Die sogenannnte "Exhortation" hat verbindlichen Charakter. Sie erscheint zweienhalb Jahre nach dem Beginn der innerkirchlichen Diskussion, damals mit einer Synode über die Themen Ehe und Familie. In dem Lehrschreiben namens dem Titel "Amoris Laetitia" ("Freude der Liebe") rüttelt Papst Franziskus nicht grundsätzlich am Lehrgebäude der katholischen Kirche, ermöglicht aber neue Freiräume.
"Moralische Gesetze sind keine Felsblöcke"
So betont der Papst, moralische Gesetze seien keine "Felsblöcke, die man auf das Leben von Menschen wirft". Die Katholiken sollten sich bei Themen wie Sex, Ehe und Familienleben vom eigenen Gewissen und nicht von festgeschriebenen Regeln leiten lassen. Die Kirche dürfe nicht länger Steine gegen diejenigen werfen, die die Ideale des Evangeliums von Ehe und Familienleben nicht erfüllten.
Wiederverheiratete: Pfarrer sollen im Einzelfall abwägen
In der Frage wiederverheirateter Geschiedener macht er diesen vage Hoffnungen auf eine Teilnahme an der Kommunion. Er appelliert an das Gewissen der Pfarrer und Priester, Einzelfälle abzuwägen. Auch Gläubige, die nach einer Scheidung wieder zivil heirateten, haben demnach ihren Platz in der Kirche und sollten "in verschiedenen Weisen stärker in die Gemeinschaft integriert werden". "Sie sollen sich nicht nur nicht exkommuniziert fühlen, sondern können als lebendige Glieder der Kirche leben und reifen", schreibt das Kirchenoberhaupt. Auf die Frage der Kommunion geht er aber nicht direkt ein.
Weiterhin gegen die Homo-Ehe
Franziskus bekräftigt in dem Dokument die Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen. Für die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe gebe es im Plan Gottes "kein Fundament". Nur die ausschließliche und unauflösliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau erfülle eine vollkommene gesellschaftliche Funktion, weil sie eine beständige Verpflichtung sei und die Fruchtbarkeit ermögliche, heißt es in dem Lehrschreiben.
"Nicht den Schöpfer ersetzen"
Franziskus kritisiert, dass Internationale Organisationen auf die Ortskirchen in der Frage der Homo-Ehe Druck ausübten und ihre Finanzhilfen für arme Länder von der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe abhängig machten.
Auch künstliche Befruchtungen lehnt der Papst als einen "Akt der Manipulation des Lebens" ab: "Verfallen wir nicht der Sünde, den Schöpfer ersetzen zu wollen!"
Zustimmung von der Deutschen Bischofskonferenz
Der Text stößt bei der Katholischen Kirche in Deutschland auf große Zustimmung: Die Deutsche Bischofskonferenz erklärte, die katholischen Seelsorger müssten künftig "in jedem einzelnen Fall die besondere Lebenssituation der Betroffenen" betrachten und könnten dann über eine Zulassung zur Kommunion entscheiden. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch meinte, er verstehe das Lehrschreiben als große Einladung an die Kirche vor Ort, sich auch in der Zuwendung zu wiederverheirateten Geschiedenen und Alleinerziehenden noch mehr zu engagieren.
(mg/ach)