Verkehrspolitik
Warum Kommunen Parkplätze entfernen

Für breitere Geh- oder Radwege schaffen Kommunen Parkplätze ab. Viele Städte organisieren den öffentlichen Raum neu - und die Autobesitzer sehen sich oft als Verlierer dieses Prozesses. Wie verändert sich das Parken in der Stadt?

Von Lisa Rauschenberger |
    Zugeparkte Wohnstrasse in der Innenstadt von Konstanz.
    Zugeparkte Wohnstrasse in der Innenstadt von Konstanz: Das Auto dominiert oft den öffentlichen Raum. (imago images / bodenseebilder.de)
    Wenn Kommunen Parkplätze oder -lücken abschaffen, um den Raum für andere Zwecke zu nutzen, sind Autofahrer oft besorgt: Manche befürchten, dass Autos aus den Städten systematisch verdrängt werden sollen. Dagegen fühlen sich andere Verkehrsteilnehmer, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, von parkenden Autos oft behindert.
    Der Konflikt um weniger Parkflächen wird oft emotional ausgetragen. Parken in der Stadt: Das Thema landet auch schon mal vor Gericht. Kürzlich gab das Bundesverwaltungsgericht Klägern aus Bremen teilweise Recht, die sich gegen das Parken auf dem Gehweg in ihrer Straße gewehrt hatten. Und seit dem 11. Oktober 2024 können Kommunen einfacher Busspuren, Fahrradwege und Tempo-30-Zonen einrichten. Grund dafür sind gelockerte Vorgaben in der Straßenverkehrsordnung.

    Inhalt

    Wie viel Platz belegen parkende Autos im öffentlichen Raum?

    Ein Standardparkplatz belegt eine Fläche von 12,5 Quadratmetern. Die Größe eines Kinderzimmers, sagen Wissenschaftler oft als Vergleich.
    Doch bisher können nur wenige Kommunen Zahlen vorlegen, wie viele Parkplätze es im Stadtgebiet tatsächlich gibt. In Hamburg wurden im gesamten Stadtgebiet zuletzt knapp 216.000 öffentliche Parkplätze gezählt. Dazu kommen noch zahlreiche private Stellplätze für die mehr als 800.000 zugelassenen Pkw.
    In Berlin hat der Senat im Jahr 2022 die Parkplätze in der Innenstadt – innerhalb des S-Bahn-Rings – zählen lassen. Dort gibt es knapp 230.000 öffentliche Straßenparkplätze. Das entspricht einer Fläche von mehr als 2,6 Quadratkilometern – beinahe so groß wie der Wannsee.
    Klar ist: Es gibt so viele Autos wie nie zuvor in Deutschland. Im Januar 2024 waren 49,1 Millionen Pkw zugelassen. Und die Autos werden immer länger und breiter – sie nehmen folglich mehr Platz ein.
    Die renommierte Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen hat daher im Jahr 2023 empfohlen, dass neu gebaute Parkplätze größer sein sollten als bisher, mit einer Breite von bis zu 2,65 Meter statt bisher 2,50 Meter. Viele Kommunen und Behörden orientieren sich an den Empfehlungen der Forschungsgesellschaft.

    Wie viele Parkplätze werden von Kommunen weggenommen?

    Auch dazu können viele Kommunen keine Zahlen vorlegen. In Hamburg wurden vergangenes Jahr 779 öffentliche Parkplätze entfernt. Das entspricht knapp 0,4 Prozent aller öffentlichen Parkplätze.
    Kommunen wie Köln oder München betonen, dass sie nicht das Ziel verfolgen, eine bestimmte Anzahl an Parkplätzen zu entfernen. Stattdessen würden Parkplätze nur dann umgewandelt, wenn die betreffende Fläche anders genutzt werden soll.
    Laut dem ADAC gehen Kommunen dabei sehr vorsichtig vor und beziehen häufig die betroffene Bevölkerung in die Pläne ein. Stefan Gerwens, Leiter des Ressorts Verkehr beim ADAC, sagt aber auch: Ganz konfliktfrei sei das nie.

    Warum entfernen Kommunen Parkplätze?

