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Papst in Auschwitz
In aller Stille

Papst Franziskus hat im früheren deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz der Opfer der Nationalsozialisten gedacht. Anders als seine Vorgänger verzichtete er auf öffentliche Worte. Stattdessen betete Franziskus lange und traf sich mit Überlebenden.

    Papst Franziskus berührt mit dem rechten Arm die sogenannte "Schwarze Wand" in Auschwitz.
    Papst Franziskus gedenkt an der sogenannten "Schwarzen Wand" in Auschwitz der Holocaust-Opfer. (picture alliance / dpa / Radek Pietruszka / PAP)
    Franziskus ist der dritte Papst, der Auschwitz besucht. Ganz allein ging der Argentinier zu Fuß durch das Eingangstor des früheren Stammlagers mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei". Anschließend zog er sich auf eine Bank zurück und verharrte etwa 15 Minuten im Gebet.
    Vor der sogenannten "Schwarzen Wand", auch "Todeswand" genannt, zündete Franziskus eine Kerze an. Dort waren tausende Menschen erschossen worden. Später zog er sich zum Gebet in die frühere Zelle des Franziskanermönchs Maximilian Kolbe zurück. Der polnische Ordensmann hatte sich 1941 in Auschwitz für einen Mithäftling geopfert und war anstelle des Familienvaters in den Tod gegangen.
    Umarmung der Überlebenden
    Es gab auch eine Begegnung mit zehn Auschwitz-Überlebenden. Der Papst wechselte einige Worte mit ihnen und umarmte jeden einzelnen. Als älteste der ehemaligen KZ-Gefangenen war die fast 101-jährige Helena Dunicz Niwinska gekommen, die in Auschwitz als Violinistin im Orchester gespielt hatte. In der Gedenkstätte des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau will Franziskus auch Menschen treffen, die während des Dritten Reiches Juden vor der Ermordung gerettet haben.
    Franziskus ist nach Johannes Paul dem Zweiten und Benedikt dem Sechzehnten der dritte Papst, der das ehemalige KZ im heutigen Polen besucht. Schon vorher hatte er angekündigt, während des Besuches zu schweigen. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, sprach von einer angemessenen Geste. Polens Oberrabbiner Michael Schudrich sagte, auch vielen Besuchern versage in Birkenau die Sprache. Dort werde eine "neue Ebene des Schmerzes" erfahren.
    Das unweit von Krakau gelegene Lager Auschwitz wurde am 27. Januar 1945 von sowjetischen Truppen befreit. Von 1940 bis 1945 ermordeten die Nationalsozialisten dort Schätzungen zufolge 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen. Etwa 90 Prozent der in Auschwitz getöteten Menschen waren Juden. Dazu kamen Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene, nicht-jüdische Polen und Häftlinge anderer Nationalitäten. (jasi,tgs)