Mitten in Paris, auf dem altehrwürdigen "Quai du Louvre", kommen die Autos nur sehr langsam voran: eine Ampel nach der anderen, zu Spitzenzeiten scheint manchmal gar nichts mehr zu gehen. Denn die parallel verlaufende Schnellstraße unmittelbar am Ufer der Seine, die "Voie Georges Pompidou", ist für Autos gesperrt – und das soll sie auch bleiben.
"Wir haben die Uferstraßen jeden Tag benutzt– und jetzt schauen Sie sich an, wie es hier vorangeht, nämlich gar nicht! Na herzlichen Glückwunsch an die, die sich das ausgedacht haben!"
Die sich das ausgedacht haben, sind der frühere Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë und seine langjährige Vertreterin, seit zwei Jahren Amtsnachfolgerin Anne Hidalgo. Seit Jahren schon für die Stadtentwicklung zuständig, trieb Anne Hidalgo den Ausbau des Straßenbahnnetzes voran, richtete Fahrradwege und Fußgängerzonen ein. Nachdem bereits 2013 ein Teil der Schnellstraße auf der linken Seine-Seite stillgelegt und zu Fußgängerbereichen umgebaut wurde, kommt jetzt die "Voie Georges Pompidou" auf der rechten Seite der Seine dran –was nicht wenige Autofahrer als "großen Blödsinn!" ansehen.
Autofahrer sind verärgert
Autofahrer: Ehrlich gesagt, das ist eine Katastrophe! Es geht überhaupt nicht voran!
Die "Voie Georges Pompidou" ist gut fünf Kilometer lang, wurde 1967 eröffnet, ein damals als "kühn" bewundertes Projekt, das noch dazu die Tuilerien auf über 800 Metern untertunnelte. Paris wurde "autogerecht" - doch die Zeiten, da man auf diesen Schnellstraßen bis zu 70.000 Fahrzeuge täglich zählte, sind lange vorbei. Schon seit Jahren wird die "Voie Georges Pompidou" im Sommer teilweise gesperrt und zum Strand umgebaut: "Paris Plages", ein Familienspektakel. Jetzt ist die Strandzeit vorbei, aber die Sperrung besteht fort: Ende September soll das Stadtparlament den Umbau der Schnellstraße zur Flaniermeile für Pariser und Touristen beschließen, die nötigen Mehrheiten sind da. Dass alle Autofahrer nun jahrelang auf den benachbarten "Quai du Louvre" ausweichen werden, glaubt Anne Hidalgo nicht, sagte dazu im Sender BFM:
"Unsere Studien können das belegen, dass sich die Zahl der Autos auf den anderen Straßen nur vorübergehend erhöht. Wir haben das schon vor drei Jahren gesehen, als wir die linke Uferstraße zur Fußgängerzone gemacht haben: dass die Autofahrer sich sehr schnell anpassen!"
"Meine Botschaft ist völlig klar: die Luftverschmutzung ist eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit und die ist nicht verhandelbar! Es gibt andere Mittel, sich in der Stadt fortzubewegen als immer nur mit dem eigenen Auto! Die Geschichte der großen Stadtautobahnen – das ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts…"
Argumente der konservativen Opposition im Stadtrat, wonach die Uferstraßen für die Pendler wichtig seien, lässt Anne Hidalgo nicht gelten. Tatsächlich wurde der öffentliche Nahverkehr exzellent ausgebaut, die Pariser Verleihsysteme für Fahrräder und Elektroautos dienen anderen Großstädten als Vorbild. Auch vom ablehnenden Votum einer Untersuchungskommission, die bemängelte, die Stadt habe die Auswirkungen des Vorhabens nicht hinreichend geprüft, ließ sich Anne Hildalgo nicht beeindrucken: ihr Hauptargument ist der Umweltschutz - ganz im Sinne der in Paris mitregierenden Grünen. Und: "Paris Plages" ist ein populäres Vergnügen geworden, mittlerweile sind 60% der Pariser für solche Fußgängerzonen, wie eine Umfrage des renommierten IFOP-Instituts ergab.
"Gegen die Luftverschmutzung ist es gut! Man kann hier wieder richtig atmen und das schöne Ufer genießen, wie schon auf der linken Seite!"
2020 soll es keine Dieselfahrzeuge mehr geben
Den Pariser Autoenthusiasten steht indes die härteste Herausforderung noch bevor: ab 2020 will Anne Hidalgo in Paris keine Dieselfahrzeuge mehr sehen – auch keine Neuwagen.