    In vielen Kommunen geht es darum, den begrenzten öffentlichen Raum neu zu verteilen. Private Autos nehmen verhältnismäßig viel Platz ein, werden am Tag aber durchschnittlich weniger als eine Stunde bewegt und sind dann mit nur durchschnittlich 1,4 Personen besetzt. Viele Kommunen und Verkehrsforscher halten das für ineffizient.
    Auch die individuelle Mobilität verändert sich: Immer mehr Menschen in den Städten fahren Fahrrad und weniger mit dem Auto. Die Anzahl der gefahrenen Pkw-Kilometer sinkt seit Jahren. Trotzdem besitzen viele Städter nach wie vor ein Auto – teilweise aber nur noch als „Mobilitätsreserve“, sagt der Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
    Viele Kommunen wollen, dass künftig noch mehr Menschen mit dem öffentlichen Personennahverkehr, dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind. Doch dafür brauchen die Kommunen Platz für Haltestellen, breitere Gehwege und neue Radwege.
    Auch die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum spielt bei den kommunalen Überlegungen eine Rolle. Gerade in Innenstädten werden Parkplätze stellenweise durch Außenbereiche der Gastronomie ersetzt.
    Ein großes Thema ist auch die Anpassung an den Klimawandel: Städte brauchen Flächen für Bäume, die Straßenzüge kühlen, und Grünflächen, in denen Starkregen versickern kann. Asphaltierte Flächen wie Parkplätze - und auch das Metall parkender Autos - heizen sich hingegen an heißen Tagen auf und strahlen zusätzliche Wärme in die Umgebung ab. Die Stadt Bonn will daher fast 800 Straßenbäume in besonders hitzebelasteten Vierteln pflanzen. In einem Viertel sind bereits mehr als 40 Parklücken dafür weggefallen - und es dürften noch mehr werden.

    Was ändert sich mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Gehwegparken?

    Das Parken auf dem Gehweg ist nach der Straßenverkehrsordnung verboten. Es sei denn, es wird explizit mit einem Schild erlaubt. Viele Kommunen tolerieren aber, dass Autos mit zwei Rädern auf dem Gehweg parken.
    Im Juni 2024 hat das Bundesverwaltungsgericht nun ein Urteil zum sogenannten aufgesetzten Parken gefällt – und Klägern aus Bremen teilweise Recht gegeben. Unter bestimmten Bedingungen dürfen Anwohner von den Behörden verlangen, gegen parkende Autos vorzugehen. Nämlich dann, wenn sie die Gehwege in der Nähe ihres Wohnhauses nur noch mit erheblichen Beeinträchtigungen benutzen können.
    Die Richter stellten aber auch klar, dass Kommunen nicht sofort handeln müssen. Sie dürfen erst ein stadtweites Parkkonzept entwickeln, das besonders stark belastete Viertel zuerst bedenkt. Dennoch: Das Urteil dürfte Kommunen mehr in die Pflicht nehmen, das Gehwegparkverbot in einigen Straßen auch durchzusetzen, meint Ingmar Bolle, stellvertretender Leiter des Straßenverkehrsamtes in Frankfurt.

    Warum dürfen Autos überhaupt im öffentlichen Raum parken?

    Das dauerhafte Parken im öffentlichen Raum war lange in Deutschland nicht erlaubt. Autobesitzer mussten ihre Fahrzeuge über Nacht in der Garage oder auf dem eigenen Stellplatz abstellen, hielten sich aber oft nicht daran.
    Im Jahr 1957 schließlich ließ ein Kaufmann aus Bremen seinen Lieferwagen nachts am Straßenrand stehen. Er wurde von der Stadt Bremen abgemahnt und zog vor Gericht. Nach jahrelangem Rechtsstreit über mehrere Instanzen entschied das Bundesverwaltungsgericht 1966, dass das dauerhafte Parken am Straßenrand als verkehrsüblich und gemeinverträglich anzusehen sei.
    Das Gericht begründete das damit, dass der Staat die Zunahme des Kfz-Verkehrs aktiv gefördert habe. Die Autobesitzer seien daher praktisch gezwungen, auf öffentlichen Straßen zu parken. Heute darf im öffentlichen Raum überall da geparkt werden, wo es nicht explizit verboten ist, wie auf Gehwegen oder vor abgesenkten Bordsteinen.

