Nach ihrem Unfall sei zunächst nicht daran zu denken gewesen, ins Wasser zu gehen, erzählt Tanja Scholz. Im Juni 2020 hatte sie einen Reitunfall. Daraus folgte eine inkomplette Querschnittslähmung. Die Lähmung sei zu hoch für Aktivität im Wasser, befanden zunächst Betreuer in der Reha-Klinik. Eine Therapeutin sei dann aber doch mit ihr ins Wasser gegangen und als sie sich dort sofort wohlgefühlt habe, habe das ihren Ehrgeiz geweckt, sagt Scholz.
Scholz ist vor ihrem Unfall bereits Leistungsschwimmerin gewesen. Einige Zeit nach dem Unfall sprach sie mit ihrem ehemaligen Trainer, dem Bundestrainer Bernd Berkhahn, der den Kontakt zu Paralympicssiegerin Kirsten Bruhn herstellte. Bruhn wurde zur Trainerin von Scholz. Es sei schwierig, eine Möglichkeit zum Para-Schwimmen zu finden, erklärt Scholz:
„Die Bademeister dürfen mir nicht ins Wasser helfen. Und das sagen sie einem auch immer sehr deutlich. Das heißt, man ist immer auf eine Begleitperson angewiesen.“ Bademeister dürften Menschen beim Transfer ins Wasser nicht berühren, erklärt Scholz. Sie hätten ihr erklärt, sie dürften Menschen nur im Notfall anfassen.
Als auf eine erste Nachfrage die Bademeister deshalb abgelehnt hätten, zu helfen, sei das eine schmerzhafte Erfahrung gewesen, erzählt Scholz. Das habe sie zurückgeworfen: „Man braucht viel Ausdauer, um den Weg letztendlich wirklich zu bestreiten.“
Balance zwischen Training und Überlastung schwierig
Sie schwimme nun fast ausschließlich aus den Armen, erklärt Scholz. Und das Training dafür sei nicht so leicht zu dosieren: „Die Balance zu finden, zu trainieren, aber auch nicht zu viel zu machen - weil ich bin nun mal auf meine Arme angewiesen, auch im Rollstuhl - das ist ein bisschen schwierig. Aber da ist Kirsten top und achtet da drauf.“
Ein Trainer habe schon bei den ersten Versuchen zu ihr gesagt, dass sie sehr gut sei, obwohl sie sich selbst langsam fühlte. Scholz musste sich auch zunächst an das neue System gewöhnen, bei dem es statt nur um Zeiten auch um Punkte geht:
„Als ich dann die Punktzahl gesehen habe, ja, da habe ich natürlich dann gesehen, dass das kaum ein anderer schwimmt und dass ich sehr weit oben bin. Aber das war gar nicht so richtig der Ansporn. Das war wirklich: Das Wasser tut einem einfach gut und der Sport an sich tut einem gut. Man ist in einer Gruppe und hat wieder was vor. Und das ist das, was mich am Anfang viel mehr motiviert hat als die hohe Punktzahl.“
Von Tag zu Tag leben
Grundsätzlich sei das Teamgefühl bei behinderten und nichtbehinderten Schwimmern gleich, meint Tanja Scholz. Die Para-Schwimmer gingen allerdings liebevoller miteinander um.
Bei der WM möchte sie nun ihre Leistungen bestätigen und vielleicht sogar unter den Besten landen: „Es wäre natürlich schön, wenn es so wäre. Dafür habe ich jetzt wirklich hart gearbeitet. Aber alleine, dass ich jetzt bei einer WM schwimmen darf, ist für mich schon einfach phänomenal.“ Für die Paralympics plant sie ganz bewusst nicht. Natürlich sei es insgeheim ein Ziel. Aber seit dem Unfall gelte es, von Tag zu Tag zu leben.