Wie schon bei den Olympischen Spielen sollen die Triathlon-Wettkämpfe auch bei den Paralympics in der Seine stattfinden. Der schmutzige Fluss durch Paris war schon vor Beginn der Spiele ein Dauer-Diskussionsthema. Im besten Fall war die Flussqualität ausreichend für die Wettkämpfe, im schlechtesten Fall wurden Wettkämpfe verschoben. So wie die Triathlon-Einzelwettkämpfe der Männer zu Beginn der Spiele kurzfristig um einen Tag.
Mehr als eine Milliarde Euro wurde in die Säuberung des Flusses investiert, Kläranlange und Rückhaltebecken sollen dafür sorgen, dass die Wasserqualität bestimmte Grenzwerte nicht unterschreitet, sondern die Rennen stattfinden können. Zu viele Niederschläge und relativ kalte Temperaturen verschlechtern die Wasserqualität aber trotz der Bemühungen immer wieder.
Krankheitsfälle nach Schwimmen in der Seine
Im Nachgang der Olympischen Wettkämpfe haben einige Triathlet*innen wie auch Freiwasser-Schwimmer*innen über Krankheitssymptome geklagt. Laut dem DOSB wurden aus dem deutschen Schwimmer-Team drei Sportler von Übelkeit, Erbrechen und Durchfall geplagt. Auch Freiwasser-Schwimmerin Leonie Beck: Sie bezeichnete ihren Zustand nach dem Schwimmen in der Seine gegenüber den Medien wie eine Lebensmittelvergiftung. Gegenüber der SZ forderte sie, dass bei Ereignissen wie Olympia „die Athleten und ihre Sportart im Vordergrund stehen“ sollte – und nicht die Kulisse.
Die belgische Mannschaft hatte sogar ihre Teilnahme an der Triathlon-Mixed-Staffel abgesagt, nachdem auch aus deren Team eine Athletin nach ihrem Einzelrennen krank geworden war. Und der geplante irische Fahnenträger der Freiwasser-Schwimmer Daniel Wiffen musste wegen einer Virus-Erkrankung ins Krankenhaus und verpasste die Abschlussfeier.
IOC von Haftung befreit
Rechtliche Konsequenzen für das IOC oder die Organisatoren werde es aber wohl nicht geben, sagt Johannes Herber, Geschäftsführer des Vereins Athleten Deutschland, im Deutschlandfunk:
„Denn die Athleten und Athletinnen unterzeichnen eine Vereinbarung mit dem IOC, darin ist ein Haftungsausschluss, der das IOC freispricht von jeglicher Haftung für Verletzungen und auch Infektionen. Insofern müsste man dem IOC schon grobe Fahrlässigkeit nachweisen und ich glaube, das würde sehr, sehr schwer werden.“
Es sei dennoch nicht akzeptabel, dass für eine erfolgreiche Inszenierung die Gesundheit der Athlet*innen aufs Spiel gesetzt wurde. Dementsprechend schaut die Interessenvertretung der deutschen Athleten und Athletinnen auch sorgenvoll auf die Paralympics, wo wiederrum die Seine als Wettkampfstätte für die Triathlon-Wettbewerbe gesetzt ist:
„Aus unserer Sicht müsste das IPC, das Internationale Paralympische Komitee, jetzt eine Risikobeurteilung durchführen, auch gerade mit dem Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten der Para-Olympioniken, sich vielleicht auch noch mal die Fälle anschauen der bisher erkrankten Athleten und Athletinnen und dann hoffentlich eine Entscheidung treffen, die die Gesundheit der Athleten in den Vordergrund stellt und nicht die Inszenierung.“
Strömungsgeschwindigkeit wird zur Herausforderung
Einen Plan B, also eine Alternative für die Seine, gibt es allerdings nicht: Sollte sich gegen die Seine als Schwimmstätte entschieden werden, würden die Triathlon-Wettkämpfe zu Duathlon-Wettkämpfen – mit Radfahren und Laufen, so der deutsche Chef de Mission Karl Quade.
Schon die Testwettkämpfe für die Paralympics hatten 2023 als Duathlon stattgefunden, die Wasserqualität war damals zu schlecht. Ein Duathlon würden den Wettkampf verzerren, sagt Para-Triathlet Martin Schulz im Deutschlandfunk vor seiner Reise nach Paris.
Er mache sich um die Wasserqualität weniger Sorgen. Die Triathlon-Schwimmstrecken sind für die Para-Athleten nur 750 m lang und er vertraut auf die gesetzten Grenzwerte. Die viel größere Herausforderung sei die Strömungsgeschwindigkeit: „Jetzt aktuell ist es ja fast nicht schwimmbar, selbst die Schwimmspezialisten im Freiwasser hatten ja schon Probleme.“
Das bestätigt auch Olympia-Schwimmerin Leonie Beck in der ARD: Sie musste nah an der Mauer schwimmen, um überhaupt gegen die Strömung anzukommen. Das reinste Krafttraining, resümierte sie. Bei den Para-Triathleten und -Triathletinnen kommen dann aber die Handicaps hinzu, fehlgebildete oder fehlende Extremitäten, erklärt Schulz im Dlf-Interview:
„Also da muss man schon sagen, manche der Para-Athletinnen schaffen es gar nicht gegen die Strömung zu schwimmen. Generell schaffen das viele Menschen nicht, bei 1,5 m/s Strömung. Da stehen viele auf der Stelle oder werden zurückgetrieben.“
Eine Option wäre noch, stromabwärts zu schwimmen und dafür die Schwimmstrecke zu verlängern. Wie auch immer, Schulz hofft sehr, dass die Triathlon-Wettkämpfe stattfinden können:
„Es ist natürlich schon herausfordernd, aber auf der anderen Seite ist es natürlich schon eine super tolle Strecke für die Zuschauer. Und wir Sportler sind am Ende ja eigentlich auch froh, wenn viele Zuschauer dort vor Ort sind, was so einen Wettbewerb natürlich auch reizvoll macht.“