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Papst und Jesuiten
Gegen die "Ökumene des Hasses"

Papst Franziskus ist nicht bei allen Katholiken beliebt. Er hat innerkirchliche Gegner. Ein extremes Sprachrohr von ihnen ist Stephen Bannon, der Ex-Berater von Donald Trump. Doch der Papst wehrt sich – mithilfe einer Jesuiten-Zeitschrift.

Von Thomas Migge |
    Der Theologe und Journalist Antonio Spadaro überreicht Papst Franziskus eine Ausgabe der Jesuitenzeitschrift "Civiltà Cattolica". Die Zeitschrift wird zunehmend als Sprachrohr des Papstes verstanden.
    Der Theologe und Journalist Antonio Spadaro überreicht Papst Franziskus eine Ausgabe der Jesuitenzeitschrift "Civiltà Cattolica". Die Zeitschrift wird zunehmend als Sprachrohr des Papstes verstanden. (imago / Independent Photo Agency Int.)
    Rom. Vatikan. Eine Konferenz des konservativen "Dignitatis Humanae Institute". Die Anwesenden lauschen aufmerksam. Zugeschaltet ist Stephen Bannon: der bärbeißige US-amerikanische Journalist, ein katholischer Rechtsaußen. Bis vor wenigen Tagen Politikberater von US-Präsident Donald Trump. Bannon spricht via Internet aus den USA:
    "Ich bin davon überzeugt, dass der jüdisch-christliche Westen in einer tiefen Krise steckt. Es wird deshalb zu brutalen und blutigen Zusammenstößen kommen, nicht nur um den Islam einzudämmen."
    Papst contra Integralisten
    Nach der zehnminütigen Rede Bannons wird lange applaudiert. Dann diskutierte man darüber, was die Kirche gegen den allgemeinen Werteverfall und den Vormarsch des Islams tun könne. Knapp ein Jahr vor dieser Veranstaltung begann Papst Franziskus sein Pontifikat. Kein Papst im Sinn des rechten "Dignitatis Humanae Institute" und auch nicht im Sinn von Donald Trump und seinem Ex-Berater Bannon. Er und mit ihm die ultrarechten Integralisten der USA, darunter auch konservative katholische Kreise, äußern immer wieder scharfe Kritik an dem Papst aus Argentinien.
    Stephen Bannon, Chef der rechtspopulistischen Website "Breitbart News" und Ex-Chefstratege von US-Präsident Trump.
    Stephen Bannon, Chef der rechtspopulistischen Website "Breitbart News" und Ex-Chefstratege von US-Präsident Trump. (picture-alliance / dpa / CNP / Olivier Douliery)
    Jetzt schlägt Franziskus zurück. Mit Hilfe einer Zeitschrift und eines Jesuitenjournalisten, der das volle Vertrauen des Papstes genießt. Antonio Spadaro leitet seit 2011 das Monatsmagazin des Jesuitenordens "Civiltà Cattolica". Er machte aus dem 1850 zum ersten Mal erschienenen Magazin eine Art inoffizielles Hausorgan von Franziskus.
    "Papst Franziskus fragt viele Leute um Rat. Ich bin sicherlich kein Ratgeber des Papstes. Ich habe allerdings Kontakt mit ihm. Eine seiner Hauptcharaktereigenschaften ist es, dass er sehr offen ist und anderen Menschen zuhört. Ich kann Ihnen versichern: Das ist kein Papst, der irgendetwas Vergangenes der Kirche wieder beleben will. Er will die Kirche in die heutige Welt führen."
    Sprachrohr des Papstes
    Ganz im Sinn des Theologen und Journalisten Spadaro. Gleich zu Beginn des Pontifikats von Jorge Mario Bergoglio fühlte sich der Jesuit in seinen Ideen verstanden – für eine, wie er sagt, "Modernisierung der Kirche". Und so machte er sich an die Modernisierung der altehrwürdigen, aber in Aufmachung und Themenwahl leicht angestaubten Jesuitenzeitschift "Civiltà Cattolica". Spadaro thematisiert neben theologischen Fachthemen immer wieder auch Probleme aus Gesellschaft und Kultur – und machte "Civiltà Cattolica" somit zu einem immer öfter gelesenen Magazin, das in der italienischen Medien- und Kulturwelt wahrgenommenen wird.
