„Ich habe angefangen, da einmal einen Basketball angefasst und bin dann gleich dabei geblieben. Also es gibt für mich auch keine bessere Sportart. Ist natürlich nicht objektiv von mir in dem Moment betrachtet. Aber für mich ist es die beste Sportart der Welt. Ob es Läuferbasketball oder Rollstuhlbasketball ist, es ist ein unglaublicher Sport.“
Thomas Reier ist Rollstuhlbasketballer der Kölner 99ers. In Paris ist er bei den Paralympics für das deutsche Team dabei. Die Sommerspiele sind eine große Bühne, die größte für Para-Athlet*innen, um medial auch präsent zu sein.
„Wir brauchen sehr viel Öffentlichkeit, wir brauchen Bewusstseinsveränderung. Wir haben noch mehr Barrieren in den Köpfen, als Barrieren auf Straßen und in Sporthallen.“
Das beklagt Friedhelm Julius Beucher, auch 2024 noch. Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands fordert einen politischen und gesellschaftlichen Wandel.
Im Rollstuhlbasketball spielen Beeinträchtigungen keine Rolle
Sport kann ein Treiber für Inklusion sein, findet Beucher. Das erlebt auch Rollstuhl-Basketballer Thomas Reier bei den Kölner 99ers immer wieder:
„Man kommt ins Team und man hat vielleicht vorher noch gar nicht so viel Kontakt mit Menschen mit Beeinträchtigung, aber dann spielt man zusammen und merkt: Okay, die gilt gar nicht, die zählt gar nicht. Sondern es ist wirklich nur, dass man zusammenspielt und einfach als Ziel hat, zu gewinnen. Und als Ziel hat, Basketball zusammen zu spielen und Rollstuhlbasketball zusammen zu spielen. Da vergisst man einfach, dass man eine Beeinträchtigung hat.“
Es fehlt an Sichtbarkeit, Sponsoren und Geld
In der Öffentlichkeit fehlt es dem Parasport allerdings immer noch an Sichtbarkeit. Und damit auch an Sponsoren und finanziellen Mitteln. Stefanie Haberstock vom Institut für Soziologie und Genderforschung der Deutschen Sporthochschule Köln kritisiert daher die gegebenen Strukturen:
„Die Nationalkaderathlet und -athletinnen auch die haben da einfach noch nicht die Supportstrukturen, dass sie sich wirklich Weltmeisterschaften in Neuseeland zum Beispiel leisten können. Die müssen dafür Urlaub nehmen. Vielleicht geht da der ganze Jahresurlaub drauf, dass sie auf der anderen Seite der Welt an einem Wettkampf teilnehmen können.“
Viele Athlet*innen müssen neben der sportlichen Karriere weiterhin arbeiten gehen. Thomas Reier schafft es, Leistungssport mit einem Studium zu verbinden. Leicht ist das aber nicht:
„Das ist ein Spagat, den man machen muss. Also das eine ist das Studium, was man durchkriegen muss, weil man möchte einen Job haben, man möchte etwas haben für nach der sportlichen Karriere. Und mein Traum war es schon immer, Lehrer zu werden. Dementsprechend bin ich da auch begeistert dabei, brauche aber halt ein paar Semester mehr als der Durchschnittsstudent würde ich sagen, weil ich auch viel Zeit für den Sport aufwende. Jetzt zum Beispiel habe ich ein Urlaubssemester für die Vorbereitung auf Paris genommen. Also da habe ich gesagt: Das ist ein Highlight in meinem Leben. Da denke ich mal, das ist in Ordnung, dass ich mal nur trainiere.“
Reier wünscht sich die Leistung in den Vordergrund
Thomas Reier nennt es Glück, dass er auf der richtigen Förderschule war und mit den Kölner 99ers einen nahen Rollstuhlbasketballverein gefunden hat.
Aber auch seine Leistung hat ihn dahin gebracht, wo er heute ist. Deswegen wünscht sich Thomas Reier, dass Parasport als Leistungssport angesehen werde: Nicht die Beeinträchtigung zählt, sondern allein die Leistung.
Thomas Reier zeigt, wie es im Idealfall sein könnte. Die Erreichbarkeit von Para-Sportvereinen ist allerdings häufig noch ein großes Thema, ebenso die Finanzierung.
Sportrollstühle kosten um die 10.000 Euro und werden von Krankenkassen nicht übernommen, da Sport kein Grundbedürfnis darstelle.
Barrieren entstehen auch im Umgang miteinander
Vieles scheitert auch einfach an der fehlenden Barrierefreiheit, beobachtet Stefanie Haberstock. Sie sieht neben den physischen Barrieren, aber auch viele Hindernisse im Bewusstsein der Gesellschaft:
„Menschen mit Behinderung – Wie erleben die das? Denen begegnen natürlich Barrieren, denen begegnen Reaktionen von Menschen und wie sie behandelt werden. Und dadurch entsteht eigentlich diese Behinderung. So wie wir auf Menschen mit Behinderung reagieren oder was die Menschen erleben, wenn sie ihren Alltag machen oder auch nicht machen können. Dass ist eigentlich das, wodurch dann Behinderung kreiert wird.“