    Wo sollen Autos parken, wenn Parkplätze wegfallen?

    Die Stadt Düsseldorf setzt darauf, das Parken mehr auf private Flächen zu verlagern. Seit mehr als 15 Jahren gibt es in Düsseldorf Quartiersgaragen für Anwohner. Betrieben werden sie meist von Unternehmen, doch für Anwohner werden die Stellplätze von der Stadt gefördert. Die Anwohner zahlen monatlich zwischen 30 und 110 Euro – je nach Standort. Mehr als 5.000 Stellplätze in 70 Quartiersgaragen gibt es in ganz Düsseldorf.
    Bei mehr als 300.000 zugelassenen Pkw in der Stadt erscheint das erst einmal nicht viel. Aber die Stadt plant weitere Quartiersgaragen in mehreren Stadtteilen. Viele andere Kommunen finden das Konzept überzeugend, etwa Leipzig, Heilbronn oder Wiesbaden. Dort sind erste Quartiersgaragen bereits entstanden oder in der Planung.
    In Düsseldorf arbeitet die Stadt daran, auch andere private Flächen für das Parken bereit zu stellen. Zum Beispiel mit dem Pilot-Projekt Feierabend-Parken: Seit Juli können Anwohner in Düsseldorf ihr Auto über Nacht auf Supermarkt-Parkplätzen abstellen.
    Dabei kooperiert die Stadt mit den Supermarktketten Aldi Süd und Lidl. Pro Nacht zahlen Autobesitzer eine Gebühr von vier Euro oder 30 Euro für den ganzen Monat. Der Nachteil: Das Auto kann frühestens ab 18 Uhr dort geparkt werden und muss morgens wieder verschwunden sein. 190 Stellplätze gibt es bereits an acht Standorten. 200 weitere Stellplätze wären möglich, wenn noch mehr Autobesitzer das Angebot annehmen.

    Wie viel kostet Parken in der Stadt?

    Im öffentlichen Raum ist Parken meist kostenlos. Anders ist das in Vierteln, in denen der Parkraum bewirtschaftet wird. Bislang war das nur in Vierteln mit hohem Parkdruck möglich. Seit der Reform der Straßenverkehrsordnung, die im Oktober 2024 in Kraft getreten ist, dürfen Kommunen Bewohnerparkgebiete nun auch aus stadtplanerischen Gründen ausweisen. Auswärtige brauchen in bewirtschafteten Gebieten einen Parkschein, Anwohner einen Bewohnerparkausweis.
    Grafik zeigt Gebühren für eine Stunde Kurzzeitparken in ausgewählten deutschen Großstädten in Euro: 2,- bis 4,-/Hamburg: 1,50 bis 3,50/München: 2,- bis 2,50/Köln: 2,- bis 4,-/ Frankfurt (Main): 2,- bis 4,-. Durchschnitt von 104 Städten: 1,02 bis 1,95.
    Das kostet Parken in Deutschland (Deutschlandradio /Andrea Kampmann)
    Jahrzehnte lang war der Bewohnerparkausweis sehr günstig: Kommunen durften bundesweit maximal 30,70 Euro pro Jahr für das Ausstellen des Ausweises verlangen. Seit dem Jahr 2020 haben die Bundesländer aber die Hoheit über die Gebühren vielerorts an die Kommunen weitergereicht. Einige Kommunen haben die Gebühren seitdem bereits kräftigt erhöht: In Köln kostet der Ausweis jetzt 100 Euro im Jahr, in Freiburg 200 Euro und in Bonn sogar 360 Euro.
    Doch Wissenschaftler sagen: Wenn man den tatsächlichen Wert der Flächen zugrunde legen würde, wäre Parken deutlich teurer. Je nach Stadt und Lage müsste ein Parkplatz dann zwischen 2.500 und 3.500 Euro kosten, sagt der Mobilitätsforscher Andreas Knie.