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Parlamentswahl in Angola
Neuer Präsident, altes System?

Angola wählt heute ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber José Eduardo dos Santos hat sein Land fast 38 Jahre lang regiert, tritt aber zur heutigen Wahl nicht mehr an. Kommt nun der Wandel, der von vielen im armen und von Korruption gebeutelten Land herbeigesehnt wird?

Von Jan-Philippe Schlüter |
    Der angolanische Präsident José Eduardo dos Santos bei einem Staatsbesuch in Havanna, Kuba.
    Der 74-jährige Amtsinhaber José Eduardo dos Santos hat Angola 38 Jahre lang beherrscht - damit ist er einer der am längsten regierenden Staatschefs der Welt. Jetzt tritt er ab. (picture alliance / dpa / Alejandro Ernesto)
    Wahlkampf-Schlussspurt in Angolas Hauptstadt Luanda. Die bunt in Parteifarben geschmückten Lastwagen fahren mit voll aufgedrehten Lautsprechertürmen kreuz und quer durch die Straßen, um die Wähler zu mobilisieren. Es wird eine richtungsweisende Abstimmung. Angola bekommt nach 38 Jahren einen neuen Präsidenten - Amtsinhaber José Eduardo dos Santos tritt nicht mehr an. Beatrice, eine glühende Anhängerin der dos Santos-Partei MPLA, bedauert das sehr.
    "Er ist der Präsident, der in einer sehr schweren Zeit das Land regiert hat, während des Bürgerkriegs. Er hat dafür gesorgt, dass es uns allen besser geht. Er hat uns den Frieden gebracht."
    Dos Santos steht für Korruption und Vetternwirtschaft
    Viele Angolaner sehen in dos Santos den Mann, der das vom 40jährigen Bürgerkrieg zerrüttete Angola befriedet hat. Aber wenn Rafael Marques solche Sätze hört, kann er nur spöttisch grinsen. Angolas bekanntester investigativer Journalist, der vom Dos-Santos-Regime für seine kritischen Worte schon ins Gefängnis geworfen wurde, urteilt ganz anders über das Erbe des Langzeitpräsidenten.
    "Dos Santos war ein Kriegsherr, der während des Kriegs Waffen, Öl und Diamanten verkauft hat und reich geworden ist. Er ist ein Plünderer. Eine Schande. Mit seinen korrupten Machenschaften hat er unsere Gesellschaft zerstört, um seine Macht zu erhalten."
    Vom Ölboom profitierte nur der Machtzirkel
    Nach dem Ende des Bürgerkriegs hat Angola einen beispiellosen Wirtschaftsboom erlebt, dank reicher Ölvorkommen. Man nannte sich stolz das "Kuwait Afrikas", Luanda wurde zur teuersten Stadt der Welt, mit pompös glitzernden Hochhäusern an der Meerespromenade.
    Eine Clique politisch bestens vernetzter Armee-Generäle wurde sehr schnell sehr reich. Ebenso die Familie des 74-jährigen Dauerpräsidenten dos Santos. Seine Tochter Isabel, Spitzname "Prinzessin", ist Milliardärin, reichste Frau Afrikas und Chefin des staatlichen Ölkonzerns Sonangol.
    Aber: von dem Boom ist kaum was bei der Bevölkerung angekommen. Ein Drittel der Angolaner lebt in großer Armut. Die Kindersterblichkeit ist die höchste der Welt. Und seitdem der Ölpreis abgestürzt ist, befindet sich das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Denn außer Öl wird in Angola praktisch nichts produziert.
    Ersehnter Wandel
    Viele Angolaner wünschen sich deshalb einen Machtwechsel, so wie dieser junge Mann.
    "Die MPLA hatte genug Zeit, Angola weiterzubringen. Sie steht nicht für Wandel. Wir sind viele junge Menschen, die etwas Neues wollen. Die Zeit der MPLA ist abgelaufen."
    Bislang haben dos Santos und seine MPLA das Land fest im Griff. Die Oppositionsparteien wie UNITA oder CASA-CE sind zu schwach. Deshalb glauben die meisten Angolaner nicht daran, dass die MPLA die heutige Wahl verliert. Aber sie wird wohl deutlich weniger Stimmen bekommen als bei den letzten Wahlen und vielleicht sogar ihre absolute Mehrheit einbüßen.
    Der angolanische Verteidigungsminister  João Manuel Gonçalves Lourenço 
    Der angolanische Verteidigungsminister João Manuel Gonçalves Lourenço (dpa/Rainer Jensen)
    Es könnte Bewegung in die angolanische Politik kommen. Der wahrscheinliche neue Präsident João Lourenço muss dringend wirtschaftliche und politische Reformen einleiten. Nur so kann er das Land vor der Pleite retten und den sozialen Frieden wahren. Dafür wird er auch Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen müssen.
    Ob Lourenço dafür durchsetzungsstark genug ist, ist die eine Frage. Ob das "System dos Santos" das zulässt, die andere. Aber Carlos Rosado de Carvalho, Chef der angolanischen Wirtschaftszeitung Expansão, hat noch eine andere Sorge. Steht Lourenço, ein treuer MPLA-Parteisoldat, wirklich für den Wandel?
    "Als Präsident kann Lourenço tun, was er will. Er hat die Macht dazu. Ich frage mich nur: Will er denn überhaupt etwas verändern? Ich habe da so meine Zweifel."