesellschaften nutze, um etwa die Opposition in Syrien zu unterstützen", so dass sie Blockaden und Oppressionen ausweichen könne. Trautvetter bezeichnete dies als Ausnahmefall. "Meistens sind es vermögende Kriminelle, die die Regeln, die für alle gelten, umgehen und sich lokaler Rechenschaft, den lokalen Gesetzen und auch dem lokalen Politikprozess entziehen."
Thomas Eigenthaler verwies auf das Bedürfnis nach Diskretion in familiären Verhältnissen oder Diskretionsanforderungen gegenüber Geschäftspartnern. Diese seien jedoch unbedenklich. "Wo es keine Diskretion, wo es kein Täuschen, kein Verdecken gibt, das ist gegenüber den deutschen Finanzbehörden."
Quellen: ARD, Benedikt Strunz, aha