Bei dem siebenstündigen Einsatz im Pariser Norden starben nach Polizeiangaben zwei Menschen: Eine Frau, die sich offenbar mit einer Sprengstoffweste selbst in die Luft sprengte, und ein Verdächtiger durch Schüsse und Granaten. Die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte darüber hinaus die Festnahme von drei Verdächtigen, drei davon sollen in der Wohnung festgenommen worden sein. Mehrere Beamte sollen bei einem Schusswechsel verletzt worden sein.
Der Staatsanwaltschaft zufolge zielte die Aktion auf den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom vergangenen Freitag, Abdelhamid Abaaoud. Demnach ist indes bislang nicht geklärt, wer die Toten und die sieben Festgenommenen seien und wo sich Abaaoud befinde. Staatsanwalt François Molins sagte, Hintergrund der Razzia seien Informationen gewesen, dass Abaaoud in einer Wohnung in Saint-Denis sei. Die Information stammten aus abgehörten Telefongesprächen, Überwachung und Zeugenaussagen. Kurz nachdem ein Polizeisprecher die Aktion am Mittwochmittag für beendet erklärt hatte, äußerte sich auch der französische Präsident Francois Hollande zu dem Einsatz und bestätigte einen Zusammenhang mit dem den Anschlägen vom Freitag.
Schicksal des mutmaßlichen Drahtziehers noch unklar
Der 28-Jährige Abdelhamid Abaaoud ist der meistgesuchte Islamist Belgiens. Er hat marokkanische Wurzeln und lebte früher in der Brüsseler Islamistenhochburg Molenbeek, zuletzt soll er sich in Syrien aufgehalten und für die Terrormiliz Islamischer Staat gekämpft haben. In dem Vorort im Norden von Paris steht auch das Fußballstadion, an dem am Freitag einige der Terroranschläge verübt worden waren.
Die Polizei hatte die Gegend um die Place Jean Jaurès in Saint-Denis weiträumig abgesperrt, die rund zwei Kilometer von dem Stadion entfernt liegt. Die Polizei forderte die Menschen in der Gegend auf, in ihren Häusern zu bleiben. Während des Polizeieinsatzes in Saint-Denis saßen nach Einschätzung des beigeordneten Bürgermeisters Stéphane Peu 15.000 bis 20.000 Menschen in ihren Wohnungen fest. Er berichtete von einem fast ununterbrochenen Schusswechsel, der eineinviertel Stunde gedauert habe. Etwa 15 Menschen, darunter Kinder, seien aus dem von den Spezialkräften gestürmten Gebäude in Sicherheit gebracht worden.
Suche nach zwei Verdächtigen
Nach der Terrorserie in Paris mit 129 Toten hatten Ermittler zuletzt nach zwei Verdächtigen gefahndet. Sieben Angreifer sollen am Freitagabend ums Leben gekommen sein - drei am Stade de France, drei im Konzerthaus Bataclan und einer an einem Restaurant in der Nähe des Bataclan in Paris. Bisher war nur bekannt, dass der in ganz Europa gesuchte Verdächtige Salah Abdeslam an den Anschlägen vom Freitagabend direkt als Unterstützer beteiligt gewesen und dann geflohen sein soll. Er soll Terroristen zu einem der sechs Anschlagsorte gefahren haben. Sein Bruder war laut Polizei einer der Selbstmordattentäter.
Eine Analyse der Ereignisse vom 13. November zeige, dass eine direkt beteiligte Person bisher nicht dingfest gemacht worden sei, sagten Beamte der Nachrichtenagentur AP. Ein Überwachungsvideo stützt die Annahme, dass ein weiterer Verdächtiger auf der Flucht ist. In der Aufzeichnung, die der AP vorliegt, ist zu sehen, wie zwei bewaffnete Männer in schwarzer Kleidung mit Maschinengewehren auf das Straßencafé an der Rue de la Fontaine au Roi feuern. Dann kehren sie langsam zu einem wartenden Auto mit einem Fahrer am Steuer zurück.
Drohungen gegen Flüge von Air France
Zwei Maschinen von Air France wurden derweil in den USA wegen Drohungen umgeleitet. Wie die französische Fluggesellschaft mitteilte, landete eine in Los Angeles gestartete Maschine mit Ziel Paris am Dienstagabend sicher in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah. Etwa zur gleichen Zeit hob am Washingtoner Dulles Airport ein anderes Flugzeug Richtung Paris ab, wurde jedoch nach Halifax an der kanadischen Ostküste umgeleitet. Am Flughafen in Salt Lake City berichteten Beamten von einer telefonisch eingegangenen Drohung gegen die Passagiermaschine. Wie das FBI in Salt Lake City fand jedoch auch die kanadische Polizei in der in Halifax gelandeten Maschine keine Hinweise auf Sprengstoff.
Frankreich greift IS-Stellungen an
Französische Kampfjets griffen erneut Ziele der Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien an. Zehn Maschinen hätten am Dienstagabend neue Luftangriffe geflogen, teilte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian mit. Im Fernsehsender TF1 sagte er, Frankreich werde 36 Kampfflugzeuge in der Region haben, die Angriffe gegen IS-Ziele ausführen könnten, sobald der Flugzeugträger "Charles de Gaulle" die Zone erreicht habe. Dieser soll sich am Donnerstag im französischen Toulon auf den Weg machen.
(tön/nch/jcs)