    Spadaro und Franziskus sind befreundet und bei vielen Themen einer Meinung - wie der Zulassung Geschiedener zur Eucharistie, dem Umgang mit homosexuellen Menschen und der Einwanderungsproblematik. Das alles sorgt dafür, dass der Magazinmacher und seine Zeitschrift zunehmend als Sprachrohr des Papstes verstanden werden. Das gilt auch im Umgang mit ultrarechten katholischen Integralisten in den USA.
    "In Sachen Außenpolitik bewegt sich dieser Papst vollkommen frei, weil er sich an keine Vorgaben gebunden fühlt. Wenn ihm etwas nicht passt, dann sagt er es unumwunden."
    Breitseite gegen Hardliner
    Und zwar, auch wenn Antonio Spadaro das nicht offen sagt, mit Hilfe von "Civiltà Cattolica". Wie im vergangenen Juli. Damals veröffentlichte das Jesuitenmagazin einen langen Text unter dem Titel, zu Deutsch: "Evangelikaler Fundamentalismus und katholischer Integralismus". Verfasst von Spadaro und dem Baptistenpastor Marcelo Figueroa. Gegengelesen wurde dieser Artikel, so enthüllte die Tageszeitung "La Repubblica", vom vatikanischen Staatssekretär Pietro Parolin, von Monsignor Paul Gallagher, verantwortlich für die Beziehungen zu den USA, und von Papst Franziskus höchstpersönlich.
    Staatssekretär Pietro Parolin (m.) und der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten, Paul Gallagher (r.) bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lavrov (l.)
    Staatssekretär Pietro Parolin (m.) und der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten, Paul Gallagher (r.) bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lavrov (l.) (picture alliance / dpa / Alexander Shcherbak)
    Der Text ist eine entschiedene Breitseite gegen Hardliner Stephen Bannon, gegen Donald Trump und deren religiöses und politisches Umfeld aus Integralisten der katholischen und evangelikalen Kirchen. Dass sie eine fundamentalistische Kirche fordern, die eher auf den Kreationismus schielt und mit Darwins Evolutionstheorie hart ins Gericht geht, wird in dem Artikel scharf verurteilt. Das sorgt nicht nur in Italien für Aufsehen. Auch in den USA. Dass der Papst hinter dem Text steht, habe man auch dort begriffen, erklärt Francis X. Rocca vom "Wall Street Journal" in einer Sendung des katholischen US-amerikanischen TV-Senders "EWTN".
    "Der Artikel verurteilt ein Zusammengehen von Katholiken mit evangelikalen Fundamentalisten, bei Themen wie Schwangerschaftsabbruch, gleichgeschlechtlichen Beziehungen und auch religiöser Freiheit. Auf diese Weise entstehe, so der Tenor des Artikels, eine 'Ökumene des Hasses'".
    Hoffnung auf lange Amtszeit von Franziskus
    Die werde, so die Autoren des Artikels, von der katholischen Kirche entschieden abgelehnt. Der Artikel spricht eine deutliche Sprache, und richtet sich unmissverständlich, auch wenn sein Name nicht explizit genannt wird, gegen den Einfluss von Stephen Bannon auf Donald Trump und eine Vielzahl US-amerikanischer Katholiken.
    Eine klare Stellungsnahme gegen jüngste Entwicklungen in der amerikanischen katholischen Welt. Eine Stellungnahme, die aber im Kirchenstaat nicht allen gefällt. So soll beispielsweise Tarcisio Bertone, bis 2013 mächtiger Kardinalstaatsekretär im Vatikan, die Nummer zwei nach dem Papst, schon mehrfach, wie Vatikanexperten berichteten, die Kritik von Franziskus an katholischen Integralisten in den USA verurteilt haben.
    Antonio Spadaro von "Civiltà Cattolica" weiß, dass es nach rund vier Jahren Pontifikat von Franziskus immer noch viele rückständige Integralisten auch in der Kirchenverwaltung gibt. Er hoffe deshalb, erklärt Spadaro, dass Franziskus noch lange Papst sein wird, um diesen Einfluss so weit wie möglich aus der Kirche auszugrenzen.