Der Papst sprach die "unveräußerlichen Rechte" der Menschen an. Ein würdiges Leben könne es nicht ohne religiöse Freiheit, Freiheit von Diskriminierung, und Arbeit geben. Das katholische Kirchenoberhaupt forderte eine EU, die sich nicht um die Wirtschaft, sondern "um die Heiligkeit der menschlichen Person dreht".
Kritik an Jugendarbeitslosigkeit und Umgang mit Flüchtlingen
"Viele Jugendliche haben keine Zukunftschancen", kritisierte der Papst und spielte damit auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern der EU an. Im Schnitt ist jeder fünfte junge Mensch ohne Job. Auch beim Umgang Europas mit Flüchtlingen wurde Franziskus deutlich: "Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird." In diesem Jahr kamen nach Schätzungen bereits mehr als 3.000 Menschen bei dem Versuch ums Leben, nach Europa zu gelangen.
Der Papst bedauerte, dass die Wirtschaftskrise unter gesellschaftlichen Gesichtspunkten dramatische Folgen habe. Das Misstrauen der Bürger gegenüber Institutionen wie der EU steige dadurch. Europa drohe seine Seele zu verlieren, wenn es sich nicht auf seine humanistischen Ideale zurückbesinne. Nur so könne die EU aufkeimendem Extremismus entgegenwirken.
Pope Francis @Pontifex addresses the @Europarl_EN in Strasbourg #EPlenary #EPhoto #POD pic.twitter.com/MSlC76Pk07— EU Parliament Photo (@Europarl_Photo) 25. November 2014
"Egoistische Lebensstile" statt Wertschätzung des Lebens
Der Papst kritisierte "hemmungslosen Konsumismus" und "egoistische Lebensstile", die durch "unhaltbaren Überfluss gekennzeichnet sind". Gerade diese Menschen verhielten sich aber "gleichgültig gegenüber den Ärmsten". Im Mittelpunkt der politischen Debatten stünden nicht die Menschen, sondern "technische und wirtschaftliche Fragen". Der Mensch sei in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk in einem Mechanismus zu werden, so Franziskus.
Auch Überfluss und Verschwendung kritisierte das katholische Kirchenoberhaupt. Es sei nicht zu tolerieren, dass "zahlreiche Menschen den Hungertod sterben, während jeden Tag Essen von unseren Tischen tonnenweise weggeworfen wird".
Erster Besuch eines Papstes seit 26 Jahren
Parlamentspräsident Schulz wertete die Rede als eine Ermutigung für die EU sowie für eine gute Zukunft Europas. Er dankte dem Papst mit den Worten: "Sie sind eine Persönlichkeit, die Orientierung gibt in Zeiten der Orientierungslosigkeit."
Papst Franziskus komme nicht als Politiker, sondern als Kirchenoberhaupt nach Straßburg, hatte Vatikansprecher Federico Lombardi zuvor betont. Johannes Paul II. hatte vor 26 Jahren als erster Papst vor dem Europaparlament gesprochen.
#PopeFrancis to address MEPs this morning. John Paul II's address in 1988: http://t.co/qyayURBZms #Eplenary pic.twitter.com/EPrOMQFC9K— European Parliament (@Europarl_EN) 25. November 2014