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Papst zum Missbrauchsskandal in Irland
"Leid und Scham für die katholische Gemeinschaft"

Beim Weltfamilientag der katholischen Kirche in Dublin hat zumindest Papst Franziskus klare Worte gefunden. Nach neuen bekannt gewordenen Missbrauchsfällen warf er Kirchenoberen, Bischöfen und Priestern Versagen vor. Opfer fordern jetzt, dass Bischöfe, die Täter gedeckt haben, zur Rechenschaft gezogen werden.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Papst Franziskus in der Bischofskirche St. Mary´s in Dublin.
    In Irland machen sich auch viele katholische Gläubige für eine Öffnung des Priesteramtes für Frauen stark und fordern eine Erneuerung ihrer Kirche (AFP/Tiziana FABI)
    Schon bevor der Papst gelandet ist, waren sie auf der Straße: Mitten in Dublin haben sie Regenbogenfahnen aufgehängt. Auf lila Schirmen steht "Women Priests" - Frauen als Priester. Hier stehen Leute, die von sich sagen, sie seien katholisch, die aber Reformen wollen.
    Colm Holmes ist von der Organisation "Wir sind Kirche" in Irland – bei dem Weltfamilientreffen haben sie keinen Stand bekommen – jetzt machen sie eben hier auf ihre Themen aufmerksam:
    "Es gibt drei Fragen der Gerechtigkeit, von denen wir wollen, dass Papst Franziskus sie in den Blick nimmt: Erstens der Missbrauch, das muss angegangen werden, da braucht es Gerechtigkeit, vor allem dadurch, dass Bischöfe und Kardinäle zur Rechenschaft gezogen werden. Dann muss sich die Kirche für Frauen öffnen. Wir wollen, dass alle Ämter in der Kirche auch Frauen offenstehen. Und wir wollen Gerechtigkeit für Schwule, Lesben und Transgender-Menschen in der Kirche. Die Sprache der Gewalt, die sie benutzen über Gestörte und unmoralische Menschen, das muss sich ändern."
    Protest gegen Widerstände im Vatikan
    Maria Angelika Fromm ist mit dem Rollstuhl gekommen, aus Mainz angereist. Auch sie will, dass sich in der katholischen Kirche etwas bewegt, dass auch Frauen Priester werden können. Sie ist hier nicht aus Protest, sondern um den Papst zu unterstützen. In Franziskus setzt sie große Hoffnungen:
    "Ich denke, er hat großen Widerstand innerhalb des Vatikans, und deswegen sind wir hier nicht gegen ihn, sondern für ihn, um ihn zu unterstützen, mit den Reformen weiter zu machen. Und vor allen Dingen gegen diese Kräfte, die einfach keine Erneuerung wollen. Erneuerung heißt nicht, sich anzupassen, sondern das Evangelium muss für unsere Zeit umgesetzt werden. Das ist das Wichtige."
    Franziskus findet klare Worte
    Franziskus wird mit militärischen Ehren empfangen. Und gleich in seiner ersten Ansprache spricht er Klartext. Um das Thema Missbrauch kommt der Papst nicht herum, das war schon vor der Reise klar. Zu viele Fälle gab es in Irland, zu viel hat die katholische Kirche jahrzehntelang vertuscht. Opfer, Überlebende haben deutliche Worte erwartet. Der Papst spricht sie vor dem irischen Präsidenten, vor der Regierung und wichtigen Personen des öffentlichen Lebens:
    "Ich denke vor allem an die Frauen, Kinder und Waisen. Und mit Blick auf die Wirklichkeit derer, die am meisten verwundbar sind, muss ich den schweren Skandal feststellen, der in Irland durch den Missbrauch von Minderjährigen verursacht wurde - durch Mitglieder der Kirche, die sie schützen und erziehen sollten. Das Versagen der Kirchenoberen, von Bischöfen, Ordensoberen, Priestern und anderen, mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen, hat zurecht Empörung hervorgerufen und bleibt eine Ursache von Leid und Scham für die katholische Gemeinschaft."
    Kritiker fordern Papst zum Handeln auf
    Überlebende kritisieren, es dürfe nicht bei den Worten bleiben. Bischöfe, die Täter gedeckt haben, müssten überall auf der Welt zur Rechenschaft gezogen werden. Die katholische Kirche hat noch einen weiten Weg vor sich, nicht nur in Irland. Weitere Skandale werden hochkommen.
    Irland im Wandel
    In Irland kann der Papst aber auch erleben, wie sich eine Gesellschaft verändert, wie die Kirche an Autorität verloren hat. Zwar werden morgen, zum Abschlussgottesdienst des Weltfamilientages 500.000 Gläubige erwartet. Doch auch im katholischen Irland ist die Zahl der Kirchgänger, der Priesterweihen, derer, die sich als gläubige Katholiken bezeichnen, rückläufig.
    Ein Premierminister wie Leo Varadkar wäre vor 20 Jahren sicher nicht möglich gewesen. Sein Vater kommt aus Indien, er ist kein praktizierender Katholik und lebt mit einem Mann zusammen. In seiner Begrüßungsrede an den Papst beschreibt er den Wandel:
    "Wir haben im Parlament und im Referendum abgestimmt, um unsere Gesetze zu modernisieren. Weil wir verstehen, dass Ehen nicht immer halten, dass Frauen ihre eigenen Entscheidungen treffen sollten, und dass es Familien in vielen unterschiedlichen, wunderbaren Spielarten gibt. Zum Beispiel solche, wo die Großeltern an der Spitze stehen, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Partner und Eltern, die geschieden sind und wieder verheiratet."
    Über das, was Familie alles sein kann, wurde auch auf dem Weltfamilientag in Dublin gesprochen. Ob der Wandel auch in den Köpfen der Oberen in der katholischen Kirche ankommt, ist ein anderes Thema.