Die Wahllokale in Kenia hatten seit heute früh um fünf Uhr MESZ geöffnet, doch schon in der Nacht bildeten sich Warteschlangen. Die Wahlbeobachter sind zunächst mit dem Verlauf der Abstimmung zufrieden: "Bisher hat es keine Zwischenfälle gegeben", sagte der Chef der Beobachtergruppe, Ghanas früherer Präsident Mahama, in Nairobi. Dies sei ein gutes Zeichen für die kenianische Demokratie.
Die Wahlkommission muss innerhalb einer Woche das Endergebnis bekanntgeben. Mit einem vorläufigen Ergebnis wird bereits morgen gerechnet.
Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet
Favoriten bei der Wahl in dem ostafrikanischen Land um das Präsidentenamt sind Amtsinhaber Kenyatta und sein Herausforderer Odinga. Umfragen sagen ein knappes Rennen voraus. Kenyatta steht an der Spitze der Regierungskoalition "Jubilee" und strebt eine zweite Amtszeit an - laut Verfassung wäre es seine letzte. Odinga steht der oppositionellen "National Super Alliance" vor. Für ihn ist es der vierte Versuch, Präsident zu werden.
Bereits seit Monaten erheben die beiden Favoriten schwere Vorwürfe gegen den jeweils anderen. Dabei geht es vor allem um Wählerverzeichnisse. Die Unternehmensberatung KPMG hat diese vor Kurzem überprüft; danach wurden mehr als 80.000 Namen Verstorbener aus der Liste entfernt. Dennoch schließt die Firma nicht aus, dass es noch ähnliche Fälle gibt, die Rede ist von bis zu einer Million.
Gewalt vor der Abstimmung
Der Mord an einem Computerexperten der Wahlkommission gibt den Spekulationen weitere Nahrung. Der Mann war für das elektronische Zählsystem verantwortlich, das eine Manipulation der Auszählung verhindern soll. Er wurde seit dem Wochenende vermisst, gestern fand man seine Leiche. Berichten zufolge wies sie Spuren von Folter auf und war verstümmelt. Eine Sonderkommission der kenianischen Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Sie wird von britischen und US-amerikanischen Sicherheitsbehörden unterstützt.
Viele wählen nach ethnischer Zugehörigkeit
Bei Wahlen in Kenia sind politische Inhalte nicht das einzige Kriterium für viele Menschen: Es geht auch um ethnische Zugehörigkeit. Größte Volksgruppe sind die Kikuyu, zu denen auch die Familie von Amtsinhaber Kenyatta zählt. Odinga gehört der Gruppe der Luo an, die sich laut Berichten in der Vergangenheit politisch dominiert fühlten.
Auslöser der Unruhen 2007 war die Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl. Der damals amtierende Präsident Kibaki wurde zum Sieger der Wahl erklärt, der damalige und heutige Oppositionsführer Odinga sprach von einem gefälschten Ergebnis, das er nicht anerkennen werde. Bei den darauffolgenden Unruhen kamen mehr als 1.000 Menschen ums Leben, mehr als eine halbe Million flohen vor der Gewalt. Aus Angst vor neuer Gewalt - und ungeachtet der ruhig verlaufenen Wahl 2012 - sollen viele Einwohner nach Angaben von Menschenrechtlern die großen Städte verlassen haben.
Landesweit 40.000 Wahllokale
Die Wahllokale waren bis 17 Uhr MESZ geöffnet. Für die Wahl von Parlament, Gouverneuren und Senatoren gilt in Kenia nach britischem Vorbild das reine Mehrheitswahlrecht, je Wahlkreis genügt die relative Mehrheit. Bei der Präsidentschaftswahl braucht der Kandidat eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen, außerdem mindestens ein Viertel der Stimmen in mindestens der Hälfte der 47 Bezirke. Erreicht ein Kandidat nicht im ersten Wahlgang das erforderliche Ergebnis, muss innerhalb von 30 Tagen eine Stichwahl stattfinden.
(kb/gwi)